KölnerLeben Juni/Juli 2021
Gut informiert älter werden! √ Leben in Köln: Schabbat Schalom – Zu Gast bei einer Familie √ Ratgeber: E-Bike – Rad auf der Überholspur √ Leben in Köln: Ratsschiff – Einsatz rettet Stadt Köln
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Leben in Köln 7<br />
Schürze an, Hände gewaschen und los geht’s: Noa R.<br />
flechtet Hefezöpfe. „Sie heißen Challot und gehören<br />
für uns zum Schabbat. Ich mag es, wenn es im<br />
ganzen Haus danach duftet“, erklärt die vierfache<br />
Mutter. Der Duft läutet im Reihenhaus der Familie<br />
den wöchentlichen Ruhe- und Feiertag ein. Er<br />
dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum<br />
Sonnenuntergang am Samstag. Es gibt eine Vielzahl<br />
von Ritualen für den Schabbat. Für orthodoxe Juden<br />
Das Brot (Challot) wird erst<br />
gebrochen und verteilt, wenn<br />
der Segensspruch über den Wein<br />
gesprochen wurde. Bis dahin wird<br />
es mit einem Tuch zugedeckt.<br />
sind an diesem Tag alle Arbeiten verboten, es dürfen<br />
auch keine Geräte bedient und keine Autos gefahren<br />
werden. Ganz so streng sieht Familie R. das nicht.<br />
Sie pflegt jüdische Traditionen und Gebote, hat jedoch<br />
einen eigenen Umgang damit. Das scheint nicht<br />
ungewöhnlich.<br />
„Jeder Jude hat sein eigenes Judentum“, meint Rafi<br />
Rothenberg, Vorsitzender der Jüdischen Liberalen<br />
Gemeinde Köln. Die kleine Reformgemeinde, deren<br />
Synagoge in der ehemaligen evangelischen Kreuzkappelle<br />
in Riehl ist, hat etwa 170 Mitglieder. Weitaus<br />
größer ist die Synagogen-Gemeinde Köln. Gut 4.500<br />
Jüdinnen und Juden zählt sie. Ihre prächtige Synagoge<br />
in der Roonstraße ist die einzige in Köln, die<br />
nach dem Holocaust noch stand. Auch sie war in der<br />
Reichspogromnacht 1938 verwüstet und im Krieg<br />
beschädigt worden. 1959 wurde sie wiedereröffnet.<br />
Vor der Herrschaft der Nationalsozialisten hatte es<br />
sieben Synagogen in der Stadt gegeben.<br />
Viele Juden stammen aus der<br />
ehemaligen Sowjetunion<br />
Gewachsen ist die Synagogen-Gemeinde Köln in den<br />
letzten Jahrzehnten vor allem durch den Zuzug von<br />
Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Gut drei<br />
Viertel der Gemeindemitglieder stammen von dort.<br />
Vor allem die älteren unter ihnen sprechen Russisch,<br />
kaum Deutsch. Verschiedene Glaubensrichtungen<br />
sind unter dem Dach der Synagogen-Gemeinde<br />
vereint, man orientiert sich an einem gemeinsamen<br />
orthodoxen Ritus. Dazu gehört unter anderem, dass<br />
Frauen und Männer getrennt sitzen. Dennoch ist die<br />
Gemeinde offen und vorwärtsgewandt. „Inzwischen<br />
gibt es einen regen Austausch mit den anderen Religionen“,<br />
sagt der Vorstand der Synagogen-Gemeinde,<br />
Abraham Lehrer, und fügt hinzu: „Wir fühlen<br />
uns in der Stadtgesellschaft gut aufgehoben und integriert.<br />
Ich lebe sehr gerne in Köln.“ Ein Zeichen<br />
der Zugehörigkeit: Seit 2017 gibt es wieder einen<br />
jüdischen Karnevalsverein in Köln, die Kölschen Kippa<br />
Köpp (KKK).<br />
Zur Synagogen-Gemeinde gehört eine Vielzahl von<br />
Einrichtungen und Vereinen. Die Gemeinde betreibt<br />
drei Seniorenclubs in Ehrenfeld, Porz und Chorweiler.<br />
Im Wohlfahrtszentrum in der Ottostraße in<br />
Ehrenfeld gibt es ein Seniorenheim, einen Kindergarten<br />
und eine jüdische Grundschule. Alle Kinder<br />
der Familie R. waren dort. „Wir haben vor allem viel<br />
über unsere Feiertage und ihre Bedeutung gelernt“,<br />
<strong>KölnerLeben</strong> Heft 3 | 21