WOLL Magazin 2021.2 Sommer I Warstein, Möhnesee, Rüthen
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Altes Fachwerkhaus Stockebrand<br />
MIT NUR EINER STIMME MEHRHEIT...<br />
Monika Loerchner<br />
Matthias Koprek<br />
Die alte Körbecker Weisheit verweist auf eine der<br />
vielen Nutzungsarten des „Alten Fachwerkhauses<br />
Stockebrand“. Heute bietet der Kulturverein<br />
die unterschiedlichsten Programme in dem alten<br />
Fachwerkhaus an. Dabei stand vor knapp 22 Jahren zum<br />
zweiten Mal der Abriss des Hauses zur Debatte. Mit nur<br />
einer einzigen Stimme Mehrheit wurde dafür gestimmt,<br />
dass das Gebäude noch steht.<br />
Heute sind vom alten Stockebrand-Anwesen nur das Wohnhaus<br />
als eines der letzten Fachwerkhäuser Körbeckes und<br />
das „Haus des Gastes“ erhalten geblieben. Erste Erwähnung<br />
findet das Haus im Urkataster 1829. 1880 gehörte es dem<br />
Zimmermeister Ferdinand Stockebrand, 1885 wird in der<br />
Gebäudesteuerrolle die von August Stockebrand betriebene<br />
„Dampfkornbrantweinbrennerei und Preßhefefabrik“ genannt.<br />
Spezialität der Brennerei war der „Körbecker Doppelkorn“.<br />
Nach der Schließung des Betriebs 1934/35 wurden<br />
Land und Wirtschaftsgebäude an heimische Landwirte verpachtet.<br />
Gegen Ende des 2. Weltkrieges waren in den Wirtschaftsgebäuden<br />
russische Gefangene und Fremdarbeiter<br />
untergebracht. Allein in der riesigen Scheune befanden sich in<br />
den letzten Kriegstagen 1.500 Gefangene.<br />
In den 50er Jahren dann zog die Weberei Winkler AG in die<br />
Wirtschaftsgebäude, in den 60ern fertigte die Firma Rösler<br />
dort Drahtseile. Das Wohnhaus selbst wurde bei Ende der<br />
60er Jahre noch bewohnt.<br />
Auf und Ab<br />
1971 erwarb die Gemeinde <strong>Möhnesee</strong> das Grundstück. Eigentlich<br />
sollten alle Gebäude abgerissen werden. Doch eine<br />
Überprüfung der Bausubstanz änderte die Pläne und man<br />
beschloss, das Gebäude zu erhalten. Der erste Vorschlag zur<br />
Nutzung des Fachwerkhauses als Heimatmuseum kam 1974<br />
von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatpflege <strong>Möhnesee</strong><br />
unter Federführung des späteren Bundestagsabgeordneten<br />
Bernhard Schulte-Drüggelte. Dieser Vorschlag entwickelte<br />
sich weiter zu einem Museum für die zahlreichen am <strong>Möhnesee</strong><br />
ansässigen Künstler. So wurde das Künstlermuseum 1976<br />
mit einer Ausstellung von Fritz Viegener eröffnet. Seit 1984<br />
findet im Zweijahresrhythmus die landesweit bekannte Osterausstellung<br />
statt. Vor allem baltische Besucher zieht es zur<br />
Gedenkstube für Jānis Jaunsudrabiņš (1877-1962). Der lettische<br />
Schriftsteller und Maler kam 1944 nach Deutschland<br />
und ließ sich mit seiner Frau im „Mondscheinhäuschen“ am<br />
Südufer des <strong>Möhnesee</strong>s nieder. 1994 fand Haus Stockebrand<br />
seinen Eintrag in die Liste denkmalgeschützter Objekte.<br />
1996 übertrug die Gemeinde dem frisch gegründeten Kulturverein<br />
<strong>Möhnesee</strong> die Nutzungsrechte für Haus Stockebrand.<br />
Nun sollte das Museum für alle Künstler<br />
geöffnet werden. Doch es kam<br />
anders: 1998 musste es wegen Baufälligkeit<br />
geschlossen werden - und<br />
plötzlich stand wieder der Abriss<br />
zur Debatte. Der Kulturverein<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Sommer</strong> 2021 - 17