WOLL Magazin 2021.2 Sommer I Warstein, Möhnesee, Rüthen
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Sabina Butz<br />
Anke Kemper<br />
Anmerkungen zur Mobilität im Sauerland<br />
Für das Ruhrtal finden sich Hinweise<br />
einer altsteinzeitlichen Besiedlung.<br />
Für die Mobilität vor ca.<br />
4.000 Jahren – da sind sich einmal alle<br />
Wissenschaftler einig – gab es damals<br />
schnelle oder langsame Füße und sonst<br />
gar nichts. Das änderte sich erst mit der<br />
Domestizierung des Pferdes. Pferde dienten<br />
dabei zunächst als Rohstoffquelle zu<br />
Nahrungszwecken und wurden später als<br />
Trag- und Zugtiere eingesetzt.<br />
Ab dem Mittelalter sind wir auf sichererem<br />
Terrain: Zu Zeiten der Hanse, an die Meschede<br />
über Arnsberg angeschlossen war,<br />
herrschte im 14. Jahrhundert im Sauerland<br />
eine rege Fernhandelstätigkeit, die ohne<br />
Pferdetransporte undenkbar gewesen sein<br />
dürfte. Allerdings waren die „Straßenverhältnisse“<br />
oder besser die Wegebeschaffenheit<br />
eine große Herausforderung für<br />
Pferd und Mensch. Da das Sauerland insgesamt<br />
keine gewinnversprechende Landwirtschaft<br />
oder sonstige Erwerbsmöglichkeiten<br />
bot, war die Infrastruktur in einem<br />
recht desolaten Zustand. Die Sauerländer<br />
Wanderhändler, die seit dem 16. Jahrhundert<br />
Holz- und Stahlwaren handelten,<br />
später besonders im Sensenhandel unterwegs<br />
waren, gingen überwiegend zu Fuß.<br />
Ein eigenes Fuhrwerk war zu kostspielig.<br />
Hinzu kam die schlechte Beschaffenheit<br />
der befahrbaren Wege. Insgesamt<br />
gilt wohl, dass sich reiche Unternehmer,<br />
Bauern und vor allem Adelige Pferde und<br />
Kutschen leisten konnten, von einer allgemein<br />
zugänglichen Mobilität sollte man<br />
aber erst nach der Einrichtung der Postkutschen<br />
sprechen. Die erste Postkutsche<br />
rumpelte 1686 von Nürnberg nach Hof,<br />
wo man Anschluss nach Leipzig mit der<br />
sächsischen Postkutschenlinie hatte. Eine<br />
Sensation für die damalige Zeit. Auch im<br />
Sauerland fand die Postkutsche ab dem<br />
18. Jahrhundert eine große Nachfrage.<br />
Postkutschen sollten bis zum Ende des<br />
19. Jahrhunderts das Überlandreisemittel<br />
schlechthin bleiben.<br />
Eine Reise in einer Kutsche können wir<br />
uns heute kaum noch vorstellen: Gefährlich,<br />
unbequem und anstrengend ist eher<br />
eine harmlose Beschreibung für solche<br />
Reisen. Das änderte sich im Sauerland<br />
Ende des 19. Jahrhunderts mit der ersten<br />
Eisenbahn, die 1871 von Schwerte durch<br />
das Hochsauerland bis Warburg fuhr. Zur<br />
Erinnerung: Die erste Eisenbahnstrecke<br />
in Deutschland wurde 1835 auf der Strecke<br />
Nürnberg-Fürth eröffnet, also nur 35<br />
Jahre, bevor Meschede bahntechnisch zu<br />
erreichen war.<br />
Busverkehr gab es hier im Hochsauerland<br />
erst ab den 1950er Jahren, wobei die großen<br />
Entfernungen und vielen kleinen Ansiedlungen<br />
nicht leicht zu bedienen waren.<br />
Mit dem heutigen Nahverkehr kann man<br />
das gewiss nicht vergleichen. In der Nachkriegszeit<br />
finden wir Fahrräder und Motorräder<br />
bis das Wirtschaftswunder auch<br />
im Sauerland einzog, nachdem Gottlieb<br />
Daimler eine für seine Frau Emma gedachte<br />
Kutsche 1886 motorisierte und<br />
damit das Zeitalter der Automobile einleitete.<br />
Wenn wir heute von Meschede nach<br />
Arnsberg fahren, dann dauert das knapp<br />
30 Minuten. Mal eben zum Shoppen<br />
nach Arnsberg wäre mir mit dem Pferd<br />
zu anstrengend, in der Kutsche hätte ich<br />
zum Einkaufen kaum noch Zeit, und<br />
zu Fuß taugt jetzt irgendwie nicht als<br />
Alternative. ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Sommer</strong> 2021 - 45