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WOLL Magazin 2021.2 Sommer I Warstein, Möhnesee, Rüthen

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Ehrenmahl. Bis heute gedenken die Reservistenkameradschaft<br />

und die Schützenbruderschaft St.<br />

Sebastianus mit interessierten Bürgern regelmäßig<br />

am Kriegerdenkmahl der Gefallenen und Vermissten.<br />

Augenblicke der Stille, des Innehalten und des<br />

Gedenkens an die Dorfbewohner, die nicht mehr die<br />

Möglichkeit hatten, ihren geliebten Heimatort wiederzusehen.<br />

Die tiefgehenden Ansprachen der Reden<br />

unterstrichen den festen Willen gegen das Vergessen<br />

der Kameraden.<br />

Auch Franz-Josef Finger hat als langjähriger Schützenoberst<br />

mehrere Ansprachen am Ehrenmal gehalten, immer<br />

unter dem Motto, im Besonderen der Kallenhardter<br />

Gefallenen zu gedenken und der anwesenden Jugend<br />

klarzumachen, dass sich so etwas nie wiederholen darf.<br />

Es gibt auch von einem erfreulichen Ereignis zu berichten:<br />

Für einen „angeblich“ Gefallenen wurde bereits das<br />

Seelenamt gelesen, die Totenzettel waren gedruckt und<br />

verteilt, doch zum Kriegsende erschien er plötzlich wieder<br />

in der Heimat. Ein kurzer Schreck und eine große Freude<br />

für die Familie und den gesamten Ort. Von einem anderen<br />

berichtet Finger, der zwei Mal auf den Weltkriegs-Verlustlisten<br />

stand und von dem man annahm, dass er 1914<br />

ebenfalls gefallen ist. Sein Name ist am Ehrenmal eingraviert.<br />

Bei seinen Recherchen stellte Franz-Josef Finger fest,<br />

dass dieser Mann aber erst 1972 verstorben ist. Vermutlich<br />

war der von den Kallenhardtern Vermisste direkt zu seiner<br />

Familie ins Rheinland gegangen und man hatte deshalb nichts<br />

mehr von ihm gehört. Es wird wohl ein Rätsel bleiben.<br />

Aus den Erfahrungen seiner aktiven Arbeit im Standesamt berichtet<br />

Finger von einer Frau, die noch lange nach dem Krieg<br />

davon sprach, dass ihr Mann nicht gefallen sei: ‚Ich höre eines<br />

Tages noch mal etwas von meinem Mann‘. Tatsächlich bekam<br />

das Standesamt eines Tages die Nachricht über den Kriegssterbefall.<br />

Der Standesbeamte wusste, dass die Frau wartete. Genau<br />

an dem Tag, als die Nachricht von seinem Tod beim Standesamt<br />

ankam, verstarb die Frau. Sie hatte es nicht mehr erfahren.<br />

Franz-Josef Finger hat den Wunsch, nicht nur auf die Namen<br />

der Gefallenen und Vermissten am Kriegerdenkmahl zu blicken,<br />

sondern einen festen Bezug zu ihnen herzustellen. In Form<br />

eines kleinen Lebenslaufes dieser Menschen, der dann allen zugänglich<br />

gemacht wird. Beim Sammeln der ca. 70 „Totenzettel“<br />

reifte in ihm der Gedanke zur Katalogisierung. Totenzettel, das<br />

waren einfache oder gefaltete Zettel mit den wichtigsten Lebensdaten<br />

eines Verstorbenen, die meist im Rahmen des Requiems<br />

an die Trauergäste verteilt werden. Im weiteren Sinn versteht<br />

In einem kleinen olivgrünen Beutel erhielt<br />

die Mutter den Nachlass.<br />

man unter Totenzettel auch Todesnachrichten, die früher im<br />

Ort verteilt oder versandt wurden.<br />

Eine Mammut-Aufgabe<br />

Was als akribische Fleißarbeit begann, entwickelte sich für<br />

Franz-Josef Finger bald zur Mammut-Aufgabe. Schnell erkannte<br />

der ehemalige Standesbeamte aber notwendige Ausbaupotenziale<br />

über die Nutzung eines von ihm entwickelten Datenblatts.<br />

Neben den Personenstandsdaten (Familienstand, Kinder, Beruf)<br />

soll das Blatt auch ein Foto zeigen, sein Wohnhaus zum<br />

Zeitpunkt des Verlassens. Zusätzlich mit einer heutigen Ansicht<br />

zum Vergleich. Dazu die Namen der Eltern und den Beinamen<br />

Von früheren Kirchenbuchscheibern wurde nicht jeder<br />

Name akzeptiert. Aus einem „Josef“ wurde ein „Josephus“,<br />

aus einem Anton ein Antonius. Und manche<br />

„Maria“ wurde auch nachträglich angehängt.<br />

52 - <strong>WOLL</strong> <strong>Sommer</strong> 2021

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