faktor Herbst 2021
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STIL<br />
nebenbei“, erklärt Pohl und erzählt, dass allein<br />
die Steuer auf ein Kilo Rohkaffee 2,19<br />
Euro beträgt, dieser jedoch bei der Röstung<br />
zehn Prozent an Gewicht verliert. Und dass<br />
eine Bio zertifizierung – wie sie vier seiner Sorten<br />
haben – voraussetzt, dass schon der Farmer<br />
den Kaffee zertifiziert. „Das kann nicht<br />
jeder Kleinbauer leisten.“<br />
ALLE AUFGABEN ALLEINE ZU STEMMEN, so<br />
sein Fazit, ist zu aufwendig und kostenintensiv.<br />
Also holte er sich zur Gründung des eigenen<br />
Geschäfts kurzerhand den Geschäftsführer der<br />
Hannoverschen Kaffeemanufaktur als Partner<br />
mit ins Boot. Pohl nutzt bis heute mit ihm gemeinsam<br />
Lieferwege, wobei er die Rohware<br />
zu 75 Prozent direkt von kleinen Farmen und<br />
zu 25 Prozent aus Kooperativen bezieht. Für<br />
die Produktion größerer Mengen haben sie in<br />
eine technisch moderne Röstanlage investiert,<br />
die in Hannover steht. Dorthin führt Pohl der<br />
Weg jeden Dienstag, dann ist sein Einbecker<br />
Laden im denkmalgeschützten Altbau geschlossen.<br />
WAS PASSIERT BEI DER RÖSTUNG?<br />
Für seine spezielle Mischung der ,Einbecker<br />
Premium Melange‘ heizt Alexander Pohl seine<br />
Röstmaschine zunächst auf 190 Grad Celsius<br />
vor, um sie gleich darauf wieder auf 90 Grad<br />
abzukühlen. Dann erst werden die Bohnen eingefüllt,<br />
die Hitze wird langsam wieder auf 190<br />
Grad Celsius hochgefahren und für 18 bis 20<br />
Minuten geröstet, bis es zum ,first crack‘ kommt<br />
– dabei platzt das Silberhäutchen der Bohne<br />
auf, die ,Gelbphase‘ beginnt. Erst jetzt entwickelt<br />
sich langsam die Farbe – über Gold hin<br />
zum bekannten klassischen Braun. Die Temperatur<br />
unter 200 Grad Celsius habe den Vorteil,<br />
dass die Säure rausgezogen und Acrylamide<br />
vermieden werden. „Der Kaffee wird damit bekömmlicher“,<br />
erklärt Pohl. Bei der italienischen<br />
und portugiesischen Röstung hingegen werden<br />
die Bohnen für vier Minuten auf 400 Grad Celsius<br />
erhitzt, um den ‚second crack‘ zu erreichen:<br />
Die Bohne platzt ein zweites Mal auf, wird fast<br />
schwarz und bekommt dadurch einen noch<br />
intensiveren Geschmack. Dieser ist vor allem<br />
für Espresso ausschlaggebend, der in südlichen<br />
Gefilden die Grundlage jeglicher Kaffeespezialitäten<br />
ist. In Deutschland wird noch immer<br />
Filterkaffee bevorzugt.<br />
WIE EINGANGS BEREITS FESTGESTELLT:<br />
Roh duftet die Bohne nur nach Jute. Erst die<br />
gezielte Röstung durch einen Fachmann kitzelt<br />
die feinen Noten heraus und das je nach Temperatur<br />
und Röstdauer (siehe Kasten). Doch<br />
hier geht es nicht nur um den Duft. Das Rösten<br />
ist ,der‘ aromagebende Faktor – und genauso<br />
entscheidend für den Geschmack wie<br />
Anbaugebiet, Boden und Witterung. „Im sogenannten<br />
Kaffeegürtel in Südamerika beispielsweise<br />
fällt viel Regen, die Bohnen von dort<br />
zeichnen sich durch einen mehr schokoladigen,<br />
nussigen Geschmack aus“, erklärt der Experte.<br />
Afrikanischer Kaffee, der auf sandigen Böden<br />
gedeiht, habe eher florale Noten. Aus indischen<br />
Bohnen lasse sich ein leichtes Süßholzaroma<br />
rausschmecken – sie werden oft auf<br />
ehemaligen Opiumfeldern angebaut und müssen<br />
dem Monsunregen standhalten. „Wie<br />
beim Wein bestimmen also auch Boden, Lage<br />
und Klima den Geschmack“, sagt Pohl.<br />
850 verschiedene Aromen gibt es insgesamt,<br />
die sich von der Grundnote ausgehend bei der<br />
Röstung entfalten können. Ein Aromarad gibt<br />
über die detaillierte Kategorisierung Aufschluss.<br />
Und weil Einfluss<strong>faktor</strong>en und<br />
Aromen ebenso komplex sind, gibt es auch<br />
speziell ausgebildete Kaffeesommeliers. Ein<br />
solcher steht auch Pohl zur Seite: „Denn mir<br />
fehlt da doch noch etwas letzte Expertise.“<br />
NEBEN DEM AROMA ist für Pohl auch die<br />
Bekömmlichkeit ein wichtiges Auswahlkriterium,<br />
entsprechend hat er sein Sortiment ausgerichtet:<br />
Zum Verkauf bietet er sortenreine<br />
Kaffees aus Südamerika (Brasilien, Kolumbien,<br />
Peru), aus Afrika (Ruanda) und Asien<br />
(Indien, Thailand). Und im Ausschank kredenzt<br />
er seine ,Einbecker Premium-Melange‘<br />
mit Bohnen aus Guatemala und Äthiopien,<br />
seine ,Espresso Selection‘ hat er aus 60 Prozent<br />
brasilianischen und je 20 Prozent vietnamesischen<br />
und indischen Bohnen fein abgestimmt.<br />
Doch abgesehen von der Herkunft spielt<br />
auch die Pflanzenart für den Geschmack eine<br />
große Rolle: Zum einen gibt es Robusta, die<br />
selbst unter widrigen Bedingungen wächst,<br />
tropische Wärme und Feuchte verträgt, aber<br />
viel Säure und Koffein enthält. Ihr Marktanteil<br />
beträgt ca. 30 Prozent. Zum anderen<br />
gibt es Arabica mit 70 Prozent Marktanteil,<br />
die zwar empfindlicher und dadurch teurer ist,<br />
aber eben auch bekömmlicher. Diese Pflanzenart<br />
wächst in Höhenlagen zwischen 900<br />
und 3.000 Metern über dem Meeres-<br />
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