Der Konstrukteur 10 2021
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3D-DRUCK<br />
LEICHTBAU IST MEHR ALS<br />
NUR DIE SUBSTITUTION<br />
VON WERKSTOFFEN<br />
So wurde ein Nadelbettenträger, also eine gewichtsintensive<br />
Komponente einer Flachstrickmaschine, des Unternehmens H. Stoll<br />
AG & Co. KG topologisch optimiert. Durch die lastengerechte<br />
Konstruktion wurde Material nur dort angebracht, wo Kräfte wirken.<br />
Dadurch konnten rund 30 % Material gespart werden, was<br />
mit einer Senkung der Herstellungskosten um 7 % einherging.<br />
Damit ermöglichte die Leichtbauweise auch eine CO 2<br />
-Reduktion<br />
um 30 % pro Jahr durch einen reduzierten Energiebedarf.<br />
Dass insbesondere in der frühen Entwicklungsphase eine entscheidende<br />
Materialeinsparung möglich ist, verdeutlicht ein<br />
weiteres Beispiel. In der Wellpappen-Verarbeitungsmaschine<br />
der Wilhelm Bahmüller Maschinenbau Präzisionswerkzeuge<br />
GmbH bewegt ein Schlitten die Produktstapel im zyklischen<br />
Start-/Stopp-Betrieb innerhalb der Maschine. Für diese Bauteilgruppe<br />
wurde das größte Potenzial zur Optimierung der Funktion<br />
der Maschine ermittelt. Die Masse an bewegten Teilen mit Antriebskomponenten<br />
wurde durch Neukonstruktion um etwa<br />
50 % im Vergleich zur ursprünglichen Konstruktion reduziert.<br />
Daraus resultieren im Betrieb der Maschine Energieeinsparungen<br />
von rund 40 % und eine Senkung der Herstellungskosten um<br />
bis zu 25 %.<br />
Laut einer Hochrechnung auf die deutsche Maschinenbaubranche<br />
im Rahmen einer Studie des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik<br />
und Automatisierung, die von der Leichtbau BW<br />
mitbeauftragt wurde, ließen sich allein durch die Materialeinsparung<br />
aus dem ersten Beispiel jährlich der Stahlverbrauch um<br />
etwa 1,53 Mio. t und der CO 2<br />
-Ausstoß um rund 2 Mio. t verringern.<br />
Letzteres entspricht den jährlichen CO 2<br />
-Emissionen einer<br />
Stadt wie Lübeck.<br />
CO 2<br />
-EINSPARPOTENZIAL DURCH LEICHTBAU<br />
Noch eindrücklicher wird das Potenzial für den Klimaschutz<br />
durch Leichtbau unter folgendem Betrachtungswinkel: Die LCS<br />
Life Cycle Simulation GmbH berechnete exemplarisch anhand<br />
von baden-württembergischen KMU aus dem Netzwerk der<br />
Leichtbau BW, wie viele Millionen Tonnen CO 2<br />
jährlich durch die<br />
Umsetzung von Leichtbauprinzipien eingespart werden können.<br />
Betrachtet wurden dabei Leichtbaulösungen aus den Branchen<br />
Maschinenbau und Mobilität. Insgesamt konnte durch die<br />
Leichtbauoptimierungen für die betrachteten Branchen ein CO 2<br />
-<br />
Einsparpotenzial von bis zu 36 Mio. t hochgerechnet werden. Das<br />
entspricht in etwa dem jährlichen CO 2<br />
- Ausstoß der Schweiz. <strong>Der</strong><br />
Beitrag und das zukünftige Potenzial des Leichtbaus zum Klimaschutz<br />
sind damit enorm.<br />
02<br />
02 Dank Leichtbau konnte die Masse an bewegten Teilen einer<br />
Wellpappen-Verarbeitungsmaschine um 50 % reduziert werden,<br />
die Herstellungskosten sanken um 25 %<br />
NACHHALTIGKEIT DURCH<br />
LEICHTBAU IN DER PRAXIS<br />
Zwei Tage voller Leichtbauinnovationen rund um das<br />
Thema „Nachhaltigkeit durch Leichtbau in der Praxis“<br />
erwarten die Teilnehmer am 09. und <strong>10</strong>. November <strong>2021</strong><br />
beim Technologietag Leichtbau, der in diesem Jahr dank<br />
der engen Zusammenarbeit mit China, Kanada und der<br />
European Lightweight Association (ELA) erstmalig als<br />
Global Lightweight Summit stattfinden wird.<br />
Die Konferenz findet als hybrides Event statt. Interessenten<br />
sind herzlich eingeladen, vor Ort im Mövenpick<br />
Hotel Stuttgart Airport oder per Online-Livestream<br />
teilzunehmen.<br />
Am ersten Konferenztag präsentieren und diskutieren<br />
internationale Leichtbau-Experten in praxisorientierten<br />
Sessions zu innovativen Themen wie CO 2<br />
-Reduzierung in<br />
China, neue Materialien und ihr Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />
sowie kreislauffähige Produktion. Ebenso bietet der<br />
renommierte Umweltforscher Prof. Dr. Michael Braungart<br />
neue Nachhaltigkeitsimpulse. Dabei kommt bei der<br />
gesamten Konferenz dank (digitaler) Vernetzungsmöglichkeiten<br />
der persönliche Austausch nicht zu kurz. In<br />
den Pausen bieten vielfältige Themeninseln weitere<br />
Leichtbauinspirationen. Vor-Ort-Teilnehmer dürfen<br />
sich am zweiten Konferenztag zudem auf exklusive<br />
Touren durch innovative baden-württembergische<br />
Unternehmen und Forschungseinrichtungen freuen.<br />
Das Programm zum Technologietag Leichtbau <strong>2021</strong><br />
sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter:<br />
www.leichtbau-technologietag.de<br />
NEUDENKEN FÜR DAS KLIMA<br />
In der Industrie schlummert großes Zukunftspotenzial, um unsere<br />
Ressourcen zu schützen und die Klimaziele zu erreichen. Die<br />
Konstruktionsphilosophie des Leichtbaus vermag dieses Potenzial<br />
zu wecken. Die Werkzeuge zum Neudenken konventioneller<br />
Engineering-Methoden sind da – sie müssen nur genutzt werden,<br />
wie es etwa die hier genannten Praxisbeispiele verdeutlichen.<br />
Damit bleibt festzuhalten: Weniger ist mehr, Leichtbau<br />
lohnt sich.<br />
Bilder: Aufmacher dehweh – stock.adobe.com, 01 wbk Karlsruhe,<br />
02 WILHELM BAHMÜLLER Maschinenbau Präzisionswerkzeuge GmbH,<br />
Infokasten Leichtbau BW GmbH<br />
www.leichtbau-bw.de<br />
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