BT_04-2021_Nordausgabe_epaper
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preisung zuschlagen - egal ob als direkter<br />
CO2-Preis oder über Umwege<br />
im CO2-Emissionshandel. Zudem: Wir<br />
werden in den kommenden Jahren einen<br />
massiven Hochlauf an Elektrofahrzeugen<br />
bekommen - der Strompreis<br />
wird uns plötzlich so geläufig sein wie<br />
der Spritpreis. Generell müssen wir<br />
unser Augenmerk aber auf die Inflation<br />
richten: Die aktuellen Entwicklungen<br />
sind nicht nur das Ergebnis einer<br />
CO2-Bepreisung, sondern das einer<br />
allgemeinen Rohstoffknappheit - kombiniert<br />
mit monopolistischen Märkten,<br />
wie man an der Chip-Krise sieht. Wenn<br />
sich der Markt normalisiert, wird sich<br />
vieles wieder einpendeln, aber zu völlig<br />
anderen Preisen als noch vor zwei<br />
Jahren.<br />
Woher und welche Art von Strom importieren<br />
wir, wenn nach der Abschaltung<br />
des letzten Kernkraftwerks Ende 2022<br />
nicht genügend eigenproduzierte Energie<br />
zur Verfügung steht?<br />
Zunächst einmal beträgt der Anteil der<br />
Erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg<br />
heute bereits über 40 Prozent,<br />
und dieser Anteil steigt Tag für Tag.<br />
Wenn 2022 das letzte baden-württembergische<br />
Atomkraftwerk vom Netz<br />
geht, werden zunächst die anderen<br />
Energiekraftwerke hochgefahren - mit<br />
einhergehend werden Kohlekraftwerke<br />
sukzessive auf Gas umgestellt, um<br />
im Endausbau Wasserstoff-fähig zu<br />
sein. Der internationale Strommarkt<br />
greift ja heute schon. Wie viel aber<br />
woher kommt, ist heute vorausschauend<br />
schwer kalkulierbar. In der Übergangszeit<br />
- bis die Leitungen aus dem<br />
Norden einsatzfähig sind, grüner Wasserstoff<br />
verfügbar und der Ausbau der<br />
Erneuerbaren Energien noch nicht abgeschlossen<br />
ist - werden wir Kompromisse<br />
aushalten müssen. Wichtig ist<br />
aber, dass wir uns auf das Ziel fokussieren,<br />
Baden-Württemberg mit einem<br />
dann neuen elektrischen Energiesystem<br />
komplett erneuerbar - inklusive importiertem<br />
grünen Wasserstoff - zu versorgen.<br />
Die Atomkraft wird weltweit wieder<br />
zulegen, aber in Deutschland sehe<br />
ich dafür keine gesellschaftliche und<br />
politische Mehrheit mehr.<br />
Rechnet die Landesregierung wieder<br />
vermehrt mit Flüchtlingsströmen?<br />
Wer die Vorfälle zwischen Weißrussland<br />
und Polen verfolgt, kann nur zu<br />
einem Schluss kommen: Ja. Das Wort<br />
„Strom“ ist aber vielschichtig, weil nicht<br />
genau bezifferbar. Die Ankünfte in Baden-Württemberg<br />
nehmen zu, aber in<br />
einem Maße, das noch beherrschbar ist.<br />
Die Verteilungsmechanismen funktionieren,<br />
die Behörden sind eingespielt.<br />
Das ändert nichts an der Lage an sich,<br />
es bewahrt uns aber vor Kontrollverlust.<br />
Die Bundesregierung ist gefordert, gemeinsam<br />
mit den Partnern das Problem<br />
an der EU-Ostgrenze zu lösen. Darauf<br />
setze ich. Auch im Sinne der Menschen,<br />
die durch dieses Machtspiel - und um<br />
nichts anderes geht es - in eine unwürdige<br />
Lebenslage versetzt werden. Zur<br />
Ehrlichkeit gehört aber auch, dass wir<br />
uns darauf einstellen müssen, dass uns<br />
das Thema Aufnahme von Flüchtlingen<br />
den Winter über beschäftigen wird.<br />
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