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Brief vom 1. Juni 1700 115<br />
Kommentar<br />
Johann Andreas Schmidt, Weigelschüler und seit 1695 Professor an der Universität<br />
in Helmstedt, stand, wie schon auf Seite 104 angemerkt, in engem Briefkontakt mit<br />
Leibniz. Leibniz ließ sich von Schmidt ausführlich über die Aktivitäten des Trios<br />
Hamberger, Meyer, Sturm zur Kalenderreform und zur Einrichtung des Collegiums<br />
Artis Consultorum informieren. Wie in [49] dargestellt, ist diese Korrespondenz<br />
sehr asymmetrisch und es ist durchaus denkbar, dass Schmidt Anfang Juni<br />
tatsächlich noch keine Kenntnis von Leibniz’ Akademieplänen hatte, obwohl diese<br />
in ihrer Realisierung bereits weit fortgeschritten waren [25]. Im Kontext der aktuellen<br />
Entwicklungen in der Kalendersache konnte Leibniz sich bei Schmidt auch über<br />
personelle und inhaltliche Angelegenheiten auf den neuesten Stand bringen lassen,<br />
ohne seine Pläne ihm gegenüber offenbaren zu müssen. So tauchten bereits am<br />
28. Dezember 1699 die Namen von Kirch und Eimmart in einem Brief Schmidts<br />
an Leibniz auf [131, Seite 221] und Leibniz nannte diese beiden dann in seinem<br />
Brief vom 26. März 1700 an den Hofprediger Daniel Ernst Jablonski im Zusammenhang<br />
mit seinen Akademieplänen als mögliche Kandidaten für die Position des<br />
Astronomen am Observatorium der neuen Akademie [25, Seite 70].<br />
In seinem Brief an Jablonski vom 12. März 1700 erwähnt Leibniz seinen ’ Kalendereinfall‘,<br />
vgl. [25, Seite 43]:<br />
Höre auch gern, daß mein Einfall wegen des Calenders ingreß gefunden,<br />
und Gelegenheit gegeben, die ehmahligen Gedancken von einer<br />
Churfürstl. Societät, dadurch gründliche Wissenschaften und gemein<br />
nützliche Künste zu verbessern, wieder vorzunehmen.<br />
Gemeint ist damit Leibniz’ Idee zur Finanzierung der Berliner Akademie, wonach<br />
die geplante Akademie ihre Finanzierung über ein Monopol auf die Herausgabe und<br />
den Verkauf von Kalendern für das Kurfürstentum Brandenburg selbst aufbringen<br />
sollte.<br />
Zur Klärung der Frage, wieviel Johann Andreas Schmidt tatsächlich von Leibniz’<br />
Aktivitäten zur Gründung der Berliner Akademie wusste, wäre eine gesonderte<br />
Analyse seines Briefwechsels mit Leibniz notwendig. In einem Brief an Schmidt<br />
vom 30. März 1700 bleibt Leibniz nämlich noch recht vage. Darin heißt es, vgl.<br />
[131, Seite 498]:<br />
Serenissimus et Potentissimus Elector Brandeburgicus decrevit condere<br />
Observatorium, nescio an non res Calendaria contulerit. (Übersetzung:<br />
Der mächtige Kurfürst von Brandenburg hat beschlossen, ein<br />
Observatorium zu gründen. Ich weiß nicht, ob nicht die Angelegenheit<br />
um den Kalender dazu beigetragen hat.)