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116 2. Briefe und Schriften<br />
Leibniz hielt sich ab dem 10. Mai 1700 zur Konstituierung der Akademie in Berlin<br />
auf [25, Seite 83]. Kirch kam bereits am 19. April 1700 für wenige Tage nach Berlin<br />
und zog Mitte Juni endgültig um [94, Band 1, Seite lxxxii]. Noch am Tage von<br />
Leibniz’ Ankunft, also am 10. Mai 1700, erließ der Kurfürst von Brandenburg das<br />
Kalenderedikt, welches der neuen Akademie das Kalendermonopol für Brandenburg<br />
erteilte, siehe [25, Seiten 83 f. und 233 f.] sowie zum Wortlaut beispielsweise [15,<br />
Seiten 56-63] oder [220]. Gottfried Kirch hatte seit 1678 bei der Nürnberger Verlegerfamilie<br />
Endter über mehrere Jahre hinweg verschiedenste Kalender (Nürnberger<br />
Gerichts-Calender, Schreib-Calender, Christen- Jüden- und Türcken-Kalender)<br />
herausgegeben. Nach Studienaufenthalten in Danzig bei Johannes Hevelius und in<br />
Königsberg lebte er von 1676 an in Leipzig. Wegen antipietistischer Anfeindungen<br />
ging er 1692 in seine Geburtsstadt Guben zurück [94, Band 1, Seite lxxxi]. Als<br />
Pietist war Kirch eng mit dem Hauptvertreter des Pietismus, August Hermann<br />
Francke (1663-1727) befreundet, der 1698 in Halle die bis heute bestehenden Franckeschen<br />
Stiftungen begründete, siehe [94, Band 3, Seite 813].<br />
In diesem Kontext scheint vielleicht erwähnenswert, dass noch im Mai 1700 im ” Monatlichen<br />
Staats-Spiegel“ ein ausführlicher Text mit ” Gedancken über die Nothwendigkeit<br />
des Collegii Mathematici“ veröffentlicht worden ist, der mit ” Unterthänigste<br />
Knechte Liewe Willems Graf und de Voss“ und Datum vom 16. März 1700 in Amsterdam<br />
unterzeichnet wurde, siehe [11, Seiten 48-64]. Zumindest der erste Unterzeichner<br />
ließ sich zweifelsfrei als der Astronom Lieuwe Willemsz Graaf (1652-1704)<br />
identifizieren, vgl. [216].<br />
Brief vom 12. Juni 1700<br />
Cod. Ms. Philos. 60, Blatt 429 & 430<br />
[429r] Wohledler, großgℓ hochgeehrtister H und Patron<br />
Mein letztes darinn von dem zu Berlin aufgerichteten Collegio Mathematico<br />
part gegeben, wird hoffentlich wohl behändiget seyn. Inzwischen habe mit<br />
Hn D. Schmidten geredet, der mir gesagt daß H Leibnitz zwar gegen Ihn etwas<br />
von dem vorseyenden Collegio Scientiarum zu Berlin gedacht, aber nicht<br />
dabey erwehnet daß es mit dem Calender etwas würde zu thun bekommen.<br />
Ich bathe Ihn, weil unser Zweck dem Berlinischen nicht contrair, Ihnen auch<br />
dadurch an ihren intraden kein Heller entgieng sondern selbige vielmehr vermehret<br />
würden, zumaln wann einige von Ihnen auch membra in dem Collegio<br />
Universali würden, nicht minder sie ihren Scopum, nemlich die Verbesserung<br />
der Tabularum und aufnehmen der Künste, als dann erst recht erreichen