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70 2. Briefe und Schriften<br />
sich Weigel aber offenbar gewünscht, dass auch die theoretischen Grundlagen seines<br />
pädagogischen Konzeptes mit der Veröffentlichung in einem Massenmedium<br />
wie den Kalendern einen noch größeren Bekanntheitsgrad erlangen möchten. Obwohl<br />
Weigels pädagogische Konzepte und Reformmodelle den am ausführlichsten<br />
erschlossenen Bereich seines Schaffens darstellen, gibt es auch heute noch Forschungsdefizite<br />
zu seinen pädagogischen Anschauungen und Ansätzen. Hierzu sei<br />
an dieser Stelle nur auf noch nicht näher erschlossenes handschriftliches Archivmaterial,<br />
beispielsweise auf die Brief- und Manuskriptsammlung ” Acta des Mathematici<br />
Weigels Scripta et inventiones Mathematicas, wie auch aufgerichtete Kunst &<br />
Tugend-Schule betr. 1658. bis 1694.“ im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar,<br />
verwiesen.<br />
Hamberger erwähnt eine Disputation über die Methode des Erwerbs der Tugend<br />
( ” disputation de methodo acquirendi virtutum“), in welcher er ebenfalls die von Weigel<br />
verfolgte Idee von der Erziehung zur ” Tugend“ ausführte. Gemeint ist allem<br />
Anschein nach die Disputation [73] von Veit Benedict Heuber unter Hambergers<br />
Vorsitz.<br />
Hamberger spricht in diesem Brief außerdem die Möglichkeit der Publikation von<br />
Wetteraufzeichnungen an. Dies sollte im sogenannten ” Nebenwerk“ erfolgen, also<br />
in dem einen Kalender damals üblicherweise ergänzenden Teil und anstelle der<br />
früheren Prognostiken, vgl. auch Seite 18. Da es verbreitet war, in den Kalendern<br />
Vorhersagen über das Wetter mit abzudrucken, sollten nach Hambergers Vorschlag<br />
dieser Gewohnheit folgend wohl Wetterangaben gemacht werden, diese sollten sich<br />
jedoch aus Wetterbeobachtungsdaten des Vorjahres speisen. Hamberger ist dieser<br />
Idee, die gemäß seinen Ausführungen in diesem Brief auch auf Weigel zurückgeht, in<br />
seinen eigenen Kalendern später selbst gefolgt. Zu Hamberger als Kalenderschreiber<br />
verweisen wir auf den Kommentar zu seinem Brief vom 18. November 1699, ab Seite<br />
79.<br />
Bei der genannten Sonnenfinsternis geht es um die vom 13. September 1699 (nach<br />
Julianischem Kalender), die in damaligen historischen Quellen auch als ” große Sonnenfinsternis“<br />
beschrieben wurde, siehe beispielsweise [167, Seite 87 f.]. Das uns<br />
auch heute noch beeindruckende Schauspiel einer Sonnenfinsternis war damals ein<br />
überaus spektakuläres Ereignis. Über die heute eher skurril anmutenden aber auf<br />
einem tief verwurzelten Aberglauben begründeten Vorbereitungen der Bevölkerung<br />
auf eine Sonnenfinsternis, nämlich auf die im August 1654, gibt uns heute das Hausbuch<br />
des Apothekers Michael Walburger lebendige Auskunft [87]. Erst 300 Jahre<br />
später fand am 11. August 1999 wieder eine in Europa sichtbare totale Sonnenfinsternis<br />
mit ähnlichem Verlauf wie 1699 statt.<br />
In dem Brief wird nochmals die Entgegnung Weigels auf den Kalendervorschlag<br />
Samuel Reyhers erwähnt. Dazu sei auf den Kommentar zum Brief vom 25. März<br />
1699 auf Seite 46 hingewiesen.<br />
Zu den Details der Kalenderreform in Schweden sei an die Ausführungen im Kom-