Verfahrenstechnik 3/2022
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UPDATE<br />
Auftragsbestände in Chemie und Pharma<br />
Die deutsche Industrie kann mit den aktuellen Auftragsbeständen<br />
so lange produzieren wie nie zuvor. Sie reichen laut einer<br />
Umfrage, die das Ifo-Institut noch vor der russischen Invasion in<br />
der Ukraine erstellt hat, für die nächsten viereinhalb Monate. Dazu<br />
sagte Anfang Februar der Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen,<br />
Timo Wollmershäuser: „Das gab es noch nie, seit wir diese Frage<br />
im Jahr 1969 zum ersten Mal gestellt haben.“ Ursache dafür seien<br />
nicht abgearbeitete Auftragseingänge, die in den vergangenen<br />
Monaten mangels Vorprodukten und Rohstoffen nicht wie geplant<br />
zu Ende gebracht werden konnten.<br />
Besonders groß ist der Auftragsbestand mit einer geschätzten<br />
Produktionsdauer von 8,0 Monaten in der Autoindustrie und im<br />
Maschinenbau (6,1 Monate). Am anderen Ende der Skala finden<br />
sich mit gerade mal 2,1 Monaten die Hersteller von chemischen<br />
Erzeugnissen. Im Vergleich mit dem Vorjahr bedeute das immerhin<br />
einen Anstieg um 0,8 Monate. Im Vergleichszeitraum des Jahres<br />
2020 – also noch vor Ausbruch der Coronapandemie – lag der<br />
Wert bei 1,4 Monaten. Höchststand der letzten 30 Jahre in der<br />
Chemie war mit 2,4 Monaten im vierten Quartal 1998. Bei Herstellern<br />
pharmazeutischer Erzeugnisse ist der Wert von 3,2 Monaten<br />
in den Jahren 2020 und 2021 auf nun 3,8 Monate gestiegen.<br />
Hier wurde der 30-Jahres-Höchsstand mit 6,1 Monaten im Januar<br />
2018 festgestellt.<br />
www.ifo.de<br />
DIE WICHTIGSTEN MESSEN<br />
FÜR DIE PROZESSINDUSTRIE<br />
Veranstaltung<br />
alter Termin neuer Termin<br />
Anuga Foodtec, Köln<br />
www.anugafoodtec.de<br />
Hannover Messe, Hannover<br />
www.hannovermesse.de<br />
Ifat, München<br />
www.ifat.de<br />
Solids, Pumps & Valves, Dortmund<br />
www.pumpsvalves-dortmund.de<br />
Achema, Frankfurt/Main<br />
www.achema.de<br />
Drinktec, München<br />
www.drinktec.com<br />
Powtech, Nürnberg<br />
www.powtech.de<br />
K, Düsseldorf<br />
www.k-online.de<br />
SPS, Nürnberg<br />
sps.mesago.com<br />
Brau Beviale, Nürnberg<br />
www.braubeviale.de<br />
26.–29.04.22 unverändert<br />
25.–29.04.22 30.05.–02.06.22<br />
30.05.–03.06.22 unverändert<br />
16.–17.02.22 22.–23.06.22<br />
04.–08.04.22 22.–26.08.22<br />
12.–16.09.22 unverändert<br />
30.08.–01.09.22 27.–29.09.22<br />
19.–26.10.22 unverändert<br />
22.–24.11.22 08.–10.11.22<br />
09.–11.11.22 14.–16.11.23.<br />
Ukraine-Krieg: Auswirkungen, Prognosen<br />
und konkrete Hilfsmaßnahmen<br />
Zur Unterstützung von Unternehmen hat der Verband der Chemischen<br />
Industrie (VCI) einen Ukraine-Helpdesk eingerichtet.<br />
User finden dort aktuelle wirtschaftspolitische Informationen<br />
rund um die russische Aggression – von Versorgungssicherheit<br />
über Sanktionen bis zum Schutz vor Cyberangriffen. Darüber<br />
hinaus sind kurzfristig Kontakte mit Experten des VCI möglich.<br />
Das Angebot soll stetig ausgebaut werden.<br />
Auch wenn die Hilfe für die Menschen derzeit absolut im Vordergrund<br />
stehe, hat VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große<br />
Entrup (Bild) im Branchenticker des Verbands vom 4. März auch<br />
auf die wirtschaftlichen Folgen der militärischen Eskalation in<br />
der Ukraine geblickt. Dabei<br />
geht es ihm vor allem<br />
um die Versorgung mit<br />
Erdgas. „Sollte das Gas<br />
knapp werden, weil Lieferungen<br />
aus Russland weiter<br />
eingeschränkt werden<br />
oder gar komplett ausfallen,<br />
könnte die Lage für<br />
energieintensive Unternehmen<br />
äußerst problematisch<br />
werden“, sagte<br />
Große Entrup. Nicht wenige Betriebe stünden bereits mit dem<br />
Rücken zur Wand. Große Entrup warnte zudem davor, die Folgen<br />
eines Gasstopps kleinzureden: „Chemieanlagen lassen sich nicht<br />
beliebig aus- und anschalten.“<br />
Ein Stopp der russischen Energieimporte könnte Deutschland<br />
kurzfristig bis zu 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kosten.<br />
Das ergeben derweil Schätzungen des Netzwerkes Econpol<br />
Europe mithilfe eines Simulationsmodells. „Öl und Kohle könnten<br />
zwar durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzt werden,<br />
nicht so leicht hingegen das Gas“, schreiben die Autoren.<br />
Auf welche Weise und wie schnell russisches Erdgas in Deutschland<br />
sowie in der gesamten Europäischen Union kurz-, mittelund<br />
langfristig durch andere, insbesondere erneuerbare Energieträger<br />
ersetzt werden könnte, erörtert eine Ad-hoc-Stellungnahme<br />
der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina<br />
vom 10. März. Dies könnte unter anderem durch die Beschaffung<br />
von Flüssiggas, das Anlegen einer robusten Reserve an Energieträgern<br />
und den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur erreicht<br />
werden. Das Papier kommt zu dem Schluss, dass auch ein kurzfristiger<br />
Lieferstopp von russischem Gas handhabbar wäre.<br />
Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) hat angesichts<br />
der veränderten Rahmenbedingungen seine Prognose der<br />
Wirtschaftsentwicklung in Deutschland <strong>2022</strong> aktualisiert. Die<br />
Unsicherheit sei merklich gestiegen und der dadurch ausgelöste<br />
weitere kräftige Anstieg der Energiepreise erhöhe die Inflation<br />
und senke die reale Kaufkraft. Unter diesen deutlich verschlechterten<br />
Bedingungen rechnet das HWWI für <strong>2022</strong> nur noch mit einem<br />
Wirtschaftswachstum von 2 Prozent. Bei weiterer Eskalation<br />
müsste – je nach Umfang etwaiger Gegensanktionen – gegebenenfalls<br />
sogar mit einer Rezession gerechnet werden.<br />
Der Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Wirtschaftssanktionen<br />
gegen Russland werden sich auch deutlich auf<br />
den Maschinen- und Anlagenbau auswirken. Das ist das Ergebnis<br />
der 13. Blitz-Umfrage des VDMA unter seinen Mitgliedsfirmen<br />
Anfang März. Zudem dürften sich noch nicht überwundene<br />
Schwierigkeiten in den Lieferketten abermals verschärfen.<br />
85 Prozent der knapp 550 Teilnehmer sehen den Krieg und seine<br />
Folgen als gravierendes oder merkliches Risiko fürs Geschäft.<br />
www.vci.de/themen/ukraine<br />
www.vdma.org/ukraine-krieg<br />
6 VERFAHRENSTECHNIK 03/<strong>2022</strong> www.verfahrenstechnik.de