faktor Winter 2022
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FOTO: FABIAN BERG<br />
LESEZEIT: 5 MINUTEN<br />
Zufriedene Mitarbeiter gleich zufriedene<br />
Kunden – und beides<br />
zusammen bedeutet mehr Umsatz.<br />
Eine einfache Formel, die<br />
auch ein Teil der Antwort auf den<br />
omnipräsenten Fachkräftemangel sein kann.<br />
Doch da, wo Mitarbeiter fehlen, wird oft gerade<br />
der erste Teil der Formel vernachlässigt.<br />
Wer heute als Arbeitgeber bestens aus gebildete<br />
Mitarbeiter anlocken und halten will,<br />
muss weit mehr bieten als ein gutes Gehalt – er<br />
muss auf die Bedürfnisse der Mit arbeitenden<br />
eingehen: Der Trend gehthier zur Flexibilisierung<br />
und Individualisierung. Vor allem Aspekte<br />
wie flexible Arbeitszeiten spielen heute<br />
im Büro und – wo es möglich ist – im<br />
Homeoffice eine wesentliche Rolle, um Arbeit<br />
mit Familie oder Freizeitbeschäftigungen<br />
zu vereinbaren.<br />
Ausgehend von einer 40-Stunden-Woche<br />
gibt es inzwischen Modelle, nach denen an<br />
vier Tagen jeweils zehn Stunden gearbeitet<br />
werden kann und wenn möglich auch Unterbrechungen<br />
oder spätere Anfangszeiten<br />
möglich sind, um beispielsweise die Kinder<br />
zur Schule bringen zu können. Deutlich weiter<br />
geht der Ansatz, bei der Einführung der<br />
Vier- Tage-Woche die tägliche Arbeitszeit<br />
nicht zu verlängern. Statt also wöchentlich<br />
40 nur noch 32 Stunden zu arbeiten – womöglich<br />
sogar noch ohne Gehaltseinbußen!<br />
Welche Herausforderungen bringen solche<br />
Umstellungen mit sich? Ist das in der Praxis<br />
ohne Verluste umsetzbar? Können kleine<br />
und mittelständische Unternehmen das<br />
überhaupt stemmen?<br />
EIN BLICK IN DIE REGION ZEIGT: Es tut<br />
sich was. Wohl eine der radikalsten Formen<br />
der Umstellung wagte Rocco Funke. Im Jahr<br />
2021 wurde dieser mit 49 Jahren nochmal<br />
Vater und versprach seinem Sohn kurz nach<br />
der Geburt: „Ich werde dich ins Leben begleiten.<br />
Wenn du 25 Jahre alt bist, werde ich<br />
noch gesund sein.“ Als Inhaber des in Hundeshagen<br />
im thüringischen Eichsfeld angesiedelten<br />
Unternehmens ELBS ein mutiges<br />
Versprechen, das große Herausforderungen<br />
mit sich bringt. Denn mit fünf Mitarbeitern<br />
kümmert sich der Leckorter in Notfällen<br />
auch an Wochenenden um Schäden an<br />
Rohrleitungen. Ein oft stressiger und zeitintensiver<br />
Job. Doch Funke will natürlich zu<br />
seinem Versprechen stehen.<br />
Genau da kommt ihm zugute, dass er<br />
schon immer auf mitdenkende Mitarbeiter<br />
setzt. Als durch eine spontan eigeninitiativ<br />
gestraffte Arbeitswoche alle Aufträge bereits<br />
an einem Donnerstag abgearbeitet und<br />
die Kunden begeistert waren, gab Funke seinen<br />
Mitarbeitern am Freitag frei. „Das<br />
machte mich neugierig. Wir haben gemeinsam<br />
überlegt, wie wir noch effektiver werden<br />
können“, erzählt der Diplom-Ingenieur.<br />
Heraus kam eine inzwischen etablierte<br />
Vier-Tage-Woche, die nur Gewinner kennt:<br />
Die Mitarbeiter haben bei vollem Lohnausgleich<br />
ab Freitag Wochenende, es sei denn,<br />
es stehen Notfalleinsätze an. Die Kunden<br />
treffen auf stets freundliches, zufriedenes<br />
und hoch motiviertes Personal, und – Versprechen<br />
erfüllt – der kleine Finus kann ab<br />
Freitag mit einem sehr viel entspannteren<br />
„Wir haben Zeitfresser minimiert<br />
und mit externer Unterstützung die<br />
internen Abläufe optimiert.<br />
Und ob Sie es glauben oder nicht:<br />
Wir machen an vier Tagen jetzt<br />
doppelt so viel Umsatz wie<br />
vorher an fünf!“<br />
ROCCO FUNKE, ELBS<br />
TOP-ARBEITGEBER <strong>2022</strong>/23 117