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faktor Winter 2022

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mensch<br />

„Stillstand macht<br />

mir Angst“<br />

Anlässlich des 50. Jubiläums des Landkreises Göttingen trifft <strong>faktor</strong> Marcel Riethig an<br />

seinem Lieblingsort. Dort erzählt der Landrat, wie seine Pflegeeltern sein Verständnis von<br />

Verantwortung für die Gesellschaft nachhaltig beeinflusst haben und er sich vom<br />

ruhigen Zeitgenossen zum Klassenclown entwickelte.<br />

TEXT TOBIAS KINTZEL FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

LESEZEIT: 6 MINUTEN<br />

Zum Interview im Europäischen Brotmuseum<br />

in Ebergötzen kommt der Lokalpolitiker<br />

Marcel Riethig wenige Minuten<br />

zu spät: Als Landrat des drittgrößten<br />

Landkreises in Niedersachsen ist er ein<br />

gefragter Mann mit vielen Terminen im Kalender. Dennoch<br />

wirkt er nicht abgehetzt. Anlaufzeit braucht er<br />

keine und erklärt als Erstes, warum er das Brotmuseum<br />

als Treffpunkt ausgewählt hat. „Abgesehen von meiner<br />

Wohnung auf den Zietenterrassen ist hier einer der<br />

Orte im Landkreis, an dem ich mich privat am häufigsten<br />

aufhalte“, sagt der 39-Jährige. „Vor allem natürlich<br />

mit meinen Söhnen. Der ältere ist großer Windmühlen-Fan.“<br />

Im Anschluss an diesen persönlichen Start entspinnt<br />

sich ein Gespräch, in dem der Landrat Marcel<br />

Riethig nicht nur weitere Einblicke in sein bisheri ges<br />

Leben, sondern auch in seine Pläne für die Zukunft gewährt.<br />

„Ich bin ein Kind der Region, in Eddigehausen am<br />

Fuße der Burg Plesse aufgewachsen“, erzählt Riethig. Er<br />

habe viele schöne, lebhafte Kindheitserinnerungen an<br />

Wochenendausflüge ins Wellenbad in Bad Lauterberg,<br />

zum Abenteuerspielplatz in Sieber oder an Sommernachmittage<br />

im Freibad in Reyershausen. „Das ist auch heute<br />

noch, genau wie das Naturfreibad in Grone, eines der<br />

schönsten in der Region.“ Und dann erklärt er, warum<br />

seine Eltern ihm und seiner Schwester nicht nur eine erfüllte<br />

Kindheit und Jugend ermöglicht, sondern auch<br />

nachhaltig seine Idee von Politik beeinflusst hätten.<br />

„Unsere Eltern haben uns wenig Grenzen gesetzt, wir<br />

durften uns ausprobieren“, sagt Riethig. Ausprobiert hat<br />

er sich im Sport, als Handballtorwart bei der HSG Plesse,<br />

und auch musikalisch, indem er Trompete spielen<br />

lernte und später eine Ausbildung zum Chorleiter für<br />

einen Posaunenchor absolvierte.<br />

DAS GRUNDVERTRAUEN, das ihm seine Eltern jederzeit<br />

entgegenbrachten, sei für ihn heute auch die Basis des<br />

Handelns in der Politik – „unabhängig davon, ob es um<br />

die interkommunale Zusammenarbeit in den Landkreisen,<br />

den täglichen Austausch mit den Bürgerinnen und<br />

Bürgern oder auch mit dem Team in der Verwaltung<br />

geht“. Außerdem habe er – und das sei viel entscheidender<br />

– von seinen Eltern gelernt, was es bedeute, Verantwortung<br />

zu übernehmen. „Sie haben mich bei sich als<br />

Pflegekind aufgenommen, als ich drei Monate alt war“,<br />

erzählt er offen, sichtlich gerührt und dankbar.<br />

Darüber hinaus sei seine Mutter in der Arbeiterwohlfahrt<br />

sozial engagiert gewesen. Beide, Mutter und Vater,<br />

hätten schon in frühen Jahren vorgelebt, dass man nicht<br />

nur für sich, sondern auch für die Gesellschaft Verantwortung<br />

übernehmen kann. „Gemeinschaft funktioniert<br />

nur, wenn man sich auch um andere kümmert“, sagt<br />

Riethig im Brustton der Überzeugung. Hier spricht eindeutig<br />

der Mensch, nicht der Politiker. „Wir können uns<br />

doch zum Beispiel glücklich schätzen, dass wir in der<br />

Region über 150 freiwillige Feuerwehren mit etwa<br />

5.400 aktiven Feuerwehrleuten haben.“<br />

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