f+h fördern und heben 6/2023
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SERIE PERSPEKTIVEN<br />
DIE AUSWIRKUNG VON INTRALOGISTIKPROJEKTEN AUF DIE GANZE<br />
UNTERNEHMENS ORGANISATION WIRD VIELFACH UNTERSCHÄTZT<br />
Mitunter sind in die Realisierung von Intralogistik-Projekten<br />
Mitarbeiter aus diversen Fachabteilungen <strong>und</strong> externen<br />
Unternehmen eingeb<strong>und</strong>en. Steigt mit der Anzahl der Projektbeteiligten<br />
die Komplexität?<br />
Stephanie Janz: Die Komplexität ist nicht unbedingt das Problem.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der verschiedenen zu verbindenden Themen ist<br />
es eher der Anspruch an die Organisation, der steigt. Im Vergleich<br />
zu Projekten von vor zehn Jahren ist der Koordinationsaufwand<br />
höher <strong>und</strong> der hat Auswirkungen auf die Bearbeitungs<strong>und</strong><br />
Abarbeitungsstruktur in den verschiedenen Projektphasen.<br />
Somit sind in einem Logistikprojekt auch die Transparenz <strong>und</strong><br />
die Kommunikation wichtige Themen.<br />
Markus Irmler: Der von Frau Janz angesprochene höhere Koordinationsaufwand<br />
resultiert daraus, dass heutzutage in den Unternehmen<br />
aufgr<strong>und</strong> zunehmender Matrixorganisation mehr<br />
Bereiche in ein Projekt involviert sind. Die verteilten übergreifenden<br />
Verantwortlichkeiten in einem Unternehmen führen<br />
dazu, dass mehr Personen an einem Projekt beteiligt sind. Damit<br />
müssen die Verantwortlichkeiten <strong>und</strong> Projektstrukturen<br />
noch klarer definiert sein.<br />
Wer sollte bei einem Projekt federführend sein?<br />
Markus Irmler: Das ist genau die Frage, die selten geklärt ist. In<br />
der Regel ist es zwar nach wie vor der klassische Projektleiter, das<br />
heißt der organisatorische Projektleiter, der die Fäden zusammenhalten<br />
muss, zu dem alle Informationen laufen <strong>und</strong> der seine<br />
Sub-Projektleiter auch koordiniert. Ihm fallen jedoch vor dem<br />
<strong>und</strong> im Projekt noch zusätzliche Aufgaben im Bereich Changemanagement,<br />
gemeinsam mit der Unternehmensleitung, zu.<br />
Wird in Intralogistikprojekten zu sehr der Fokus auf die Technik<br />
gelegt?<br />
Stephanie Janz: Dass der Fokus auf der Technik liegt, passiert<br />
teilweise unbewusst. Das hat auch etwas damit zu tun, dass in<br />
den Unternehmen, je nach Aufstellung, mehr oder weniger Erfahrung<br />
in puncto Umsetzung komplexer Vorhaben vorhanden<br />
ist. Je nach Unternehmensgröße fehlen schlichtweg auch die<br />
personellen Kapazitäten oder eine auf das Projektmanagement<br />
spezialisierte Abteilung.<br />
Markus Irmler: Damit sich ein Projekt erfolgreich <strong>und</strong> im abgesteckten<br />
Zeitrahmen realisieren lässt, sind neben funktionierender<br />
Technik <strong>und</strong> eindeutig definierten Prozessen weitere essenzielle<br />
Parameter von entscheidender Bedeutung. Dazu gehört<br />
die Einbettung des Projekts in der Organisation <strong>und</strong> seine Akzeptanz<br />
im Unternehmen. Um dies zu erreichen, ist die Beschäftigung<br />
mit folgenden Fragen ratsam: Ist das Projektziel klar definiert?<br />
Ist das Ziel in der Unternehmung abgestimmt <strong>und</strong> verankert?<br />
Folgen dem Ziel auch die nicht-logistischen Fachbereiche?<br />
Wurden kritische Stimmen vor der Projektentscheidung gehört<br />
<strong>und</strong> berücksichtigt? Wer hat das Ziel definiert? Auf wen hat das<br />
Ziel Auswirkungen? All dies sind Fragen, die vielfach ausgeblendet<br />
werden, weil das Projektmanagement in der Logistik oftmals<br />
genau erst dann aufsetzt, wenn es um die technische Realisierung<br />
des Projekts geht. Das Projektmanagement in Intralogistikprojekten<br />
setzt somit eigentlich zu spät auf. Der Gr<strong>und</strong> liegt auf<br />
der Hand: Die Auswirkung von Intralogistikprojekten auf die<br />
Organisation wird vielfach unterschätzt. Daraus folgend ergibt<br />
sich die hohe Relevanz, mit den richtigen Personen die richtigen<br />
Fragen zu diskutieren, bevor die technische Umsetzung startet.<br />
Kurzum: Der technische Fokus ist wichtig, aber auch die<br />
Gesamt organisation des Projekts ist für den Erfolg mindestens<br />
genau so bedeutsam.<br />
Aus Ihrer Sicht genießt das Projektmanagement in Intralogistikprojekten<br />
also nicht den ihm gebührenden Stellenwert?<br />
Markus Irmler: Die Unternehmen befassen sich durchaus mit<br />
dem Projektmanagement – <strong>und</strong> zwar immer dort, wo es um die<br />
vordergründig marktrelevanten Bereiche geht. So finden die<br />
Produktentwicklung oder die Vertriebsentwicklung vielfach in<br />
gut organisierter Projektarbeit statt. In der Logistik ist dies mitunter<br />
leider nicht so. Darüber hinaus wird ein Logistikprojektmanagement<br />
auch selten an der Stelle angedockt, wo es sein<br />
müsste. Vor allem bei Groß- oder komplexen Projekten ist das<br />
Projektmanagement bei der Geschäftsführung oder Werksleitung<br />
aufzuhängen. Nur so wird dem Projekt der gebührende<br />
Stellenwert zuteil <strong>und</strong> das Projekt erhält die notwendige Akzeptanz<br />
in der Organisation.<br />
Stephanie Janz: Unsere Klientel stammt primär aus dem Mittelstand.<br />
Für diese Unternehmen gehört es nicht zum Tagesgeschäft<br />
solch umfangreiche Projekte, zum Beispiel die Reorganisation<br />
des innerbetrieblichen Materialflusses, zu stemmen. Hier<br />
gilt es, das Bewusstsein zu wecken, dass Personen, deren Kerngeschäft<br />
ein anderes ist, mit den Aufgaben eines Projektmanagers<br />
unter Umständen überfordert sind. Wir werben immer wieder<br />
dafür, die k<strong>und</strong>eninternen Mitarbeiter im Projekt- <strong>und</strong><br />
Changemanagement fit zu machen, <strong>und</strong> zeigen ihnen entsprechende<br />
Methoden auf. Teilweise sind die Mitarbeiter aber auch<br />
die Führungskräfte in den Unternehmen erstaunt darüber, welche<br />
Ergebnisse sich dann rasch einstellen.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
STEPHANIE JANZ<br />
UND MARKUS IRMLER<br />
Inhaber Econsio GbR<br />
Das Interview mit Stephanie Janz <strong>und</strong> Markus Irmler, Inhaber Econsio GbR,<br />
Frankfurt, führte Winfried Bauer, Chefredakteur <strong>f+h</strong><br />
www.foerdern-<strong>und</strong>-<strong>heben</strong>.de <strong>f+h</strong> <strong>2023</strong>/06 41