f+h fördern und heben 6/2023
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MENSCHEN UND MÄRKTE<br />
NACHGEFRAGT<br />
Können die aus dem Projekt zum Thema Datenlogistik<br />
gewonnenen Erkenntnisse Ihnen hilfreiche Dienste dabei<br />
leisten, zu einer neuen Logistik zu gelangen?<br />
DER KLUGE UMGANG MIT<br />
INNOVATIONEN HILFT DABEI,<br />
DIE HERAUSFORDERUNGEN<br />
DER ZEIT ZU LÖSEN<br />
Jakub Piotrowski: Zu einer neuen Logistik würde ich nicht unbedingt<br />
sagen, eher zu einer flexibleren Logistik. Flexibler im<br />
Sinne von: Ich kann mit der Auswertung von Daten zum einen<br />
präventiv agieren, weil ich bessere Forecast-Zahlen habe. Mithilfe<br />
der Forecast-Zahlen wiederum lässt sich die Ressourcensituation<br />
verbessern. Darüber hinaus lassen sich mit den entsprechenden<br />
Daten – man könnte dies fast schon als ein klassisches<br />
Beispiel bezeichnen –, Konzepte der präventiven Wartung<br />
umsetzen. Die Sammlung von Daten, auch über räumlich<br />
verteilte Standorte, praktizieren wir schon seit einigen Jahren.<br />
Für die Datenaufbereitung <strong>und</strong> Analyse sind Spezialisten mit<br />
Systemwissen in puncto Datenbanken gefragt, das heißt unsere<br />
Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen aus der IT. Die Datenauswertung<br />
obliegt dem jeweiligen Fachbereich, der über die notwendige<br />
Prozesskenntnis verfügt. Beide Akteure arbeiten Hand in Hand.<br />
So gelangen wir, wie ich eingangs sagte, zu mehr Flexibilität in<br />
der Logistik.<br />
Flexibler zu sein, ist in diesen volatilen Zeiten ein nicht zu<br />
unterschätzender Aspekt.<br />
Jakub Piotrowski: Das kann ich nur bestätigen. Bis die Corona-<br />
Pandemie über uns hereinbrach, dachten alle in der Wirtschaft,<br />
unsere Lieferantennetzwerke seien krisensicher aufgestellt.<br />
Doch dann wurde uns vor Augen geführt, wie viele blinde<br />
Flecken es in den Netzwerken gibt. Und das, obwohl Lösungen<br />
am Markt verfügbar sind, zum Beispiel Tracking-Module oder<br />
Supply Chain Traceability Tools, die genau das verhindern.<br />
Bis zum Jahr 2020/21 befanden wir uns in einer Komfortzone.<br />
Jakub Piotrowski: Der Leidensdruck war nicht vorhanden. Erst<br />
als der spürbar wurde, begann die Suche nach entsprechender<br />
Abhilfe <strong>und</strong> die Integration von Lösungen in die weltweiten<br />
Supply Chain.<br />
Wie beeinflussen Krisen die Innovationstätigkeit?<br />
Jakub Piotrowski: Das ist eine ganz spannende Frage. Ich glaube,<br />
Krisen können Innovationen sowohl positiv als auch negativ<br />
beeinflussen.<br />
Negativ im Sinne von Zurückstellung beziehungsweise Einstellung<br />
der erforderlichen Finanzmittel oder auch der personellen<br />
Ressourcen. Das geschieht vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass man sich<br />
auf das Wesentliche konzentrieren möchte, um die Krise zu<br />
bewältigen. Bezogen auf die Logistik bedeutet dies unter anderem,<br />
die Prozesse stabil am Laufen zu halten.<br />
Auf der anderen Seite können Krisen aber auch eine Bereitschaft<br />
für Veränderungen hervorrufen. Weil man merkt, dass sich mit<br />
den bisher praktizierten Vorgehensweisen die Herausforderungen<br />
zukünftig nicht mehr bewältigen lassen. Als die Supply<br />
Chains vor drei Jahren aufgr<strong>und</strong> der Lockdowns zur Eindämmung<br />
der Pandemie auseinandergedriftet sind, folgte daraus<br />
zum Beispiel, dass Warenanlieferungen an ein Logistikzentrum<br />
nicht mehr planbar waren. Die Anlieferungen fanden in <strong>und</strong>efinierten<br />
Wellen <strong>und</strong> zu beliebigen Zeiten statt. Mithilfe der bei<br />
uns genutzten digitalen Lösungen konnten wir darauf reagieren.<br />
Wir haben im Wareneingang nicht mehr jede einzelne Palette<br />
gescannt, sondern Massenfotos erstellt.<br />
Der Fachkräftemangel ist auch eine Art Krise, deren Folge die<br />
Automatisierung in der Intralogistik vorantreibt. Neben der<br />
Nutzung von autonomen mobilen Robotern, die das Sahnehäubchen<br />
in puncto Automatisierung sind, setzen wir zum<br />
Beispiel in einem Lager semi-automatische Man-up-Stapler<br />
ein. Diese Flurförderzeuge werden in der Lagervorzone von<br />
einer Person gefahren. In der Lagergasse gibt der Kollege den<br />
Palettenstellplatz ein, das Gerät steuert danach automatisch<br />
das Regalfach an <strong>und</strong> der Kollege kann die für die Bearbeitung<br />
des Auftrags erforderliche Anzahl an Produkten picken. Mit<br />
solch einem Schmalganggerät entlasten wir die Mitarbeitenden.<br />
Die Kommissionierer fühlen sich wertgeschätzt – in der heutigen<br />
Zeit ein wichtiger Aspekt.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
Das Interview mit Jakub Piotrowski, Leiter IT, Chief Information Officer (CIO)/<br />
Chief Digital Officer (CDO) der BLG Logistics Group führte Winfried Bauer,<br />
Chefredakteur <strong>f+h</strong><br />
Fotos: BLG Logistics Group<br />
www.blg-logistics.com<br />
8 <strong>f+h</strong> <strong>2023</strong>/06 www.foerdern-<strong>und</strong>-<strong>heben</strong>.de