Leve Lesers - Quickborn. Vereinigung für niederdeutsche Sprache ...
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mobile verleidet! Dass die europäische<br />
Menschheit diese wahnsinnigen Angriffe<br />
auf ihr Leben und ihre Gesundheit<br />
durch ein paar tausend verblödete<br />
und halb enthirnte Sportsleute sich gefallen<br />
lässt! (S. 419) Zwei Jahre später<br />
muss er sich wegen fortschreitender<br />
Krankheit mit dem verhassten Fahrzeug<br />
zur Universität fahren lassen und<br />
bekennt staunend den Stimmungsumschlag<br />
gegen das Gefährt ....Ich hatte es<br />
ingrimmig gehasst, jetzt fand ich es<br />
sehr bequem, rasch, zuverlässig und<br />
lenksam. (S. 446)<br />
Wenig später, am 27. Juli 1908 erfolgt<br />
die letzte Eintragung in die Annalen:<br />
Heute habe ich meine letzte Vorlesung<br />
über Psychologie geschlossen, nicht<br />
ohne innere Bewegung: Ist es das letzte<br />
Mal, dass ich das Katheder bestiegen<br />
habe?... Ist jetzt das Ende gekommen,<br />
ich will nicht klagen, sondern dankbar<br />
und freudig bekennen: cursum quemfortuna<br />
dedit, peregi. (Den Weg, den<br />
das Schicksal gab, habe ich vollendet.<br />
S. 447) Nur knapp einen Monat danach<br />
starb Paulsen, 63-jährig, in seinem<br />
Haus in Steglitz.<br />
In einer <strong>Quickborn</strong>-Besprechung darf<br />
der Plattdeutsch-Aspekt nicht fehlen.<br />
Er wird in den Lebenserinnerungen nur<br />
kurz am Anfang erörtert (S. 32 ff). Die<br />
Haus- und Muttersprache des jungen<br />
Rezensionen – Böker<br />
Paulsen war Friesisch, nicht Plattdeutsch.<br />
Hochdeutsch, die Kirchenund<br />
Amtssprache konnte er früh verstehen<br />
und lesen – sprechen lernte er<br />
sie erst in der Schule. Daneben gewöhnte<br />
sich das Ohr und die Zunge von klein<br />
auf an das Plattdeutsche; es war in nicht<br />
wenigen Familien Haussprache; wo<br />
eine plattdeutsche Mutter einzog, verschwand<br />
das Friesische bald ... Es ist<br />
daher kein Zweifel, dass die friesische<br />
<strong>Sprache</strong> in nicht ferner Zeit an der<br />
Westküste Schleswigs ausgestorben<br />
sein wird. Paulsen beklagt den Verlust<br />
nicht allzu sehr, denn das Friesische sei<br />
zwar reich an Ausdrücken <strong>für</strong> alle sinnlichen<br />
Dinge, die in dem Umkreis des<br />
bäuerlichen Lebens liegen ... Aber <strong>für</strong><br />
die geistige Welt ist man immerfort<br />
genötigt, Anleihen beim Deutschen zu<br />
nehmen, wie es denn ja auch das Plattdeutsche<br />
nicht vermeiden kann. Literaturlose<br />
<strong>Sprache</strong>n verkümmern. Dass<br />
auch das Plattdeutsche ganz so literaturlos<br />
nicht bleiben sollte, hat Paulsen<br />
dankbar begrüßt. Die Werke von Klaus<br />
Groth und Fritz Reuter gehörten zu seinem<br />
geistigen Besitz. Auf seiner Hochzeitsreise<br />
las er am Gardasee aus Reuters<br />
Stromtid vor (S. 227). Über Groth<br />
hat er sich mit seinem Freund Tönnies<br />
brieflich ausgetauscht. Auf Tönnies Bitte<br />
hin sendet er dem Dichter ein Exemplar<br />
seiner Einleitung in die Philosophie<br />
und erhält als Gegengabe Groths<br />
Lebenserinnerungen, <strong>für</strong> die er sich bei<br />
Tönnies bedankt: Es ist lieb und freundlich<br />
von Dir, dass du die Landsleute<br />
zusammenbringst. Und auf eine Groth-<br />
Charakteristik von Tönnies antwortet<br />
er in einem Brief 1903:<br />
Unseren holsteinischen Poeten hast Du<br />
sehr schön in Schutz genommen, seine<br />
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15.12.2009, 10:06 Uhr<br />
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