Mein Blick auf Küche Sparsam mit den Highlights sein Hans Winkler interessiert sich für viele Themen. Und die meisten haben mit den Themen Küche und Wohnen zu tun. Dabei geht es dem Industriedesigner nicht allein um die Gestaltung eines Produkts. Er schätzt den ganzheitlichen Blick. Inklusive Vertrieb, Messepräsentation und Schulungskonzepte. „Wir begleiten das Produkt innerlich gern, wohin es dann geht.“ Hans Winkler, hanswinklerdesign.de Foto: Winkler 16 <strong>KÜCHENPLANER</strong> 9/2023
<strong>KÜCHENPLANER</strong>: Was fasziniert Sie an der Küche? Hans Winkler: Hier kommen extrem viele Aspekte zusammen. Emotionen, Funktionen, Materialität und Werkstattcharakter. Daraus entsteht ein Gesamtprodukt, das ein Lebenselixier fabriziert: Nahrung. Wir haben es mit einer hohen gestalterischen Ästhetik zu tun und einer hohen technischen Funktionalität und daraus entsteht Nahrung. Und die dient dem Menschen. Das mag ich. Was liegt ihnen dabei mehr am Herzen: die Architektur der Möbel oder die technische Funktion der Geräte? Als gelernter Schreiner sind es die Möbel. Aber ohne Funktion geht es nicht, sie ist elementar. Das bezieht sich nicht allein auf die Gerätetechnik. Auch auf das große Thema Stauraum. Deshalb wird die Küche nicht den Weg des Wohnmöbels gehen, wo inzwischen fast alles digitalisiert wird. Bücher, Musik. Die Wohnwände alter Prägung braucht niemand mehr. In der Küche ist das anders. Seit wann begleitet die Küche Ihr berufliches Leben? Nach meiner Schreinerlehre führte mich der Weg erst zu Mercedes und zur Bearbeitung von Armaturenteilen für die Innenausstattung von Fahrzeugen. Auch in so einem hochspezialisierten Funktionsbereich wie dem Cockpit eines Fahrzeugs geht es nicht ohne Emotion. Holz ist da immer wieder ein sehr wesentlicher Werkstoff. Aber die Automobilindustrie war nicht mein Fokus. Das merkte ich schnell. Deshalb absolvierte ich eine Fortbildung an der Fachakademie für Holztechnik und Gestaltung in Stuttgart und fand dann eine Anstellung bei zeyko im Schwarzwald. Dort arbeitete ich erst im technischen Bereich und wechselte dann zum Start eines groß angesetzten Projekts in die Abteilungen Design und Marketing als Projektleiter. Diese vielen verschiedenen Stationen haben meinen Blick auf das Thema Küche geweitet. Wie meinen Sie das? Wir haben bei zeyko mit viel Leidenschaft und Herzblut eine modulare, mobile Küche entwickelt. Das war 1995/96. So ein Produkt hätte man von einem Schwarzwälder Küchenmöbelhersteller damals gar nicht erwartet. Dabei habe ich viel gelernt. Auch, was es bedeutet, mit einem Produkt zu früh zu sein. Die modulare Küche wurde also ein Flop? Sie hatte nicht den gewünschten Erfolg. Und rückblickend war sie eben nicht in allen Faktoren für einen Produkterfolg gut vorbereitet und kam aus heutiger Sicht einige Jahre zu früh. Aber es waren prägnante zwei Jahre, in denen ich viel gelernt habe. Wie ging es für Sie weiter? Nach der zeyko-Insolvenz erhielt ich eine Anfrage von der Firma Stocke, einem norwegischen Stuhlhersteller. Meine Aufgabe war es, die Vermarktung des bekannte Trip-Trap-Kinderstuhls in Deutschland zu entwickeln. Das war gerade in Bezug auf die Erfahrung mit der mobilen Küche sehr spannend. Den Markt und seine Gesetzmäßigkeiten life kennenzulernen, waren sehr wesentliche Lehrjahre für mich. Drei Jahre habe ich das gemacht. In dieser Zeit habe ich viel über den Fachhandel und über Vermarktung erfahren und verschiedenste Unternehmer und deren Expertise kennengelernt. Als Designer im Vertrieb: Das stelle ich mir ungewöhnlich vor. Ich stand plötzlich auf der anderen Seite. Vorher musste ich andere von meinen Ideen überzeugen, jetzt wurden mir plötzlich Neuheiten präsentiert und ich sollte diese einordnen. Aber ich wollte schon immer wissen, wie das draußen im Handel funktioniert. Nach drei Jahren bei Stocke hatte ich das Gefühl, dass meine innere Lehrzeit beendet ist. Anfang 2000 habe ich mich dann mit dem Designbüro Hans Winkler selbstständig gemacht. Wer waren ihr ersten Kunden? Unter anderem zeyko. Wir haben gemeinsam die zeyko- Akademie aufgebaut und Seminare und Schulungen durchgeführt. Kreatives Gestalten, Beratung, Verkaufsthemen. Parallel dazu waren wir in diverse Entwicklungs- und Gestaltungsprojekte eingebunden. Frontsysteme, Innenausstattungen. 15 Jahre haben wir das gemacht. Bis es zur zweiten Insolvenz kam und Andreas Kress als Geschäftsführer ausschied. Mit Andreas verbindet mich aber noch immer viel. Wir kennen uns jetzt schon lange und wissen, was wir voneinander erwarten können, wer welche Expertise hat und wie das gut zusammen geht. Wir als Designbüro haben die kreativen Konzepte, er die Vertriebsexpertise par excellence. Wir haben schon viele Dinge gemeinsam entwickelt. Ich schätze diese Verbindung sehr. Weil der Markt noch nicht reif dafür war? Es reicht nicht, von einem Produkt fasziniert zu sein. Die Vertriebsstrategie muss parallel ebenfalls entwickelt werden. Bis hin zum Marketing und einem guten Messeauftritt. Wir Produktmenschen entwickeln unsere Ideen gern mit Leidenschaft bis ins Detail, aber die gleiche Energie und Kreativität muss in den Vertrieb und die Vermarktung fließen. Gerade wenn man etwas ganz Neues bringt, ist es entscheidend, wie und ob die Kommunikation beziehungsweise das Produkt auch die gewünschten Menschen erreicht. Wie groß ist ihre Agentur heute und mit welchen Themen beschäftigen Sie sich? Wir sind fünf Kolleginnen und Kollegen. Bei Bedarf arbeiten wir mit externen Kollegen zusammen, wenn zum Beispiel große Messen anstehen. Bei den Themen ist die Küche zentral, aber auch Produkte fürs Bad und fürs Wohnen generell: Kastenmöbel, Tische, Stühle, Garderoben. Alles, was zum Wohnen gehört. Dabei begleiten wir Unternehmen auch umfassend, zum Beispiel vor einigen Jahren den Wohnmöbelhersteller und Massivholzspezialisten Decker auf seinem 9/2023 <strong>KÜCHENPLANER</strong> 17