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Martin Hailer | Andreas Kubik | Matthias Otte | Mirjam Schambeck sf | Bernd Schröder | Helmut Schwier (Hrsg.): Religionslehrer:in im 21. Jahrhundert (Leseprobe)

Der schulische Religionsunterricht befindet sich im Umbruch: Er hat es mit einer wachsenden religiös-weltanschaulichen Heterogenität der Schüler:innen zu tun und reagiert darauf – regional unterschiedlich – mit deutlichen Veränderungen in der Didaktik und den organisatorischen Rahmenbedingungen. Dies spiegelt sich in wachsenden Kompetenzerwartungen an den Beruf »Religionslehrer:in« und deren Aufbau in Studium, Referendariat und Fortbildung. Eine Konsultation mit Teilnehmenden aus diesen drei Phasen der Lehrer:innenbildung hat auf Einladung des Evangelisch-Theologischen wie des Katholisch-Theologischen Fakultätentages, der Konferenz der Institute für Evangelische Theologie und der Studienreformgremien aus Universitäten und Kirchen in Geschäftsführung der Evangelischen Kirche in Deutschland im September 2022 Problemkreise und Lösungsansätze diskutiert. Der vorliegende Band dokumentiert die Beiträge und bietet so einen dichten Einblick in die anstehende Überprüfung und Neugestaltung theologisch-religionspädagogischer Bildung.

Der schulische Religionsunterricht befindet sich im Umbruch: Er hat es mit einer wachsenden religiös-weltanschaulichen Heterogenität der Schüler:innen zu tun und reagiert darauf – regional unterschiedlich – mit deutlichen Veränderungen in der Didaktik und den organisatorischen Rahmenbedingungen. Dies spiegelt sich in wachsenden Kompetenzerwartungen an den Beruf »Religionslehrer:in« und deren Aufbau in Studium, Referendariat und Fortbildung.
Eine Konsultation mit Teilnehmenden aus diesen drei Phasen der Lehrer:innenbildung hat auf Einladung des Evangelisch-Theologischen wie des Katholisch-Theologischen Fakultätentages, der Konferenz der Institute für Evangelische Theologie und der Studienreformgremien aus Universitäten und Kirchen in Geschäftsführung der Evangelischen Kirche in Deutschland im September 2022 Problemkreise und Lösungsansätze diskutiert. Der vorliegende Band dokumentiert die Beiträge und bietet so einen dichten Einblick in die anstehende Überprüfung und Neugestaltung theologisch-religionspädagogischer Bildung.

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28 M. <strong>Hailer</strong>, A.<strong>Kubik</strong>, M. <strong>Otte</strong>, M. <strong>Schambeck</strong> <strong>sf</strong>, B. <strong>Schröder</strong> und H. <strong>Schwier</strong><br />

dieser Debatte sollen <strong>im</strong> folgenden Abschnitt so beschriebenwerden, dass e<strong>in</strong>ige<br />

Herau<strong>sf</strong>orderungen, vor denen die <strong>Religionslehrer</strong>:<strong>in</strong>nenbildung gegenwärtig<br />

steht, vor Augen treten.<br />

1Schulische religiöseBildung <strong>im</strong> Widerstreit der<br />

Auffassungen<br />

Um die Begründung und Gestalt schulischer religiöser bzw. religionsbezogener<br />

Bildung wird derzeit vielfach gerungen.<br />

Auf der e<strong>in</strong>en Seite wird e<strong>in</strong> steigender Bedarf an religiöser Bildung wahrgenommen:<br />

Trotz der noch <strong>im</strong>mer starken historischenund kulturellenPrägung<br />

Europas durch Judentum, Christentum und Islam nehmen die Kenntnisse h<strong>in</strong>sichtlich<br />

religiöser Traditionen und der religiösen Wurzeln der Kultur kont<strong>in</strong>uierlich<br />

ab und werden <strong>im</strong> Zusammenhang der Generationen <strong>im</strong>mer weniger erneuert.<br />

Kulturelle wie religiöse illiteracy s<strong>in</strong>d vor diesem H<strong>in</strong>tergrund nicht nur<br />

e<strong>in</strong>e mehr oder weniger relevante Wissenslücke, sondern e<strong>in</strong> Bildungsproblem,<br />

unabhängig davon wie die E<strong>in</strong>zelnen sich zu den Themen von Religion und<br />

Glaube positionieren. 2 Zugleich bleiben Religionen, wie Émile Durkhe<strong>im</strong> dies<br />

ausdrückt, »faits sociaux«, welche angesichts religiös-weltanschaulicher Pluralisierung<br />

der Gesellschaft und facettenreicher e<strong>in</strong>schlägiger Praktiken und<br />

Selbstverständnisse der Individuen <strong>im</strong>mer schwerer zu deuten s<strong>in</strong>d. Und<br />

schließlich kann und muss auch gefragt werden, wie K<strong>in</strong>der, Jugendliche und<br />

junge Erwachsene am besten <strong>in</strong> die Lage versetzt werden, ihr Grundrecht auf<br />

Religion<strong>sf</strong>reiheit (Art. 4GG) <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen. Diese religionsbezogene<br />

Bildungsaufgabe darf ebenso wenig alle<strong>in</strong> an Familien und Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

ausgelagert werden, als man die politische Bildung etwa ausschließlich<br />

den Parteien überlassen dürfte. E<strong>in</strong> renommierter Journalist hat diesen Aspekt<br />

kürzlich so zusammengefasst und auf den Punkt gebracht: »Die Fragen, die um<br />

Gott, das Heilige und das ewige Leben kreisen, die Glaubens<strong>in</strong>halte also, dürfen<br />

aus der Schule jedenfalls nicht ganz verschw<strong>in</strong>den. Es geht hier nicht um<br />

Folklore, sondern um e<strong>in</strong>e D<strong>im</strong>ension des Menschse<strong>in</strong>s und um e<strong>in</strong>en Schlüssel<br />

zur Welt.« 3<br />

Auf der anderen Seite gerät der sog. konfessionelle Religionsunterricht zunehmend<br />

unter Druck. Dies hat mehrere Gründe: Da nicht nur <strong>in</strong> Deutschland,<br />

2<br />

3<br />

Vermehrt müssen etwa literatur-, kunst- und musikwissenschaftliche Institute selbst<br />

Bibel- und Christentumskurse organisieren, da kaum noch Kenntnisse der sujets vorauszusetzen<br />

s<strong>in</strong>d – geschweige denn der religiösen Tran<strong>sf</strong>ormationsprozesse selbst, die<br />

sich <strong>in</strong> den Werken spiegeln.<br />

Heribert Prantl, Zum Glück gibt es auch guten Religionsunterricht, <strong>in</strong>: Süddeutsche<br />

Zeitung vom 29.07.2022 (abgerufen unter www.sueddeutsche.de am 24.03. 2023).

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