antriebstechnik 5/2024

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KUPPLUNGEN UND BREMSEN 01 SCHWERLASTHUBWERKE DYNAMISCH BREMSEN OHNE ZAHNFLANKENWECHSEL Hochdynamisch, sicher, wartungsarm und zudem energie- und kosteneffizient: So sollen Heavy-Duty-Hubwerke in modernen Kranen sein. Konstrukteure stellt dies vor enorme Herausforderungen. Fortschritte bei Brems- und Not-Stopp-Systemen eröffnen nun neue Perspektiven. Der Beitrag stellt eine innovative Komplettlösung zum einfachen Nachrüsten für elektrohydraulische Scheiben- und Trommelbremsen vor. Eine Neuentwicklung von Ringspann in der Bremsentechnik könnte die Konstruktion von Schwerlast-Hubwerken grundsätzlich verändern, wie sie in Industrie- und Hafenkränen zum Einsatz kommen. Die Innovation der Bremstechnik-Spezialisten setzt dort an, wo viele Konstrukteure von Hubwerken der Schuh drückt: Die Bewältigung sehr hoher dynamischer Kräfte – bedingt durch den Trend zu immer schnelleren und effizienteren Antriebssystemen. Eine der beiden Neuentwicklungen ist ein Lüftgerät: Es verleiht den elektrohydraulischen Bremsen der DX-, DS- und DT-Serien außergewöhnlich kurze Schließzeiten. Die Bremsen sind auf der Motorseite der Hubwerke montiert. Durch eine neue Steuereinheit kann außerdem die Lebensdauer der Hubwerkgetriebe er- Mirco von Stein, Freier Fachjournalist, Darmstadt im Auftrag der Ringspann GmbH, Bad Homburg heblich verlängert werden. Die Komplettlösung überzeugt gleichzeitig durch ihre Einfachheit: Der Einsatz des schnellen Lüftgeräts und der intelligenten Steuereinheit erfordert keinen kompletten Austausch der bestehenden Scheiben- oder Trommelbremsen. Martin Ohler ist Business Developer Brakes bei Ringspann und erläutert: „Von Beginn an ging es uns darum, nachrüstbare Lösungen zum sicheren Beherrschen der immer höheren Energieimpulse im Kranbau bereitzustellen, die mit hoher Verfügbarkeit und MRO-Affinität punkten und zudem die Performance der Hubwerke verbessern“. SCHLIESSZEIT UNTER 80 MILLISEKUNDEN Die sehr kurzen, überdurchschnittlich schnellen und flexibel einstellbaren Schließzeiten des neuen Lüftgeräts sind das Ergebnis eines Benchmarks. Die Ingenieure haben dazu die Auswirkungen verschiedener Pumpentypen auf den Schließprozess der motorseitig eingesetzten Hubwerkbremsen verglichen. Es zeigte sich: 22 antriebstechnik 2024/05 www.antriebstechnik.de
KUPPLUNGEN UND BREMSEN Durch den Einsatz einer speziellen Zahnradpumpe ließ sich das beim Schließen zu verdrängende Ölvolumen erheblich reduzieren. „Das verleiht der Bremse eine bis dato kaum vorstellbare Dynamik. Wir konnten Schließzeiten von weniger als 0,08 Sekunden messen“, berichtet Ohler. Aus der Reaktionsschnelligkeit und Flexibilität der Bremse ergeben sich weitreichende funktionelle, sicherheits- und wartungstechnische Vorteile für das Antriebsaggregat. Der geringere Ölbedarf und der stromsparende Drucklos-Modus, in den die Bremse nach dem Öffnen schaltet, senken außerdem die Betriebskosten und verkleinern den ökologischen Fußabdruck. OHNE FLANKENWECHSEL KEIN PITTING Da das neue Lüftgerät von Ringspann die Möglichkeit bietet, die Schließzeiten zu variieren, lässt sich mit seiner Hilfe der Zahnflankenwechsel im Hubwerkgetriebe eliminieren. Dies löst ein Problem, das Konstrukteure von Hubwerken immer wieder haben. „Ein Zahnflankenwechsel tritt immer dann auf, wenn zuerst auf der ‚falschen‘ Seite gebremst wird. Beim Heben muss die Bremswirkung zuerst auf der Getriebeseite einsetzen, da die treibende Kraft der Motor ist“, erklärt Ohler und fährt fort: „Beim Senken hingegen ist die treibende Kraft der Kranhaken mit der Last. Da der Motor dieser Kraft nur folgt, ist zuerst auf seiner Seite zu bremsen. Über die Variation der Schließzeit kann sichergestellt werden, dass immer rechtzeitig auf der gegenüberliegenden Seite der treibenden Kraft gebremst wird, sodass die Zahnpaare permanent auf Tuchfühlung bleiben und nicht gegeneinanderschlagen können.“ Das Getriebe wird unabhängig von der Fahrtrichtung zwischen Antriebsmotor und der Seilwinde entlastet: Ein schädlicher Flankenwechsel der Getriebezahnräder ist ausgeschlossen. Dies verhindert die Bildung von Rissen und Grübchen (Pitting) an den Kontaktflächen der Zahnradpaare, reduziert die Ausfallzeiten durch Reparaturen und erhöht die Standzeiten des Getriebes erheblich. Darüber hinaus werden Betriebsgeräusche des Hubwerks reduziert und schädliche Vibrationen vermieden. WENIGER LASTSPITZEN Die neuartige Steuereinheit von Ringspann bringt weitere wichtige Entlastungen: Über mehrere Ventile ist eine Vorauswahl der im Hubwerk eingesetzten Nothalte-Bremsen möglich. Die erforderlichen Bremskräfte können dadurch an die Fahrgeschwindigkeit und die Last angepasst werden. Der Anwender kann zwei verschiedene Schließzeiten einstellen, um den Sicherheitsfaktor der Not-Stopp- und Betriebsbremsen optimal auf das tatsächliche Fahrgeschehen abzustimmen. Ohler sagt: „Das Resultat ist eine Reduzierung der Lastspitzen auf die gesamte Kranstruktur – insbesondere der Lager und Getriebe.“ Anwender können die bremstechnischen Neuerungen von Ringspann sehr einfach integrieren. Das neue Lüftgerät ist eine kompakte, analoge Einheit – relativ leicht ausgeführt, wartungsfreundlich und ganz ohne elektronische Bauteile (Platinen). Es lässt sich mit wenigen Handgriffen an die Stelle des bisherigen Lüftgeräts setzen. Fast alle weiteren Einstell- und Instandhaltungsarbeiten daran lassen sich ohne seinen Ausbau aus der Bremse realisieren. Ein weiterer Vorteil: Mit wenigen Lüftgeräte- Ausführungen lassen sich viele Bremsen unterschiedlicher Baugrößen ausrüsten. Die Variantenreduktion vereinfacht das Ersatzteilmanagement, erleichtert dem Anwender den Knowhow-Aufbau für alle MRO-Arbeiten und reduziert den Aufwand für die Lagerhaltung. Ähnlich verhält es sich mit der neuen Steuerung. Sie besteht komplett aus Komponenten von Ringspann und lässt sich durch kleine Modifikationen am Lüftgerät rasch einsetzen. Die hartver- 01 Das neue Lüftgerät für die elektrohydraulischen Scheiben- und Trommelbremsen ermöglicht variable Schließzeiten und eliminiert schädliche Zahnflankenwechsel im Hubwerkgetriebe 02 Das schnelle Lüftgerät ist ausgelegt für elektrohydraulische Bremsen der DX-, DS- und DT-Serien von Ringspann, die auf der Motorseite der Kranhubwerke montiert sind 02 drahtete Lösung entspricht zudem höchsten Sicherheitsstandards und lässt sich ebenfalls einfach tauschen oder nachrüsten. „Dabei sind die Anforderungen an die Datenschnittstelle beim Kunden schlicht“, erläutert Ohler. „Unsere neue Steuereinheit benötigt nur ein einziges Signal: Läuft das Hubwerk im Senk- oder Hebebetrieb?“ Bilder: Ringspann; Amarinj – stock.adobe.com www.ringspann.com DIE IDEE „Unsere beiden Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Bremsentechnik haben das Zeug dazu, die Konstruktion von Schwerlast-Hubwerken zu revolutionieren, wie sie in Industrieund Hafenkranen zum Einsatz kommen. Mit dem extrem schnellen Lüftgerät und der intelligenten Steuerung können Konstrukteure einen erheblichen Mehrwert für Kunden schaffen. Die Neuerungen sorgen für mehr Sicherheit bei dynamischen Anwendungen, sparen Kosten und schonen Ressourcen im Vergleich zu bisherigen Aggregaten. Mit der einfach zu integrierenden Komplettlösung trägt Ringspann den wachsenden Leistungs- und Qualitätsanforderungen im modernen Kranbau Rechnung.“ Martin Ohler, Business Developer Brakes, Ringspann GmbH, Bad Homburg www.antriebstechnik.de antriebstechnik 2024/05 23
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