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ONKOLOGIE<br />
Service<br />
28 5|11<br />
medizin<br />
Studie mit neuem Medikament gegen Prostatakrebs<br />
Krainer: „Die gemeinsameAnwendung<br />
von immunmodulatorischen<br />
Medikamenten und<br />
Docetaxel könnte<br />
einen Tumor von<br />
zwei Seiten gleichzeitig<br />
angreifen“<br />
Ein neuer Typ von Medikamenten für die Behandlung des hormonresistenten<br />
Prostatakarzinoms wird derzeit von der Arbeitsgruppe Urologische Tumore an<br />
der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin I untersucht. Im Rahmen einer<br />
klinischen Studie wird die derzeit übliche Chemotherapie mit einem neuen<br />
Wirkstoff – Lenadolimid – kombiniert.<br />
� „Wir hoffen darauf, damit die Wirkung eine mögliche Wirksamkeit dieser Subs-<br />
der medikamentösen Therapie beim Prostanzklasse geliefert.<br />
tatakarzinom erhöhen zu können“, sagte Die neue Studie ist eine große Untersu-<br />
der Koordinator der Studiengruppe, Michung der Phase III auf Wirksamkeit. Die<br />
chael Krainer, gegenüber der Austria Pres- Probanden erhalten zusätzlich zur etablierse<br />
Agentur.<br />
ten Chemotherapie mit der Substanz Doce-<br />
Lenadolimid gehört zu den sogenannten taxel sowie Cortison auch noch zusätzlich<br />
Immunmodulatoren. Der Wirkstoff ist ähn- die neue Substanz. Immunmodulatorische<br />
lich dem Contergan-Wirkstoff Thalidomid. Medikamente wirken auf vielfältige Weise.<br />
Lenadolimid ist aber wesentlich wirksamer Sie können natürliche Killerzellen gegen Tu-<br />
und hat ein besseres Verträglichkeitsprofil more aktivieren oder auch die Entstehung<br />
<strong>als</strong> die Muttersubstanz. In der Anwendung von Blutgefäßen in Tumoren hemmen.<br />
beim Prostatakrebs gibt es natürlich kein Krainer: „Sie wirken auf ganz andere Weise<br />
Missbildungsrisiko für Ungeborene. Das <strong>als</strong> das etablierte Chemotherapeutikum<br />
Medikament wurde vom US-Unternehmen Docetaxel. Die gemeinsame Anwendung<br />
Celgene entwickelt und bereits im Jahr beider Mittel könnte einen Tumor <strong>als</strong>o von<br />
2007 in der EU zur Behandlung von Kno- zwei Seiten gleichzeitig angreifen.“<br />
chenmarkkrebs zugelassen. Bei der Be- Insgesamt werden weltweit mehr <strong>als</strong> 1000<br />
handlung von Prostatakarzinomen, die auf Patienten in diese Studie aufgenommen.<br />
die herkömmliche antihormonelle Thera- Österreich ist mit vier Zentren beteiligt –<br />
pie nicht oder nicht mehr ansprechen, ha- neben dem Wiener AKH auch das Kranben<br />
erste klinische Studien Hinweise auf kenhaus der Barmherzigen Brüder in der<br />
In Österreich fehlt eine adäquate Krebsrehabilitation<br />
In Österreich erkranken pro Jahr in etwa 36.000 Menschen an Krebs.<br />
300.000 Patienten leben mit dieser Diagnose. Doch ausreichende Rehabilitationsangebote<br />
nach der eigentlichen Therapie auf Sozialversicherungskosten<br />
gibt es für sie fast nicht. „Wir würden pro Jahr einige Tausend Plätze benötigen“,<br />
klagt Chris<strong>top</strong>h Wiltschke von der Klinischen Abteilung für Onkologie<br />
der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin I.<br />
Der Fachmann über die in Österreich offenbar existierende Diskrepanz zwischen<br />
von Spitalerhaltern und Krankenkassen bezahlter Therapie bei Krebserkrankungen<br />
und den mangelnden speziellen Rehabilitationskapazitäten: „Manche<br />
Krebstherapien kosten mehrere 100.000 Euro. Da ist das Geld da. Drei<br />
Wochen onkologische Rehabilitation kosten 5000 bis 6000 Euro. Wir sitzen<br />
permanent an einer Stelle, an der wir Menschen etwas geben wollen, was<br />
eine dramatische Besserung ihrer Lebensqualität ermöglicht, können es aber<br />
nicht.“<br />
Dahinter stecken offenbar zwei verschiedene Ursachen. Wiltschke, seit 30<br />
Jahren in der Krebsmedizin tätig, über historische Gründe: „Es war lange Zeit<br />
so, dass Krebserkrankungen sehr rasch und sehr rasch tödlich verliefen,<br />
wenn man sie nicht im Frühstadium durch Operation heilen konnte. Das hat<br />
sich in den vergangenen 20 Jahren geändert. Wir haben jetzt 80 Prozent der<br />
Patienten, die entweder gesund werden oder sehr lange krank sind. Da<br />
braucht man eine Art Übergangsbehandlung mit Physiotherapie, psychologischer<br />
und sozialmedizinischer Betreuung. Das kann man nicht an medizi<br />
Bundeshauptstadt und je ein Zentrum in<br />
Salzburg und Graz.<br />
Prostatakrebs ist weltweit die dritthäufigste<br />
Krebsart und unter Männern weltweit<br />
die sechsthäufigste Todesursache aller<br />
Krebsarten. Jedes Jahr wird bei 670.000<br />
Männern Prostatakrebs diagnostiziert.<br />
Prostatakrebs machte im Jahr 2008 bei<br />
den Männern in Österreich mit ungefähr<br />
4400 Fällen ein knappes Viertel aller bösartigen<br />
Neubildungen aus.<br />
In etwa jeder neunte Krebstodesfall war<br />
bei den Männern auf Prostatakrebs zurückzuführen.<br />
Die Rate der Sterblichkeit<br />
an Prostatakrebs reduzierte sich in den<br />
vergangenen zehn Jahren in Österreich<br />
aber um 22 Prozent. Eine mögliche Erklärung<br />
wären die vermehrten Früherkennungsuntersuchungen<br />
inklusive Bluttests<br />
auf PSA. �<br />
Service: Die Wissenschafter suchen Probanden.<br />
Interessenten wird die Kontaktaufnahme<br />
mit dem Koordinationsbüro<br />
(Medizinische Universität Wien, Dagmar<br />
Liebhart, Tel.: 40 400/572 DW, zur<br />
Klärung der Eignung für die Studienteilnahme<br />
empfohlen.<br />
nischen Zentren machen. Es gibt zahllose Studien, die gezeigt haben, dass<br />
man durch Rehabilitation die Lebensqualität der Betroffenen dramatisch verbessern<br />
kann.“ Es ginge darum, den Krebspatienten so zu helfen, dass sie „in<br />
ihr Leben zurückkommen“ könnten.<br />
Hinzu kommt – so der Onkologe – eine Sozi<strong>als</strong>ystemproblematik: Die Rehabilitation<br />
wird nicht von den Krankenkassen, sondern von der Pensionsversicherungsanstalt<br />
gewährleistet. Dort wurden traditionell wiederum am ehesten<br />
„organspezifische“ Rehabilitationseinrichtungen geschaffen: für Herz-KreislaufPatienten<br />
sowie für Kranke mit Leiden des Bewegungs und des Stützapparats.<br />
Für das breite Feld der Krebserkrankungen – hier bildet beispielsweise<br />
die Psychoonkologie eine Klammer über für einzelne Erkrankungen<br />
spezielle Rehabilitationsmaßnahmen hinweg – gibt es in Österreich nur einige<br />
wenige Einrichtungen.<br />
Wiltschke: „Wir müssten uns nur ziemlich gute Beispiele aus Ländern wie<br />
Deutschland, Frankreich, Italien und den USA ansehen. Hier haben wir in Österreich<br />
einen gewissen Nachholbedarf.“ Dies klingt nach Untertreibung. Der<br />
Onkologe: „In Deutschland gibt es mehr <strong>als</strong> 50 Kliniken, die onkologische Rehabilitation<br />
machen.“ Bei einer Informationsveranstaltung im Februar 2010 in<br />
Wien war gar von in Deutschland 200 Vertragskliniken für diesen Bereich und<br />
pro Jahr dort durchgeführten 150.000 Rehabilitationsmaßnahmen die Rede.<br />
Ohne Änderungen der Rahmengesetzgebung in Österreich werde hier kaum<br />
eine Änderung der Situation zu schaffen sein, meinte der Fachmann.