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VORSORGE<br />
� Die Wissenschafter haben ihre Studie<br />
in der Fachzeitschrift Vaccine publiziert.<br />
Der Hintergrund: Im August 2007 begann<br />
in Österreich im Rahmen des kostenlosen<br />
Impfprogramms für Kinder der breite Einsatz<br />
der Vakzine gegen Rotavirus-Infektionen.<br />
Die Erreger lösen vor allem bei Babys<br />
schwere Durchfallerkrankungen aus,<br />
die sogar eine Aufnahme im Krankenhaus<br />
notwendig machen können.<br />
Weltweit rechnet man mit jährlich 111<br />
Millionen Rotavirus-Erkrankungen bei<br />
Kindern im Alter bis zu fünf Jahren, in Europa<br />
mit 2,8 Millionen. Während schlechte<br />
Versorgung in den Entwicklungsländern<br />
für den Großteil der weltweit ungefähr<br />
440.000 Todesfälle verantwortlich ist, betrug<br />
die Mortalitätsrate in Österreich bei<br />
geschätzten jährlichen 44.900 Infektionen<br />
1:54.000. Doch: Bei einer Hospitalisierung<br />
kann man mit 1500 bis 2400 Euro an<br />
Kosten rechnen. In der ambulanten ärztlichen<br />
Betreuung sind es 140 bis 200<br />
Euro. Die indirekten Kosten, wenn die<br />
Mutter zwei Tage zu Hause bleibt, liegen<br />
bei ebenfalls mindestens mehr <strong>als</strong> 100<br />
Euro. Jährlich wurden in Österreich ehem<strong>als</strong><br />
an die 5000 Kinder mit schweren Rotavirus-Darminfektionen<br />
im Spital aufgenommen.<br />
Das dürfte um die zehn Millionen<br />
Euro gekostet haben.<br />
Diese Problematik konnte mit der Rotavirus-Impfung<br />
in Österreich jedenfalls erfolgreich<br />
bekämpft werden. Kollaritsch:<br />
„Im Jahr 2008 waren bereits 87 Prozent<br />
der Kinder durch Impfung vor der Infektion<br />
geschützt. Gleichzeitig reduzierte sich<br />
die Zahl der Spit<strong>als</strong>aufnahmen um 74 Prozent<br />
in der Altersgruppe der im Beobachtungszeitraum<br />
impfbaren Kinder.<br />
Ersparnis von Kosten<br />
Kollaritsch und die weiteren Autoren der<br />
Studie: „Die Rotavirus-Impfkampagne im<br />
Rahmen des öffentlichen Kinder-Immunisierungsprogramms<br />
hat im Jahr 2009 zu<br />
einem weiteren Rückgang der Hospitalisierungen<br />
wegen solcher Infektionen geführt.<br />
Diese Abnahme erfolgte nicht nur in<br />
der Gruppe der immunisierten Kinder,<br />
sondern auch bei den Kindern, welche<br />
medizin<br />
Service<br />
Rotavirus-Impfung schützt auch nicht immunisierte Kinder<br />
Die Rotavirus-Impfung wirkt. Sie hat in Österreich zu einer drastischen Reduktion<br />
der Spit<strong>als</strong>aufnahmen von Kindern wegen schwerer Durchfallerkrankungen<br />
durch Rotavirus-Infektionen geführt. Und sie schützt in Form einer<br />
„Herdenimmunität“ sogar ungeimpfte Babys, weil die Erreger nicht mehr so<br />
oft „im Umlauf“ sind. Dies haben jetzt Experten des Instituts für Spezifische<br />
Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien unter Herwig<br />
Kollaritsch nachgewiesen.<br />
Daten und Fakten<br />
Die an der Studie beteiligten Fachleute beobachteten<br />
die Entwicklung rund um die<br />
RotavirusInfektionen in Österreich weiter<br />
und analysierten die Daten aus dem Jahr<br />
2009 im Vergleich zum Zeitraum 2001 bis<br />
2005 (vor der Impfung) und zum Jahr<br />
2008.<br />
Hier die Ergebnisse:<br />
n Im ganzen Jahr 2009 wurden hochgerechnet<br />
1441 Kinder (bis 15 Jahre)<br />
wegen RotavirusInfektionen in österreichischen<br />
Spitälern aufgenommen.<br />
Vor Einführung der Impfung waren es<br />
im Durchschnitt etwa 4500 bis 5000<br />
Kinder, die pro Jahr wegen dieser Erkrankung<br />
im Spital landeten.<br />
n Bei den Kindern unter zwölf Monaten<br />
gab es eine Reduktion der Krankenhausaufnahmen<br />
um 79 Prozent im Vergleich<br />
zur Zeit vor der Impfung, und<br />
2009 noch einmal um minus 30 Prozent<br />
im Vergleich zum Jahr 2008.<br />
n In der Altersgruppe zwischen einem<br />
und zwei Jahren reduzierte sich die<br />
Zahl der RotavirusHospitalisierungen<br />
um 76 Prozent im Vergleich zur Zeit vor<br />
der Impfung und um 72 Prozent im<br />
Vergleich zu 2008.<br />
n Bei den Kindern zwischen zwei und<br />
fünf Jahren verringerte sich die Hospitalisierungsrate<br />
um 35 Prozent und um<br />
45 Prozent im Vergleich zu 2008. Da<br />
diese Kinder niem<strong>als</strong> gegen die Infektion<br />
geimpft wurden, sind die Reduktion<br />
der Erkrankungszahlen in dieser Gruppe<br />
Ausdruck eines indirekten Schutzes<br />
durch die bereits geimpften Kinder<br />
(„Herdenimmunität“).<br />
noch zu jung oder bereits zu alt für die<br />
Impfung waren. Das signalisiert eindeutig<br />
eine ‚Herdenimmunität‘“ (siehe Kasten).<br />
Eindeutig belegt ist damit der extrem positive<br />
Effekt der Rotavirus-Impfung in Österreich.<br />
Vor allem die Spit<strong>als</strong>erhalter – zumeist<br />
die Bundesländer – ersparen sich<br />
dadurch hohe Kosten. Experten fordern allerdings<br />
seit Jahren auch die Aufnahme der<br />
Baby-Pneumokokken-Impfung in das Programm<br />
der öffentlichen Hand. Dies scheiterte<br />
bislang aus Kostengründen. Österreich<br />
liege hier hinter den meisten vergleichbaren<br />
und auch ärmeren Ländern<br />
zurück, wurde betont. Pneumokokken-<br />
Infektionen können zu lebensgefährlichen<br />
Komplikationen führen. Auch die Empfehlung<br />
des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates,<br />
zumindest die österreichischen<br />
Mädchen gegen das Human Papilloma Virus<br />
(HPV) zur Verhinderung von Gebärmutterh<strong>als</strong>krebs<br />
kostenlos zu impfen, wurde<br />
bisher österreichweit nicht umgesetzt.<br />
Erhebliche Impflücken<br />
Wie überhaupt das in Österreich von Politikern<br />
häufig beschworene „beste Gesundheitswesen<br />
der Welt“ scheinbar auf die<br />
Impfungen, und hier speziell bei Kindern,<br />
gerne vergisst.<br />
Auch bei den Gratiskinderimpfungen, wie<br />
Masern/Mumps/Röteln, liegt Österreich<br />
nämlich deutlich hinter den von der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) geforderten<br />
Durchimpfungsraten. Ursula Wiedermann-Schmidt,<br />
Leiterin des Instituts für<br />
Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin<br />
der Medizinischen Universität Wien:<br />
„Die Ursachen dafür dürften vielschichtig<br />
sein. Zum einen haben viele Infektionskrankheiten,<br />
die mit den Impfungen erfolgreich<br />
bekämpft wurden, ihren Schrecken<br />
verloren. Dadurch sind heutzutage<br />
leider die Ängste vor Impfnebenwirkungen<br />
größer <strong>als</strong> vor den Erkrankungen. Darüber<br />
hinaus lehnen manche Bevölkerungsgruppen<br />
kategorisch aus religiösen oder<br />
philosophischen Gründen, zum Beispiel<br />
Anthroposophen, Impfungen ab. Sozial<br />
schlechtergestellte Personen haben nicht<br />
immer ausreichenden Zugang zur Impfversorgung,<br />
besonders wenn es sich um<br />
Impfungen handelt, die nicht im Gratisimpfkonzept<br />
enthalten sind.“ �<br />
Kollaritsch: „Im<br />
Jahr 2008 waren<br />
bereits 87 Prozent<br />
der Kinder durch<br />
Impfung gegen<br />
Rotavirus-Infektionen<br />
geschützt“<br />
Wiedermann-<br />
Schmidt: „Heutzutage<br />
fürchtet man<br />
sich mehr vor Impfnebenwirkungen<br />
<strong>als</strong> vor den Krankheiten“<br />
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