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MOLEKULARBIOLOGIE
Service
0 5|11
medizin
Neuer Weg zur Aktivierung des bakteriellen Immunsystems entdeckt
Charpentier: „Wir
konnten feststellen,
dass der Mechanismus
die Bakterien
auch vor der Übertragung
weiterer
Krankheitsfaktoren
durch Viren
schützt“
PSYCHIATRIE
Auch Mikroorganismen können durch Viren infiziert werden. Sie entwickeln dabei
Abwehrmechanismen, um feindlichen Angriffen zu widerstehen. Ein wichtiger
Teil der Aktivierung des mikrobiellen Immunsystems ist die Reifung kurzer
RNA-Moleküle (crRNAs).
� Emmanuelle Charpentier, ehemals nannte Spacer – Abschnitte, die spezifisch
Gruppenleiterin an den Max F. Perutz La- fremde Gene erkennen und deren Zerstöboratories
(MFPL) der Universität Wien rung bestimmen. Der CRISPR/Cas-Mecha-
und jetzt am schwedischen Laboratory for nismus ist erst seit wenigen Jahren be-
Molecular Infection Medicine Sweden kannt, viele Details um seine Regulation
(MIMS) der Universität Umea tätig, hat ge- und Mechanismen sind noch unklar. Völlig
meinsam mit ihrem Team und den Kolle- neue Erkenntnisse lieferte nun die Forginnen
und Kollegen am Institut für Moleschungsgruppe von Charpentier.
kulare Infektionsbiologie (IMIB) der Uni- Wenn Bakterien und Archaeen Virus- oder
versität Würzburg einen neuen Weg zur Plasmid-Angriffen ausgesetzt sind, werden
Aktivierung der crRNAs gefunden. kurze Stücke der feindlichen DNA in das
Die in Nature präsentierten Ergebnisse Bakterium injiziert und in den CRISPR-Gen-
werfen neues Licht auf die Übertragung komplex eingebaut. Diese Veränderung des
von Virulenz bei Krankenhauskeimen und Genoms führt zur Umprogrammierung der
die Immunität von Bakterienstämmen bei mikrobiellen Wirtszelle, welche die einge-
der Herstellung von Milchprodukten. Der bauten Genabschnitte als immunologisches
Hintergrund: Um sich gegen eine Infektion Gedächtnis nutzt und der Zelle auch Immu-
zu schützen, entwickeln Mikroorganismen nität gegen künftige Infektionen mit den
ein ausgeklügeltes Abwehrsystem. CRISPRs gleichen feindlichen Genen verleiht.
(Clustered Regularly Interspaced Short Pa- Nach dem Einbau kommt es zur crRNAlindromic
Repeats) sind Genabschnitte für Reifung, wobei der veränderte genomische
ein Protein (Cas) und zusätzliche soge- CRISPR-Komplex in der Wirtszelle in RNA-
Experten fordern Ansätze in Richtung integrierte Therapie
Musalek: „Die
‚Zwei-Welten-Theorie‘
einer Trennung
von Psyche und
Körper ist nicht
mehr aufrechtzuerhalten“
Ein Viertel der Menschen entwickelt in ihrem Leben eine psychiatrische Erkrankung.
Im Vergleich dazu werden Psychiatrie und deren Patienten von Gesellschaft
und Politik oft stiefmütterlich behandelt. Eine Gegendarstellung
dazu bot der Europäische Kongress für Psychiatrie vom 12. bis 15. März 2011
im Austria Center Vienna.
� Michael Musalek, Präsident der Öster- zur Evidenz-basierten Medizin, die zu eireichischen
Gesellschaft für Psychiatrie und ner Human-basierten Medizin werden
Psychotherapie, verwies dazu im Gespräch soll.“ Der Hintergrund: In den vergan-
mit der Austria Presse Agentur auf die Notgenen 15 Jahren gab es in der Medizin,
wendigkeit ausreichender, leicht zugäng- auch in der Finanzierung der Patientenverlicher
und integrierter Therapieangebote. sorgung, eine zunehmende Tendenz dazu,
Der European Congress of Psychiatry (EPA ausschließlich nur das anzuerkennen, was
2011) fand zum ersten Mal in Wien statt. durch medizinische Studien eindeutig be-
Das Motto lautete: „Translating Research wiesen werden konnte (Evidenz).
into Care“. Musalek, der auch Mitglied des Für den Wiener Psychiater greift das aller-
Exekutivkomitees des Europäischen Verdings zu kurz: „Wir müssen von der Diabands
der Gesellschaften für Psychiatrie gnose und Therapie eines ‚Krankheits-
ist, zu den wichtigsten Diskussionsthemen konstrukts‘ wegkommen und hinkommen
bei dem Kongress und in der Psychiatrie zur Berücksichtigung der ganzen Komple-
allgemein: „Eine große Diskussion gibt es xität des einzelnen Patienten.“ Wissen-
Moleküle übersetzt wird. Diese RNA-
Moleküle werden in spezifische Sequenzen
gespalten, und im letzten Schritt der
Immunreaktion, dem sogenannten Stilllegen
der fremden Gene, erkennen diese
kurzen crRNA-Stückchen das Fremdgenom
wieder und führen es der zellulären
Abbaumaschine zur Zerstörung zu.
Bisher ging man davon aus, dass bei allen
Reaktionen dieses Immunsystems die Aktivierung
durch das Cas-Protein ausreicht. Die
neuesten Forschungsergebnisse zeigen aber
jetzt, dass zusätzliche Faktoren im Wirtsgenom
für die Aktivierung des CRISPR-Mechanismus
benötigt werden, die an RNA-Interferenz
bei höheren Organismen erinnern.
„Der neu entdeckte Reaktionsweg schützt
die Bakterien davor, von Phagen abgetötet
zu werden“, sagt Charpentier. „Wir konnten
feststellen, dass dieser Mechanismus
die Bakterien auch vor der Übertragung
weiterer Krankheitsfaktoren durch Viren
schützt, zum Beispiel bei Antibiotikaresistenzen.
Somit könnte CRISPR auch einen
alternativen Ansatz zur Bekämpfung von
resistenten Krankheitserregern in Kliniken
eröffnen.“ �
schaftliche Beweise könnten nur die notwendige
Basis für eine individuelle Betreuung
des Patienten darstellen. So gehe zum
Beispiel die Psychotherapie in Richtung
integrierte Behandlungsformen, die „Zwei-
Welten-Theorie“ einer Trennung von Psyche
und Körper sei nicht aufrechtzuerhalten.
Auch die ehemals moderne Konstruktion
eines neuen Fachgebiets, der Psychosomatik,
könne die Erfordernisse nicht
erfüllen. Musalek: „Zwischen Geist und
Körper gibt es keine dritte Ebene, die Psychosomatik.
Es gibt nur den gesamten
Menschen.“
Das wissenschaftliche Programm bei dem
Kongress gestaltete sich aus Plenarvorträgen,
Symposien, Workshops, Pro- und
Kontradebatten sowie Symposien führender
pharmazeutischer Unternehmen. Doch
es ging auch um versorgungspolitische
Fragen. �