Donaugeschichten - Danube Box
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Mehr <strong>Donaugeschichten</strong><br />
Die Bulgarischen Gärtner in Wien<br />
Zahlenmäßig waren die Bulgaren in Österreich unbedeutend, doch die Konzentration auf ein<br />
Gewerbe, den Gartenbau, ließ sie zu einer im Stadtbild auffallenden und für die Versorgung<br />
der Wiener wichtigen Gruppe werden. Ende des 19. Jahrhunderts kamen sie als Saisonarbeiter<br />
aus Bulgarien auf der Donau nach Wien. Einige kauften Grundstücke, bauten Gemüse an und<br />
beschäftigten wiederum bulgarische Saisonarbeiter, die den Weg zwischen Arbeit und Heimat<br />
stets mit Schiffen auf der Donau via Wien oder Bratislava zurücklegten. Aber auch in anderen<br />
Teilen Österreichs wie im burgenländischen Seewinkel (damals noch zur ungarischen<br />
Reichshälfte der Monarchie zählend), in Wiener Neustadt, Graz, Linz und Salzburg siedelten<br />
sie sich als Gemüseproduzenten an.<br />
Die Bulgaren brachten hoch entwickelte Techniken im Gemüseanbau mit, neue Arbeitsgeräte<br />
und vor allem raffinierte Bewässerungssysteme. So konnten sie auf in Österreich als<br />
„unwirtschaftlich” bezeichneten Böden, noch beachtliche Ernten einbringen. Sie führten<br />
neben neuen Arbeitstechniken auch bislang unbekannte Produkte auf den Märkten ein, wie<br />
den Speisepaprika, die Frühlingszwiebel, Porree und die Melanzani/Aubergine. Dieses<br />
neuartige Gemüse lehnten die österreichischen Kunden anfangs ab, daher mussten die<br />
Verkäufer, wie Petar pop Nikolov, ein berühmter bulgarischer Wandergärtner, zu<br />
Verkauftstricks und viel Überredungskunst greifen: So bereiteten sie Auberginen-Gerichte<br />
direkt am Markt zu oder lieferten Rezepte mit.<br />
Die Konkurrenz belebte das Geschäft, auch wenn es zwischenzeitlich zu Konflikten zwischen<br />
den bulgarischen und den alteingesessenen Gemüsegärtnern kam. Viele bulgarische Familien<br />
blieben im Land und wurden nach 1945 österreichische Staatsbürger.<br />
Das sogenannte „Ägyptische System”<br />
Der unschlagbare Erfolg der Bulgarischen Gärtner gründete sich auf ihrem ausgeklügelten<br />
Bewässerungssystem. Sie brachten es aus ihrer vergleichsweise trockenen Heimat mit, wo mit<br />
Wasser sorgsam umgegangen werden musste. Diese Art der Wasser sparenden Bewässerung<br />
wird heute noch in vielen Mittelmeerländern praktiziert. Statt großflächig zu beregnen,<br />
setzten die Bulgaren auf ein gut durchdachtes Rinnensystem mit einem leichten Gefälle.<br />
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