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Flora von Österreich - Gesellschaft zur Erforschung der Flora ...

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obwohl die Wuchshöhe gemeint ist. Wie ist <strong>der</strong> Stängel definiert? Ist denn die terminale Infloreszenz<br />

Teil des „Stängels“?<br />

Ungenaue und unklare Ausdrucksweise: Häufiger noch als Missverständnisse wegen<br />

verschiedener Definition <strong>von</strong> Fachausdrücken (3.5) sind unexakte bis falsche Anwendungen<br />

morphologischer und phytographischer Begriffe. Zum einen verursacht die Divergenz zwischen<br />

Morphologie und Phytographie Verständnisschwierigkeiten: Morphologisch ist <strong>der</strong><br />

Blattstiel Teil des Laubblattes, phytographisch meist nicht. Bezieht sich die Angabe „Blätter<br />

15–25 cm lang“ auf das morphologische o<strong>der</strong> auf das phytographische Blatt, d. h. mit o<strong>der</strong><br />

ohne Blattstiel? Die phytographisch übliche Formulierung „Blatt sitzend“ ist morphologisch<br />

genau genommen unrichtig, gemeint ist ja das Fehlen des Blattstiels, es „sitzt“ also die Spreite.<br />

Dementsprechend wird <strong>der</strong> Spreitengrund zuweilen fälschlich „Blattgrund“ genannt. – Die<br />

beiden auf demselben Knoten sitzenden Blätter im Fall <strong>von</strong> Dekussation bilden – in morphologischer<br />

Sicht – einen Wirtel. Der „Quirl“ <strong>der</strong> Phytographie ist etwas an<strong>der</strong>es, denn er umfasst<br />

mindestens 3 Blätter. „Digitat“ ist in <strong>der</strong> Morphologie ein Son<strong>der</strong>fall <strong>von</strong> pinnat, in <strong>der</strong><br />

Phytographie hingegen sind dies nebengeordnete Begriffe. – Die Borke sollte nicht Rinde<br />

genannt werden, weil dies fachsprachlich nicht dasselbe ist. – Nicht alle Tragblätter sind<br />

Deckblätter: Die in <strong>der</strong> Phytographie übliche Verwendung <strong>der</strong> Bezeichnung „Tragblatt“ ausschließlich<br />

für Blütentragblätter ist ungünstig, zumal es dafür den Ausdruck „Deckblatt“ gibt.<br />

Manche sagen sogar zu jedem Hochblatt „Tragblatt“, auch wenn es gar keines ist.<br />

Stets sorgfältig zu beachten ist die Unterscheidung zwischen „lineal-lanzettlich“ (o<strong>der</strong><br />

„lineallanzettlich“ = Blattgestalt zwischen linealisch und lanzettlich) und „linealisch bis lanzettlich“<br />

(Schwankung zwischen linealisch und lanzettlich). (Vgl. dazu die Unterscheidung<br />

zwischen Strecken- und Bindestrich – unter 3.8.)<br />

Einige falsch verwendete Bezeichnungen beruhen auf Schlamperei (Denkfaulheit?):<br />

Selbstverständlich sind Achse und Spross nicht dasselbe – die eine ist Teil des an<strong>der</strong>en –, was<br />

manche Florenschreiber nicht daran hin<strong>der</strong>t, beide Wörter synonym zu verwenden. Man sollte<br />

natürlich auch zwischen dem Zweig (ein Spross, d. h. eine Achse mit daran sitzenden Blättern)<br />

und dessen Achse (Zweigachse, in EFÖLS „Ast“ genannt) unterscheiden, was den Florenverfassern<br />

keinesfalls selbstverständlich ist. – Harmloser sind <strong>von</strong> <strong>der</strong> Definition abweichende<br />

Verwendungen mancher Wörter: Die Laubblätter <strong>von</strong> Sedum sexangulare haben einen<br />

basalen Höcker, <strong>der</strong> entgegen <strong>der</strong> Definition („hohle Aussackung“) meist als Sporn bezeichnet<br />

wird.<br />

Gewisse Bezeichnungen sind vom Umfeld abhängig, sie haben in verschiedenen Familien<br />

verschiedene Bedeutung. So muss ein „Schnabel“ an <strong>der</strong> Cruciferen-Schote wohl mindestens<br />

2 mm lang sein, um einer zu sein; bei den Umbelliferen hingegen genügt weniger als<br />

ein Millimeter. Den naiven Schlüsselbenützer (Anfänger!) sollte man darauf deutlich hinweisen!<br />

Großes Ärgernis bereiten die ungenauen Farbbezeichnungen, die sich an kein System<br />

halten, oft unlogisch und inkonsistent sind und oft einem unklaren Alltagsgebrauch folgen.<br />

Für eine exakte <strong>Flora</strong> ist die genaue Festlegung <strong>der</strong> verwendeten Farbbegriffe erfor<strong>der</strong>lich –<br />

eine For<strong>der</strong>ung, <strong>der</strong> kaum eine <strong>Flora</strong> nachkommt (die Mykologen sind da besser!). Die Farbe<br />

purpurn fehlt zwar im physikalischen Spektrum, liegt jedoch sinnesphysiologisch genau<br />

zwischen den beiden Enden des Spektrums, also zwischen rot und violett. Die Bezeichnung<br />

„purpurn“ hat eine lange Tradition, auch in <strong>der</strong> Phytographie, ist aber son<strong>der</strong>barerweise in<br />

neuerer Zeit anscheinend tabu geworden. Dies bewirkt die absurde Situation, dass diese bei<br />

den Blüten <strong>der</strong> europäischen <strong>Flora</strong> recht häufige Farbe keinen Namen hat und ersatzweise<br />

ganz verschiedene an<strong>der</strong>e Bezeichnungen verwendet werden, etliche darunter falsch und irreführend:<br />

„violett“, „lila“, „rosa“, „rot“; an<strong>der</strong>e umständlich, unklar und unnötig: „blaurot“,<br />

„zyklamenfarben“, „pink“, „magenta“. Angemerkt sei, dass im Englischen „purple“ auch<br />

violett einschließt o<strong>der</strong> sogar nur dies bedeutet – was die Situation nicht übersichtlicher<br />

macht.<br />

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