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Flora von Österreich - Gesellschaft zur Erforschung der Flora ...

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werden). – Formulierungen wie „mindestens bis zu ⅓ zerschlitzt“ sind missverständlich, weil<br />

nicht klar ist, <strong>von</strong> wo aus (<strong>von</strong> unten o<strong>der</strong> <strong>von</strong> oben) die Drittel gezählt werden: erstes Drittel<br />

<strong>von</strong> unten o<strong>der</strong> <strong>von</strong> oben?<br />

Missverständnisse sind bei Aufzählungen („LB u. PerigonB u’seits behaart“ – worauf<br />

bezieht sich „u’seits“?), insbeson<strong>der</strong>e bei schlecht formulierten Negationen möglich: „Pf ohne<br />

A, B, C ...“. Bezieht sich „ohne“ nur auf A o<strong>der</strong> auch auf B und auf C? Negierende Präpositionen<br />

sind daher, um Missverständnisse zu vermeiden, bei Aufzählungen zu wie<strong>der</strong>holen. –<br />

Unklar sind auch Formulierungen wie: „an <strong>der</strong> Spitze ohne kräftigen Haken“, weil unklar<br />

bleibt, ob sich „ohne“ auf „kräftig“ o<strong>der</strong> auf „Haken“ bezieht: ohne Haken o<strong>der</strong> mit schwachem<br />

Haken? Bei attributiven Angaben muss immer sorgfältig darauf geachtet werden, dass<br />

eindeutig ist, worauf (auf welches Bezugswort) sich das Attribut bezieht! – Ähnlich: „Perigonblätter<br />

grünlich o<strong>der</strong> ± violett überlaufen“ statt richtig: „Perigonblätter grünlich, selten ±<br />

violett überlaufen“. Gemeint ist nämlich nicht „grünlich überlaufen o<strong>der</strong> violett überlaufen“,<br />

son<strong>der</strong>n das Wort „überlaufen“ bezieht sich nur auf „violett“ und nicht auch auf „grünlich“.<br />

Der Leser kann das nicht wissen, höchstens erraten, wenn er Glück hat o<strong>der</strong> die Sippe sowieso<br />

schon kennt. – Der Ausdruck „endständig“ wird oft nicht vorsichtig genug verwendet, denn<br />

oft wird die Kenntnis <strong>der</strong> betreffenden Pflanze vorausgesetzt. – Der sprachsensibel und logisch<br />

Denkende wird für seine Genauigkeit und dafür, dass er den Wortlaut ernst nimmt, mit<br />

Missverstehen bestraft, weil <strong>der</strong> Verfasser nicht mit beckmesserischen Lesern rechnet und<br />

daher den Text gar nicht so sorgfältig formuliert hat.<br />

Sprachliche (sprachlogische) Feinheiten: „Blüten zweihäusig“ ist natürlich unsinnig,<br />

denn die Blüten sind eingeschlechtig, zweihäusig ist die Geschlechterverteilung und die Art<br />

o<strong>der</strong> die Gattung. – Kontaminationen (Wortkreuzungen) sind zu vermeiden: „nach abwärts<br />

gerichtet“ – richtig ist: „abwärts gerichtet“ o<strong>der</strong> „nach unten gerichtet“. – Unnötig oft verwendet<br />

werden die Wörter „Vertreter“ und „vertreten“, wobei nicht beachtet wird, dass sie ausgesprochen<br />

missverständlich sind. Gemeint ist „Repräsentant“: Die Art vertritt = repräsentiert<br />

ihre Gattung; eine Population, ein Individuum ist Vertreter <strong>der</strong> abstrakten Art, <strong>der</strong> sie angehört.<br />

Diese logische und abstrakte Denkweise steht erstens im Kontrast mit den in Florenwerken<br />

sonst üblichen intellektuell eher „großzügigen“, oft simpel alltagsprachlichen Formulierungen<br />

(siehe nachstehend unter „Pflanze“), zweitens und vor allem aber liegt das Missverständnis<br />

nahe, es wäre „Stellvertreter“ und „stellvertretend“ gemeint (es gibt ja auch Vikariismus!).<br />

(Merke: Vertreter sind Stellvertreter o<strong>der</strong> auch Überredungskünstler und Verkaufsgenies,<br />

aber niemals Pflanzensippen.)<br />

„Pflanze“ wird in mehrfacher Bedeutung verwendet. Vor allem ist es unsinnig, dieses<br />

Wort z. B. statt „Taxon“ o<strong>der</strong> „Sippe“ o<strong>der</strong> „Art“ etc. zu verwenden: „arktisch-alpine Pflanze“<br />

(z. B. bei HESS & al. 1976–1977) soll vielleicht lässig („cool“) klingen, wirkt in einem<br />

wissenschaftlichen Werk aber doch eher albern. Auch in Fällen, wo <strong>der</strong> Kontext Missverständnisse<br />

ausschließt, lässt sich alltagssprachliche Redeweise in einem seriösen Fachbuch<br />

nicht rechtfertigen. – Das Wort „kritisch“ ist sogar innerhalb unseres Botanikerjargons zweideutig,<br />

bedeutet fast Gegensätzliches: Eine „kritische <strong>Flora</strong>“ ist keine problematische (son<strong>der</strong>n<br />

eine problembewusste, sehr genaue) <strong>Flora</strong>, ein „kritisches Taxon“ hingegen ist ein problematisches<br />

und recht „ungenaues“, weil ungeklärtes. – Missbrauch wird auch mit dem Wort<br />

„Form“, auch in verschiedenen Zusammensetzungen, getrieben, das für fast alles verwendet<br />

wird, als Worthülse, die jegliches Nachdenken erspart. Ein fachlich seriöses Buch sollte sich<br />

nicht vor dem jeweils passenden Begriff scheuen, zumal ohnehin für alle Abstraktionsebenen<br />

Begriffe <strong>zur</strong> Verfügung stehen. Die weite Verwendung ist oft auch deshalb missverständlich,<br />

weil Form (forma) die offizielle Bezeichnung für eine bestimmte Rangstufe ist, gerade die<br />

aber ist in den meisten Fällen nicht gemeint! Gemeint ist vielmehr Individuum o<strong>der</strong> Modifikante<br />

1 („Landform“) o<strong>der</strong> Ökotyp o<strong>der</strong> Population o<strong>der</strong> Varietät o<strong>der</strong> Variante (Rasse) o<strong>der</strong><br />

1 – sprachlich schlecht oft „Modifikation“ genannt<br />

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