Verbandsvereine/Sekretariat/Tierheime Präsidium - Krax
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4. Die einzelnen Straftatbestände<br />
4.1 Tierquälerei (Art. 27 TSchG) (Vergehen)<br />
- 29 -<br />
Nach dieser Bestimmung unter Strafe gestellt ist nur die vorsätzliche (absichtliche) Tierquälerei.<br />
Der Täter muss mit Wissen und Willen handeln. Auf Seiten des verletzten Tieres ist eine<br />
schwere Beeinträchtigung erforderlich.<br />
Es macht sich strafbar:<br />
4.1.1 Wer ein Tier misshandelt, stark vernachlässigt oder unnötig überanstrengt (Art.<br />
22 Abs. 1)<br />
Als Misshandlung erfasst wird nicht nur die physische Misshandlung, sondern auch das vorsätzliche<br />
Herbeiführen von Angst- und Schreckzuständen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung<br />
des Wohlbefindens führen (vgl. Art. 2 Abs. 3 TSchG). Es muss keine ausgesprochen rohe<br />
Misshandlung vorliegen, sondern jede unnötige Verursachung von Schmerzen oder Leiden<br />
ist strafbar (BGE 85 IV 26/28). Eine fortdauernde oder sich wiederholende Leidenszufügung ist<br />
nicht notwendig 56 . Das Ausmass der Schädigung soll nach Möglichkeit schon bald nach der<br />
Tat tierärztlich festgestellt werden, um das Tierschutzgesetz durchsetzen zu können. Nicht jede<br />
Misshandlung ist offensichtlich. Zu denken ist nur an innere, auf den ersten Blick nicht sichtbare<br />
Blutungen, die das Wohlbefinden des Tieres erheblich beeinträchtigen können.<br />
Schmerzvolle Eingriffe dürfen nur von einem Tierarzt unter allgemeiner oder örtlicher Betäubung<br />
vorgenommen werden (Art. 11 TSchG; Ausnahmen: Art. 65 TSchV).<br />
Stark ist eine Vernachlässigung dann, wenn das Wohlbefinden des Tieres in erheblichem<br />
Masse beeinträchtigt ist oder das Tier erheblich leidet. Das Bundesgericht präzisiert, dass ein<br />
Tier nicht erst dann stark vernachlässigt ist, wenn es nach seinem Zustand nicht mehr lebensfähig<br />
ist oder Gefahr läuft, zu verderben, sondern schon dann, wenn es unter der fehlenden<br />
oder ungenügenden Wartung und Pflege erheblich leidet bzw. wenn sein Wohlbefinden in erheblichem<br />
Mass eingeschränkt ist (BGE v. 14.1.1992 i. S. Rist). Da Vernachlässigungsdelikte<br />
keine Erfolgsdelikte sind, kann eine starke Vernachlässigung bereits dann gegeben sein, wenn<br />
sich eine Person so verhält, dass ihr Tier ohne die rettende Intervention eines Dritten, für die<br />
der Tierhalter nicht verantwortlich ist, leiden würde.<br />
Eine Überanstrengung 57 liegt vor, wenn einem Tier Leistungen zugemutet werden, welche<br />
dessen Kräfte übersteigen:<br />
o Schlagen auf Augen oder Geschlechtsteile, Brechen oder Quetschen des Schwanzes<br />
(vgl. Art. 66 Abs. 1 lit. a TSchV) oder übermässiges Schlagen zur Züchtigung oder beim<br />
Verladen von Vieh<br />
o Alter Kotbehang mit Parasitenbefall und Hautschäden bei Nutztieren deuten auf eine<br />
lang andauernde und damit starke Vernachlässigung hin.<br />
o Tiere werden in so engen Platzverhältnissen oder unter so widrigen Umständen gehalten,<br />
dass sie sich gegenseitig verletzen.<br />
o mehrwöchiges Einsperren eines an einer kurzen Kette angebundenen Hundes in einen<br />
Keller ohne Fenster<br />
o Einwachsenlassen von Schnüren und Ketten in die Haut bei in Anbindehaltung gehaltenen<br />
Tieren (BA See, 20.2.1986; Tribunal de la Glâne in „La Suisse“, Nr. 266 vom<br />
22.9.1992, S. 9)<br />
o Jäger, der einen Vorsteherhund wegen Ungehorsam mit Schrotschüssen züchtigen<br />
wollte und erheblich verletzte (BGE 75 IV 169).<br />
o Verletzen von zwei Dohlen jeweils am Flügel mit Luftpistolenschüssen (SJZ 59 (1963)<br />
S. 291)<br />
o Fahrzeughalter, der einen neben dem Auto herlaufenden Hund durch einen Schwenker<br />
verscheuchen will und dabei anfährt und verletzt (BGE 85 IV 24 ff.).<br />
o Züchtigen eines Pferdes durch übermässigen Gebrauch der Peitsche (SJZ 52 (1956),<br />
S. 280<br />
56 Ueli Vogel-Etienne, Der bundesstrafrechtliche Tierschutz, Diss., Zürich 1980, S. 189<br />
57 Bereits der babylonische Codex Hammurabi, etwa 1700 v. Chr., enthält Bestimmungen, die es beispielsweise<br />
Bauern unter Strafdrohung untersagten, ihr Vieh zu überfordern (vgl. G. Bolliger, Europäisches Tierschutzrecht,<br />
S. 8 f).