KammerNachrichten - Kammer der ZiviltechnikerInnen für ...
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Bei <strong>der</strong> Verschuldenshaftung – diese steht<br />
im Gegensatz zur Gefährdungs- und zur<br />
Eingriffshaftung – führt ein Schädiger<br />
schuldhaft und rechtswidrig den Schaden<br />
herbei; dies rechtfertigt es, ihm den Ersatz<br />
aufzuerlegen.<br />
Folgende Bedingungen <strong>für</strong> den Schadenersatzanspruch<br />
sind zu erfüllen:<br />
– Ersatzfähiger Schaden;<br />
– Kausalität;<br />
– Rechtswidrigkeit;<br />
– Verschulden.<br />
Um den Schädiger zum Schadenersatz zu<br />
verpflichten, muss seine den Schaden herbeiführende<br />
Handlung o<strong>der</strong> Unterlassung<br />
rechtswidrig sein, das heißt gegen irgendein<br />
rechtliches Gebot o<strong>der</strong> Verbot verstoßen.<br />
Die verletzte Rechtsnorm kann ein<br />
Vertrag, ein Gesetz, ein Bescheid o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>es sein. Besteht zwischen dem Schädiger<br />
und dem Geschädigten eine Vertragsbeziehung<br />
und wird vom Schädiger eine<br />
vertragliche Haupt- o<strong>der</strong> Nebenbestimmung<br />
verletzt, führt dies zur Haftung <strong>für</strong><br />
Vertragsverletzung, <strong>für</strong> die Beson<strong>der</strong>heiten<br />
gilt. An<strong>der</strong>nfalls liegt deliktische Haftung<br />
vor.<br />
Die schadenersatzrechtliche Vertragshaftung<br />
begünstigt den Geschädigten dadurch,<br />
dass <strong>der</strong> Schädiger nicht nur <strong>für</strong> sein eigenes<br />
Verschulden, son<strong>der</strong>n auch <strong>für</strong> das Verschulden<br />
seiner Erfüllungsgehilfen, <strong>der</strong>en<br />
er sich zur Erfüllung seiner Vertragspflichten<br />
bedient, einzustehen hat (§ 1313 a<br />
ABGB). Außerdem trifft die Beweislast <strong>für</strong><br />
das Verschulden nicht den Geschädigten –<br />
dieser Beweis kann bei <strong>der</strong> Reichweite von<br />
Sorgfaltspflichten schwierig sein – vielmehr<br />
kann bzw muss sich <strong>der</strong> Schädiger<br />
von dem ihm unterstellten Verschuldensvorwurf<br />
durch den Nachweis seiner<br />
Schuldlosigkeit entlasten. Der Geschädigte<br />
hat daher nur die Vertragsverletzung, die<br />
Kausalität und den Schaden nachzuweisen,<br />
die Beweispflicht <strong>für</strong> die Schuldlosigkeit<br />
trifft den Schädiger.<br />
Hauptfall <strong>der</strong> deliktischen Haftung ist die<br />
Verletzung von gesetzlichen o<strong>der</strong> behördlichen<br />
Schutznormen. In diesen Fällen ist<br />
stets <strong>der</strong> Schutzzweck <strong>der</strong> Norm zu beachten,<br />
dh dass nur <strong>für</strong> denjenigen Schaden<br />
gehaftet wird, den die verletzte Norm vermeiden<br />
wollte.<br />
Im deliktischen Bereich – keine Vertragsbeziehung<br />
zwischen Schädiger und<br />
Geschädigtem – besteht eine Haftung des<br />
Unternehmers <strong>für</strong> die von ihm eingesetzten<br />
Gehilfen nur im Rahmen des § 1315<br />
ABGB sowie <strong>für</strong> seine vertretungsbefugten<br />
Repräsentanten. Die Haftung nach § 1315<br />
ABGB <strong>für</strong> den Besorgungsgehilfen ist<br />
keine Haftung <strong>für</strong> fremdes Verschulden,<br />
wie dies bei § 1313 a ABGB <strong>der</strong> Fall ist,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>für</strong> das eigene Auswahlverschulden:<br />
Der Unternehmer bedient sich wissentlich<br />
einer untüchtigen o<strong>der</strong> gefährlichen<br />
Person, zB eines Kranführers ohne<br />
Ausbildung. Auch hier muss natürlich die<br />
mangelnde Ausbildung Ursache <strong>für</strong> den<br />
vom Kranführer herbeigeführten Schaden<br />
sein.<br />
b) Diese Grundsätze wollen wir nun auf den<br />
Musterfall eines Planungsfehlers anwenden.<br />
Unser Architekt, nennen wir ihn DI<br />
August Störmann, übt seinen Beruf im<br />
Rahmen einer Gesellschaft mit beschränkter<br />
Haftung unter <strong>der</strong> Firma DI Störmann<br />
ZT GmbH aus, <strong>der</strong> er als geschäftsführen<strong>der</strong><br />
und befugnistragen<strong>der</strong> Gesellschafter<br />
mit 75 % und seine Ehefrau Sabine mit<br />
25 % angehören.<br />
FALL 1:<br />
Die DI Störmann ZT GmbH wird vom Auftraggeber<br />
mit <strong>der</strong> Planung und örtlichen Bauaufsicht<br />
eines Einfamilienhauses beauftragt.<br />
Aufgrund eines Planungsfehlers unterschreitet<br />
das Stiegenhaus die gesetzlichen Mindestmaße.<br />
a) Der Planungsfehler wird vor Ausführung<br />
des Bauwerkes entdeckt, zB durch die die<br />
Warnpflicht erfüllende Bauunternehmung.<br />
Der Planungsmangel fällt primär in die<br />
Gewährleistungspflicht <strong>der</strong> DI Störmann<br />
ZT GmbH. Dem Auftraggeber stehen die<br />
gesetzlichen Gewährleistungsansprüche, in<br />
erster Linie <strong>der</strong> <strong>der</strong> Behebung, zu. Die<br />
DI Störmann ZT GmbH wird den Mangel<br />
durch Umplanung auf eigene Kosten beheben.<br />
Für einen allfälligen darüber hinaus gehenden<br />
Schaden (Folgeschaden) haftet die DI<br />
Störmann ZT GmbH als Vertragspartner<br />
des Auftraggebers, wobei die Haftung <strong>für</strong><br />
Vertragsverletzung zum Tragen kommt. Die<br />
Recht & Gesetz<br />
Gesellschaft hat daher <strong>für</strong> das Verschulden<br />
ihres Geschäftsführers und ihres Personals<br />
gemäß § 1313 a ABGB einzustehen. Der<br />
Nachweis <strong>der</strong> Schuldlosigkeit wird ihr<br />
nicht gelingen, da <strong>der</strong> Architekt <strong>für</strong> die<br />
Kenntnis bzw Unkenntnis <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Mindestmaße gemäß § 1299 ABGB einzustehen<br />
hat.<br />
Der Folgeschaden kann in einer verzögerten<br />
Bauausführung, in Baustillstandskosten<br />
etc gelegen sein. Auch eine Wertmin<strong>der</strong>ung<br />
des umgeplanten Bauwerks zB wegen Verkleinerung<br />
<strong>der</strong> bewohnbaren Flächen ist<br />
denkbar.<br />
b) Für die Schadenersatzansprüche des Auftraggebers<br />
aus <strong>der</strong> Vertragsverletzung haftet<br />
nur die Gesellschaft, nicht <strong>der</strong><br />
Geschäftsführer, auch wenn er die Pläne<br />
als Befugnisträger verfasst, unterschrieben<br />
und gesiegelt hat. Die Verfassung eines<br />
gesetzwidrigen Bauplans verletzt zwar<br />
auch die als Schutznorm anzusehende Bauordnung,<br />
von dem Schutzzweck dieser<br />
Bestimmung umfasst sind aber nicht die<br />
vermögensrechtlichen Ansprüche, die <strong>der</strong><br />
Auftraggeber erleidet; diese sind daher nur<br />
vom Vertragspartner, das ist eben nur die<br />
Gesellschaft, zu ersetzen.<br />
c) Wurde <strong>der</strong> Planungsfehler bei <strong>der</strong> Ausführung<br />
übersehen und das Stiegenhaus plangemäß,<br />
das heißt gesetzwidrig errichtet,<br />
besteht <strong>der</strong> Folgeschaden auch in <strong>der</strong><br />
Sanierung des Stiegenhauses. Ein Mitverschulden<br />
<strong>der</strong> die Warnpflicht allenfalls verletzenden<br />
Bauunternehmung ist in Betracht<br />
zu ziehen.<br />
d) Bei einem Brand kommt es wegen <strong>der</strong> zu<br />
schmalen Ausführung <strong>der</strong> Stiegen zu<br />
einem Unfall, bei dem ein Besucher verletzt<br />
wird.<br />
Zwischen dem Verletzten einerseits und <strong>der</strong><br />
DI Störmann ZT GmbH an<strong>der</strong>erseits, aber<br />
auch zu DI Störmann besteht keine Vertragsbeziehung.<br />
Der Planungsfehler verletzt<br />
aber eine gesetzlichen Bestimmung, <strong>der</strong>en<br />
Zweck die Vermeidung von Unfällen dieser<br />
Art ist. Infolge <strong>der</strong> Verletzung <strong>der</strong> Schutznorm<br />
ist gegenüber dem Verletzten eine<br />
deliktische Haftung des Planverfassers<br />
gegeben. Der Planverfasser könnte auch<br />
strafrechtlich zur Verantwortung gezogen<br />
werden.<br />
<strong><strong>Kammer</strong>Nachrichten</strong> 4/02 31