Download - Quadrat Goslar/Bad Harzburg
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FOTO: STONED59 /F.ANTOLÍN HERNÁNDEZ /FLICKR.COM /CC2.0<br />
hoffmanns erzählungen �� quadrat 11 /2011 45<br />
Bob Dylan: „Ich als<br />
Jude hier auf dem Nazi-<br />
platz in Nürnberg!“<br />
HANSI HOFFMANN ,PR-MANAGER DER SUPERSTARS, ERINNERT SICH<br />
Konzert-Guru Fritz Rau,<br />
erfolgreich erprobt in<br />
vielen Hundert Kon-<br />
zerten mit internationalen<br />
Superstars, tigerte hektisch rauchend und mit zer-<br />
zausten Haaren immer wieder zwischen dem mittelgroßen Backstage-Zelt<br />
und der riesigen Bühne auf dem einstigen Reichsparteitag-Gelände in Nürn-<br />
berg hin und her. Eswar der 1. Juli 1978. Acht Monate zuvor hatte Rau in<br />
Los Angeles bei seinem Freund, dem Dylan-Manager Jerry Weintraub, den<br />
Millionenvertrag für die Europa-Tournee mit den allerersten Konzerten des<br />
Stars in Deutschland unterschrieben. Am Ende der tagelangen<br />
Vertragsverhandlungen<br />
schlug dann Rau mutig<br />
dem Sänger vor, das Finale<br />
der Deutschland-Konzerte<br />
als Open Air auf dem ein-<br />
stigenReichsparteitag- gelände in Nürnberg zu ze-<br />
lebrieren, wohl wissend,<br />
was dieser Ort für den Juden<br />
Robert Allen Zimmermann<br />
alias Bob Dylan bedeuten<br />
musste.<br />
Als mir Fritz Rau von seinem<br />
Vertragspoker und dem Hu-<br />
sarenstreich mit dem Auf-<br />
marschgelände der Nazis be-<br />
richtete, vergaß ich meine<br />
dampfende Kohlroulade in un-<br />
serem <strong>Bad</strong> Homburger Stamm-<br />
lokal „Wasserweibchen“. Bei<br />
unserem Planungsgespräch für<br />
die Dylan-Promotion in Deutsch-<br />
land konnte ich zögerliche Untertöne bei Rau heraushören, seine leichten<br />
Zweifel an dem Erfolg seines Nürnbergvorschlages. „Aber Dylan fand meine<br />
Idee nicht gut“, berichtete Rau. „Er kannte sogar das Gelände, denn er hatte<br />
diesen Nazi-Werbefilm „Triumph des Willens“ von der Hitler-Verehrerin Leni<br />
Riefenstahl –eine Dokumentation des Nazi-Aufmarsches in Nürnberg –als<br />
Video zuhause!“<br />
Die US-Armee, die Teilbereiche des Geländes nutzte, gab problemlos ihr OK.<br />
Die Stadt Nürnberg, die fast eine halbe Million Mark als „Miete“ kassierte,<br />
machte durch idiotische Auflagen nur Probleme. Sogar die Naziparolen an<br />
den riesigen Steinquadern musste der Veran-<br />
stalter selbst abkratzen. Die gigantische<br />
Soundanlage auf der XXL-Bühne wurde durch<br />
Lautsprechertürme inmitten des Geländes<br />
verstärkt. Immer wieder schauten wir in den<br />
Himmel. Dicke, dunkle Regenwolken hingen<br />
über dem Platz, auf dem mehr als achtzig-<br />
tausend Dylan-Fans standen. Gitarrengott<br />
Eric Clapton begeisterte die Massen, im to-<br />
senden Beifall wurde die Bühne komplett<br />
abgeräumt, nur ein schwarzes Barrelhouse-<br />
Piano prangte in der Mitte. Der großartige<br />
Bluessänger Champion Jack Dupree, zu-<br />
gleich ein begnadeter Pianist, schaffte<br />
Momente der Besinnung nach dem kra-<br />
chenden Sound der Clapton Band.<br />
Fritz Rau schluckte die vierte Captagon-<br />
Pille für sein flatterndes Nervenkostüm,<br />
trat die halbgerauchte Zigarette aus und<br />
zog mich in den Seitentrakt der Bühne.<br />
Noch im Finale-Applaus für den Blues-<br />
Heroe rollten die Techniker ein kom-<br />
plettes Bühnenset hinter einem Vorhang