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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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k o r p o r a t i S M u S i n d e r eu r o p ä i S c H e n un i o n 231<br />

1. <strong>Die</strong> Wettbewerbspolitik <strong>der</strong> EU seit Einführung des einheitlichen Binnenmarktes<br />

setzt den Möglichkeiten <strong>der</strong> Nationalstaaten enge Grenzen, defizitäre<br />

Staatsbetriebe im Bereich <strong>der</strong> nationalen Infrastruktur zu subventionieren.<br />

<strong>Die</strong>s trifft sich mit den Interessen <strong>der</strong> nationalen Regierungen an einer<br />

Konsolidierung <strong>der</strong> Staatshaushalte, zumal gleichzeitig die Europäische<br />

Kommission ihre grenzüberschreitenden Kompetenzen dazu nutzt, auf<br />

eine einnahmeträchtige Privatisierung zahlreicher, in <strong>der</strong> Nachkriegsphase<br />

staatsnah organisierter Sektoren zu drängen. Abbau von staatlichen Hilfen<br />

und Privatisierung lagen im Interesse einer Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Regierbarkeit<br />

<strong>der</strong> nationalen Gesellschaften nach den Verwerfungen <strong>der</strong> Siebzigerjahre<br />

und wurden deshalb von den Regierungen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten nicht<br />

nur geduldet, son<strong>der</strong>n häufig selbst gemeinsam beschlossen, um auf diese<br />

Weise die eigene Durchsetzungsfähigkeit gegenüber innenpolitischen Opponenten,<br />

insbeson<strong>der</strong>e den Gewerkschaften, zu stärken. Liberalisierung und<br />

Privatisierung <strong>der</strong> staatsnahen Sektoren schwächen die Gewerkschaften in<br />

einer ihrer traditionellen Hochburgen und beeinträchtigen damit die Macht<br />

<strong>der</strong> nationalen Gewerkschaftsbewegungen insgesamt.<br />

2. Allgemein setzt <strong>der</strong> Binnenmarkt die nationalen politischen <strong>Ökonomie</strong>n unter<br />

Wettbewerbsdruck, ohne dass dieser wegen <strong>der</strong> unterschiedlichen Interessen<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten durch supranationale Absprachen über »positive<br />

<strong>Integration</strong>« wesentlich gemin<strong>der</strong>t werden könnte. Vor allem in <strong>der</strong> Arbeitsmarkt-<br />

und Sozialpolitik hat <strong>der</strong> Druck auf die Mitgliedstaaten, »ihr Haus in<br />

Ordnung zu bringen«, seit den Neunzigerjahren stetig zugenommen, wozu<br />

auch hier die dringend nach Entlastung von Ausgaben und politischer Verantwortung<br />

suchenden nationalen Regierungen das Ihre beigetragen haben.<br />

In zahlreichen Län<strong>der</strong>n wurde dabei versucht, die geschwächten Gewerkschaften,<br />

die von <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> Ebene keine Hilfe erwarten konnten,<br />

in dreiseitige nationale »Pakte« einzubinden, die auf den ersten Blick einer<br />

Fortsetzung des traditionellen Klassenkorporatismus ähnlich sahen (Streeck<br />

2006). Tatsächlich handelte es sich bei ihnen jedoch um temporäre Arrangements<br />

zur Absicherung eines schwierigen politischen concession bargaining<br />

und, möglicherweise, zur Gesichtswahrung <strong>der</strong> in ihrem politischen Einfluss<br />

zunehmend beschnittenen Gewerkschaften gegenüber ihren Mitglie<strong>der</strong>n.<br />

Soweit <strong>der</strong> »Lohn <strong>der</strong> Angst« eine Verbesserung <strong>der</strong> nationalen Wettbewerbsfähigkeit<br />

sein sollte, standen die neuen Sozialen Pakte im Übrigen<br />

einem Aufbau transnationaler Gewerkschaftssolidarität ebenso im Weg, wie<br />

<strong>der</strong> neue Modus <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong> den nationalen Korporatismus<br />

schrittweise bis zur Unkenntlichkeit in defensive nationale Bündnisse<br />

zwischen Arbeit und Kapital unter <strong>der</strong> Hegemonie des Kapitals transformierte.

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