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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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w a n d e l d u r c H d e n eu r o 417<br />

sich auf die Annahme, dass nationale Preisniveaus in einem integrierten Währungsraum<br />

aufgrund <strong>der</strong> hohen Mobilität von Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen im<br />

Binnenmarkt konvergieren würden – und dass damit also auch ein einheitliches<br />

Realzinsniveau entstehen würde. Dabei wurde jedoch übersehen, dass ein Großteil<br />

<strong>der</strong> Binnenproduktion in Mitgliedslän<strong>der</strong>n des Euroraums weiterhin von<br />

<strong>der</strong> im nationalen Raum verankerten Produktion ausgeht (spatially fixed factors,<br />

vgl. Maclennan et al. 1998) und die Anpassungen über den realen Wechselkurs<br />

dementsprechend ungleich länger dauern als in stärker integrierten Wirtschaftsräumen<br />

(IWF 2004). Untersuchungen regionaler Schwankungen innerhalb <strong>der</strong><br />

USA zeigen beispielsweise, dass solche Korrekturen nur sehr langsam einsetzen<br />

(nach circa drei bis vier Jahren, vgl. Arnold/Kool 2002), obwohl <strong>der</strong> US-Wirtschaftsraum<br />

weitaus homogener und flexibler ist als <strong>der</strong> europäische.<br />

Zudem kann eine über die regionale Außennachfrage verlaufende Abkühlung<br />

gravierende Folgen für die nationale Wirtschaft mit sich bringen: Boomphasen<br />

tendieren dazu, sich in ein konjunkturelles »overshooting« auszuweiten,<br />

das die Immobilien und die an<strong>der</strong>en realen Aktiva in eine überzogene Blasenbewertung<br />

treibt, die letztlich nur über eine schlagartige Korrektur im Preisniveau<br />

und einen rapiden Einbruch im Wirtschaftswachstum behoben werden kann<br />

(die Möglichkeit einer Wechselkursabwertung besteht schließlich nicht mehr).<br />

Als Konsequenz einer solchen Entwicklung würde sich die Situation auf dem<br />

Arbeitsmarkt rapide verschlechtern: <strong>Die</strong> Produktionskapazitäten müssten auf<br />

das Niveau zurückgefahren werden, das dem verän<strong>der</strong>ten realen Wechselkurs<br />

entspricht – erhöhte Arbeitslosigkeit und eine Rezession wären die Folgen.<br />

Aus politikwissenschaftlicher Sicht erscheint es zudem wenig plausibel, davon<br />

auszugehen, dass Regierungen das Risiko einer solchen Korrektur über<br />

den realen Wechselkurs einzugehen bereit sind. Denn <strong>der</strong> Beginn eines Überhitzungszyklus<br />

würde die Wie<strong>der</strong>wahlchancen <strong>der</strong> betroffenen Regierung zwar<br />

kurzfristig erhöhen, sich mittel- o<strong>der</strong> langfristig aber als Danaergeschenk erweisen:<br />

Ist das Trojanische Pferd <strong>der</strong> konjunkturellen Überhitzung erst einmal<br />

in <strong>der</strong> Binnenkonjunktur platziert, lässt sich <strong>der</strong> Ausbruch einer gravierenden<br />

Rezession kaum noch vermeiden – auch wenn es keine klaren Erkenntnisse<br />

darüber gibt, wie viele Jahre nach dem Beginn des Überhitzungszyklus eine Korrektur<br />

über den realen Wechselkurs einsetzt.<br />

In diesem Kapitel argumentiere ich, dass Mitgliedslän<strong>der</strong> des Euroraums<br />

aufgrund erwarteter Destabilisierungen durch die Politik <strong>der</strong> EZB ihre wirtschaftspolitischen<br />

Institutionen anpassten, um den antizipierten Realzinseffekten<br />

begegnen zu können. Institutionelle Verän<strong>der</strong>ungen sollten sich dort zeigen,<br />

wo das wirtschaftspolitische Instrumentarium des Status quo ante (also vor dem<br />

Beitritt zum Euroraum) nicht dem erwarteten Problemdruck angemessen erschien.

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