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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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z e n t r a l b a n k u n a b H ä n g i g k e i t u n d k o o r d i n i e r t e lo H n a u S H a n d l u n g 375<br />

in fünf ineinan<strong>der</strong> verschachtelten Formen strategischer Interaktion herbeiführen<br />

müssen (siehe Scharpf 1988, 1991; Thelen 1991; Tsebelis 1990). Erstens<br />

geht es dabei um die Interaktionen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden<br />

in den aushandelnden Einheiten. Als zweite Form sind die Interaktionen<br />

zwischen den Verbandsführungen und den jeweiligen Mitglie<strong>der</strong>n zu<br />

nennen, auf <strong>der</strong>en Unterstützung die Führungen angewiesen sind. Uns geht<br />

es vor allem um die dritte und die vierte Interaktionsform – um die Interaktionen<br />

zwischen den Aushandelnden in je<strong>der</strong> Einheit und den Aushandelnden in<br />

an<strong>der</strong>en Einheiten sowie um die Interaktionen zwischen den an <strong>der</strong> Lohnaushandlung<br />

Beteiligten und <strong>der</strong> staatlichen Wirtschaftspolitik. Eine fünfte Gruppe<br />

relevanter Interaktionen – außerhalb des direkten Zugriffs <strong>der</strong> Lohnpolitik – besteht<br />

schließlich im Zusammenwirken von Geld- und Fiskalpolitik.<br />

In <strong>der</strong> Literatur wurde Lohnkoordination bisher vor allem mit hoch zentralisierten<br />

Gewerkschaftsbewegungen assoziiert, <strong>der</strong>en Verbandsspitzen mit<br />

Arbeitgeberverbänden in Lohnverhandlungen eintreten. In jüngerer Zeit wurde<br />

diese Sicht in zweierlei Hinsicht erweitert. Erstens wurde gezeigt, dass Arbeitgeberverbände<br />

für die Lohnkoordination ebenso wichtig sein können wie Gewerkschaften.<br />

13 Zweitens wurde herausgearbeitet, dass effektive Koordination<br />

in zwei unterschiedlichen organisatorischen Strukturen stattfinden kann: einerseits<br />

auf gesamtwirtschaftlicher Ebene, also in Form von Lohnverhandlungen<br />

durch stark zentralisierte Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände; an<strong>der</strong>erseits<br />

durch auf sektoraler Ebene organisierte Verbände, die gleichzeitig über so<br />

viele Anbindungen an an<strong>der</strong>e Sektoren verfügen, dass sich ihre Pilotabschlüsse<br />

auf die gesamte Wirtschaft übertragen (siehe Golden 1993; Iversen 1994).<br />

<strong>Die</strong> wirtschaftlichen Folgen <strong>der</strong> Lohnkoordination werden deutlich, wenn<br />

man ein Szenario durchdenkt, in dem Lohnverhandlungen nicht koordiniert erfolgen,<br />

son<strong>der</strong>n von einer größeren Anzahl unverbundener Einheiten getragen<br />

werden. Jede verhandelnde Einheit, bestehend aus einem Arbeitgeber und einer<br />

Gewerkschaft, muss hier unter beträchtlicher Unsicherheit über die Abschlüsse<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Einheiten zu einem Verhandlungsergebnis gelangen. Das hat dreierlei<br />

Konsequenzen für das Verhalten <strong>der</strong> Beteiligten.<br />

Erstens wird die Gewerkschaft in je<strong>der</strong> Verhandlungseinheit versucht sein,<br />

einen Inflationszuschlag auf den eigentlich angestrebten Reallohn auszuhandeln,<br />

um sich gegen die Reallohnverluste abzusichern, die auftreten, wenn die<br />

Abschlüsse <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Einheiten inflationärer ausfallen als <strong>der</strong> eigene. <strong>Die</strong> Arbeitgeber<br />

werden erwarten, dass ihre Konzessionen beim Nominallohn durch<br />

13 So gehen japanische Lohnverhandlungen trotz unternehmensbasierter Gewerkschaften koordiniert<br />

vonstatten. <strong>Die</strong> Lohnverhandlungen finden in einer gemeinsamen »Frühjahrsoffensive«<br />

statt, und die Arbeitgeber nutzen dichte Netzwerke, um ihr Verhalten abzustimmen. Siehe Soskice<br />

(1990), Swenson (1989), Thelen (1994).

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