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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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398 p e t e r a. Ha l l u n d ro b e r t j. fr a n z e S e , jr .<br />

dination zwischen disparaten Regionen entwickelt werden müssen. Und durch<br />

die Währungsunion könnten – wenn auch in geringerem Ausmaß – Impulse für<br />

die Abwan<strong>der</strong>ung von Unternehmen entstehen.<br />

In diesem Kontext also erscheinen die vom deutschen Fall ausgehenden<br />

Lehren nicht gänzlich ermutigend. Das deutsche System sah sich durch die Vereinigung<br />

ernsthaften Belastungen ausgesetzt. Zwei Ursachen dieser Belastungen<br />

verdienen beson<strong>der</strong>e Beachtung. Erstens erwies sich die <strong>Integration</strong> Ostdeutschlands<br />

in das deutsche System <strong>der</strong> Arbeitsbeziehungen als schwierig und<br />

nur teilweise erfolgreich. Das resultierte in einem hohen Konfliktniveau, insbeson<strong>der</strong>e<br />

im Frühjahr 1993, als die Arbeitgeber die Anwendung <strong>der</strong> Tarifverträge<br />

zur Angleichung <strong>der</strong> Lohnniveaus in Ost und West infrage stellten (siehe Webber<br />

1994; Silvia 1994; Locke/Jacoby 1995). Zudem provozierte die Vereinigung<br />

auch Konflikte zwischen <strong>der</strong> Bundesregierung und <strong>der</strong> Bundesbank, die nicht<br />

nur – wie in dieser Analyse betont – auf die Tarifpolitik, son<strong>der</strong>n auch auf<br />

die Fiskalpolitik <strong>der</strong> Regierung reagiert. Als die Bemühungen letzterer, die Vereinigung<br />

zu finanzieren, in fiskalischer und monetärer Expansion resultierten,<br />

reagierte die Bundesbank mit hohen Zinsen, um zu finanzpolitischer Zurückhaltung<br />

zu drängen und den Inflationsdruck abzuschwächen. <strong>Die</strong> Folgen für die<br />

deutschen und <strong>europäischen</strong> <strong>Ökonomie</strong>n waren alles an<strong>der</strong>e als optimal.<br />

<strong>Die</strong> EWU wird vergleichbare, wenn auch weniger schwerwiegende Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

produzieren. Sie wird den in einigen Län<strong>der</strong>n lange eingespielten<br />

Signaling-Prozess zwischen Zentralbanken und Tarifpartnern zum Erliegen bringen<br />

und damit möglicherweise weiteren Wandel in den nationalen Arbeitsbeziehungen<br />

in Gang setzen. Sie wird die Entwicklung neuartiger Beziehungen<br />

zwischen <strong>der</strong> Europäischen Zentralbank und <strong>der</strong> Finanzpolitik <strong>der</strong> Teilnehmerlän<strong>der</strong><br />

erfor<strong>der</strong>n – Beziehungen, die bereits Gegenstand kontroverser Debatten<br />

sind. 46 Darüber hinaus mögen einige Regierungen angesichts dauerhaft hoher<br />

Arbeitslosigkeit gerade dann nach expansiverer Politik streben, wenn die Europäische<br />

Zentralbank – um ihre Glaubwürdigkeit zu untermauern – eine relativ<br />

rigorose Geldpolitik betreibt. Das könnte in einer höheren Arbeitslosigkeit<br />

resultieren, als viele Befürworter <strong>der</strong> Währungsunion <strong>der</strong>zeit gewohnt sind. 47<br />

46 Zumindest einige Län<strong>der</strong> haben die Währungsunion in <strong>der</strong> Hoffnung unterstützt, sie werde<br />

eine expansivere Politik als unter dem von <strong>der</strong> Bundesbank dominierten EWS ermöglichen.<br />

An<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> hingegen beharren auf fiskalischer und monetärer Disziplin. Siehe Fratianni/<br />

von Hagen (1992: Kapitel 8 und 9), Gros (1996: 88ff.), Eichengreen (1992).<br />

47 In diesem Zusammenhang sind die amerikanischen Erfahrungen interessant. In den frühen<br />

Achtzigerjahren fuhr die Regierung hohe Defizite ein, während die Fe<strong>der</strong>al Reserve Bank gleichzeitig<br />

eine rigide Geldpolitik verfolgte. Der Fall lehrt, dass solche Kombinationen in hoher<br />

und bis zu zehn Jahre andauern<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit resultieren können. Siehe hierzu Krugman<br />

(1989). Allgemeiner zur politischen <strong>Ökonomie</strong> US-amerikanischer Geldpolitik: Mayer (1990),

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