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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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k o r p o r a t i S M u S i n d e r eu r o p ä i S c H e n un i o n 233<br />

schen Kommission weiter, durch Aufbau einer Substruktur von Verbänden<br />

<strong>der</strong> Unternehmen und Beschäftigten die eigene Legitimität zu stärken und<br />

sich durch Verbändebeteiligung von Regierungsaufgaben zu entlasten. Derartige<br />

Kooptationsversuche blieben nicht ohne Erfolg, zumal die Brüsseler<br />

Dachverbände von ihren nationalen Mitgliedsverbänden in <strong>der</strong> Regel sehr<br />

kurz gehalten werden und Subventionen <strong>der</strong> Kommission je<strong>der</strong>zeit gut gebrauchen<br />

können. Zwischen den Brüsseler Verbänden und <strong>der</strong> Kommission<br />

entstand auf diese Weise in <strong>der</strong> Vergangenheit mitunter ein gemeinsames Interesse<br />

an einer Ausweitung <strong>der</strong> Brüsseler gegenüber den nationalen Kompetenzen,<br />

im politischen Bereich ebenso wie im Verbändebereich. <strong>Die</strong>se<br />

Koalition verfügte jedoch nicht annähernd über die Macht, die ihr in neofunktionalistischen<br />

Theorien <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> <strong>Integration</strong> zugeschrieben<br />

o<strong>der</strong> für zukünftig möglich gehalten wurde. Freilich wurde sie in dem Maße,<br />

wie <strong>Integration</strong> zunehmend als negative <strong>Integration</strong> stattfand, auch immer<br />

weniger gebraucht. Soweit sich als Folge entgegen den Erwartungen <strong>der</strong><br />

Fünfziger- und Sechzigerjahre die nationalen Beharrungskräfte erfolgreich<br />

Brüsseler Zentralisierungsbestrebungen wi<strong>der</strong>setzen konnten, trug dies zusätzlich<br />

zur Durchsetzung eben jenes Wettbewerbs zwischen den nationalen<br />

Systemen bei, <strong>der</strong> mittlerweile zu einem <strong>der</strong> wichtigsten Mechanismen <strong>der</strong><br />

Liberalisierung <strong>der</strong> west<strong>europäischen</strong> Nachkriegsordnung geworden ist.<br />

6. Europäische <strong>Integration</strong> bedeutet unter diesen Umständen einen Parallelismus<br />

zwischen einem graduellen Abbau korporatistischer Strukturen und<br />

Praktiken auf <strong>der</strong> nationalen Ebene – beziehungsweise ihrer vorübergehenden<br />

Transformation in nationale Reform- und Konzessionspakte – und<br />

einem Nicht-Aufbau <strong>der</strong>selben auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Union. Beide bedingen<br />

einan<strong>der</strong>, wobei das Ausbleiben <strong>der</strong> Herausbildung eines klassenkorporatistischen<br />

Verhandlungssystems auf europäischer Ebene den Liberalisierungsprozess<br />

in den nationalen Systemen beschleunigt und dieser wie<strong>der</strong>um den<br />

Aufbau von korporatistischen Strukturen in Brüssel wirksam ausschließt.<br />

Sichtbarer Ausdruck des Fehlschlags <strong>der</strong> sozialdemokratischen Hoffnungen<br />

auf eine Rekonstruktion des Klassenkorporatismus auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union ist die nie überwundene organisatorische Schwäche <strong>der</strong><br />

Euro-Verbände, die <strong>der</strong> politischen und organisatorischen Schwächung ihrer<br />

nationalen Mitgliedsverbände im Zuge des Liberalisierungsprozesses <strong>der</strong><br />

Achtziger- und Neunzigerjahre vorausging.<br />

7. <strong>Die</strong> Entwicklung des politischen Systems <strong>der</strong> EU hat nicht nur die Liberalisierung<br />

<strong>der</strong> klassenkorporatistischen Nachkriegsordnung auf nationaler Ebene<br />

geför<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> ihr doch nichts in den Weg gestellt, son<strong>der</strong>n sie ist selbst in<br />

eine für Europa einzigartig pluralistische Richtung verlaufen. Insgesamt ist<br />

die Brüsseler Interessenpolitik heute durch einen hoch fragmentierten und

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