Inhalt IPD_1.2007 - Kirchenmusik im Erzbistum Paderborn
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Im Blickpunkt<br />
Die Liebfrauen-Gemeinde in Hamm<br />
leistet sich den „Luxus“ einer neuen<br />
Orgel und die Kultur anspruchsvoller,<br />
gepflegter <strong>Kirchenmusik</strong>. Da mag<br />
man, gerade in unserer Zeit, schnell<br />
geneigt sein, Kosten-Nutzen-Rechnung<br />
zu erstellen. Und auch für Jesus<br />
gehört das rationale Kalkül durchaus<br />
zu den wichtigen Lebensgrundlagen<br />
(vgl. Lk 14, 28ff). Aber dann gibt es<br />
auch das Große, das über jeden Nutzen<br />
und jedes Kalkül Erhabene, das<br />
Überschwängliche und dem Anschein<br />
nach Verschwenderische in seinem<br />
ganzen Wesen und seiner Haltung.<br />
Vielleicht ist Judas, den wir den Verräter<br />
nennen und von dem das Johannesevangelium<br />
sagt, dass er die Kasse<br />
hatte, genau daran in dem Moment<br />
zerbrochen, als Maria, die Schwester<br />
Lazarus, sechs Tage vor dem Paschafest<br />
ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl<br />
nahm und es über die Füße<br />
Jesu goss – und er sie gewähren ließ<br />
(vgl. Joh 12,1ff).<br />
Die Musik in der Kirche ist vergleichbar<br />
mit diesem wertvollen, duftenden<br />
Öl, mit dessen Kostbarkeit und Sinnlichkeit,<br />
die von Erhabenheit und<br />
Würde künden. Die Musik vermag in<br />
uns das Große anzurühren, das uns<br />
über die reine Notdurft des Lebens<br />
4<br />
erhebt und uns für Tabor-Augenblikke<br />
in die Nähe Gottes führt: „Die Armen<br />
habt ihr <strong>im</strong>mer bei euch, mich<br />
aber habt ihr nicht <strong>im</strong>mer bei euch“<br />
(Joh 12,8). Das Öl in den Lampen all<br />
derer, die zum Hochzeitsmahl geladen<br />
sind, das sind die Lob- und Dankgesänge<br />
in ihren Herzen und auf ihren<br />
Lippen (vgl. Mt 25, 1ff).<br />
Indem Aristoteles gegen den<br />
Platonismus den Sinnen wieder den<br />
angemessenen Platz in der Erfassung<br />
der Wirklichkeit gegeben und der große<br />
Kirchenlehrer Thomas von Aquin<br />
diesen Ansatz für die Kirche fruchtbar<br />
gemacht hat, konnte letztlich ein falscher<br />
Purismus <strong>im</strong> Gottesdienst der<br />
Kirche vermieden werden. „Durch das<br />
Lob Gottes“, so schreibt der hl. Thomas,<br />
„steigt der Mensch <strong>im</strong> Gemüt zu<br />
Gott empor“ und er fährt fort: „So<br />
werden wir alle Zuhörenden zur Ehrfurcht<br />
geführt“; d. h. Zur Erfahrung<br />
der Größe Gottes zusammen mit den<br />
anderen Gläubigen in der erlebten<br />
Gemeinschaft der Kirche. 7 Nach dem<br />
Zusammenbruch des römischen<br />
Staatswesens wurde das Christentum<br />
zur neuen gestalterischen Kraft<br />
des Gemeinwesens. Die Kirche verstand<br />
sich als „neue Polis“, mit der<br />
7 Zitiert nach Ratzinger, a. a. O., 102.