Auszüge zum Download - Medien Tenor
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2.1. „Interkultur“ statt Integration! 257<br />
<strong>zum</strong>indest mit klassischen Negativthemen wie etwa Kriminalität<br />
konnotiert. Kurz gesagt: Es fehlt an Bildern und Vorbildern.<br />
Könnte das eine Ursache dafür sein, dass über Nichtdeutsche<br />
und Menschen „mit Migrationshintergrund” in<br />
Deutschland oft eher defizitorientiert diskutiert wird? Warum<br />
werden die Potenziale dieser Menschen so selten herausgestellt?<br />
Kürzlich hat eine Untersuchung noch einmal gezeigt, dass bei<br />
der deutschen Tagespresse 1 Prozent Journalisten mit Migrationshintergrund<br />
arbeiten, bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten<br />
sind es vielleicht drei Prozent. Da wundert einen<br />
der pauschale Draufblick eigentlich nicht mehr. Die meisten<br />
Journalisten kommen aus einem ähnlichen Milieu, sie<br />
wohnen in Vier-teln mit wenig Bevölkerung mit Migrationshintergrund<br />
und sie verkehren mit anderen Journali-sten. Im<br />
Grunde leben sie in einer Parallelgesellschaft. Zudem beziehen<br />
sich <strong>Medien</strong> sehr, sehr viel aufeinander – es ist also ganz<br />
wichtig, was die anderen schon geschrieben oder gesendet haben.<br />
Das ist dann wie ein geschlossenes System. Zudem wissen<br />
die meisten Journalisten erschreckend wenig über das Thema –<br />
das gilt aber genauso für Lehrer oder Ärzte oder Verwaltungsbeamte.<br />
Es mangelt an anwendungsbezogenem Kontextwissen.<br />
Da muss man auch gar nicht moralisch argumentieren – die<br />
müssen nicht zu gestanden antirassistisch geschult werden. Es<br />
wäre erfreulich, wenn sie im ureigensten Interesse agieren<br />
würden. Ich habe ein Seminar gemacht mit Volontären einer<br />
großen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, und da ging es<br />
darum, wen sie sich als Publikum vorstellen. Ein junger Journalist<br />
meinte, er stelle sich immer seine Mutter vor – die sei<br />
eben genau so eine vielseitig interessierte Nutzerin, wie der<br />
Rundfunk sie sich gewöhnlich vorstelle. Für diese naive Antwort<br />
konnte man dankbar sein, denn damit stürzte das Seminar<br />
sogleich mitten ins Problem. Denn wenn der unbewusste<br />
Empfänger der Nachrichten letztlich ein Familienmitglied ist:<br />
was bedeutet es dann für die Programmgestaltung, wenn in<br />
den Städten des betreffenden Bundeslandes unterdessen ein<br />
Drittel der Personen Migrationshintergrund haben? Diese Personen<br />
gehören eben nicht schon immer zur „Familie”. Nun<br />
sind die Leute nicht nur da, sondern verfügen unterdessen<br />
auch über erhebliche finanzielle und kulturelle Ressourcen.<br />
Kann man es sich leisten, diese Gruppe nicht anzusprechen?