Auszüge zum Download - Medien Tenor
Auszüge zum Download - Medien Tenor
Auszüge zum Download - Medien Tenor
- TAGS
- download
- medien
- tenor
- mediatenor.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1.1. Die negierte Einwanderungsgesellschaft 189<br />
Bitte versuchen Sie, zweierlei zu beschreiben: Erstens den<br />
Kern der Integrationsaufgabe aus Ihrer Sicht, und zweitens<br />
die Hülle eben dieser Aufgabe – also gewissermaßen das<br />
„Drumherum”, das mitunter ein Vordringen <strong>zum</strong> Kern erschwert.<br />
In Deutschland wurde die ‚Integrationsaufgabe‘ lange Zeit als<br />
gar nicht existent angesehen: Solange sich Deutschland nicht<br />
als Einwanderungsland sah, musste ja auch nicht ‚integriert‘<br />
werden – die ‚Gastarbeiter‘ sollten ja möglichst wieder zurückkehren.<br />
Diese realitätsferne Orientierung hat nicht nur<br />
vielen betroffenen Migrierenden, die ihr Leben planen und gestalten<br />
wollten, sehr geschadet, sie hat auch verhindert, dass<br />
die Ankunftsgesellschaft selbst ihre Hausaufgaben ordentlich<br />
anging.<br />
Danach hat man den Schalter umgelegt – seitdem sich<br />
Deutschland als Einwanderungsland beschreibt, also etwa seit<br />
dem Beginn des 21. Jahrhunderts, wird die ‚Integrationsaufgabe‘<br />
vor allem bei den Eingewanderten angesiedelt, und nicht<br />
selten wird eine einseitige Assimilation an die Ankunftsgesellschaft<br />
erwartet. Integration ist aber nicht nur eine Bringschuld,<br />
sondern auch eine Holschuld. Eine sehr gute Definition<br />
haben Klaus Bade und – der leider viel zu früh verstorbene –<br />
Michael Bommes für den SVR entwickelt: „Integration ist die<br />
möglichst chancengleiche Teilhabe an den zentralen Bereichen<br />
des gesellschaftlichen Lebens, also an Erziehung, Bildung,<br />
Ausbildung, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Gesundheit, Rechtsund<br />
Sozialsystem usw. Im Zentrum steht die Chance zur wirtschaftlichen<br />
Selbstentfaltung, also die Teilhabe an Wirtschaft<br />
und Arbeitsmarkt als Grundlage zu eigenständiger Lebensführung<br />
und sozialer Akzeptanz.“ Diese Grundidee, Integration als<br />
möglichst chancengleiche Teilhabe an den wichtigen gesellschaftlichen<br />
Bereichen zu verstehen, scheint mir ein sehr tragfähiges<br />
und modernes Konzept zu sein. Es wurde später auch<br />
von der Bundesregierung in ähnlicher Formulierung übernommen.<br />
Nach mehr als 40 Jahren: Gibt es noch ein Integrationsproblem<br />
in Deutschland? Wenn ja, worin genau besteht es und<br />
handelt es sich dabei aus Ihrer Sicht primär um ein institutionell-strukturelles<br />
oder um ein Problem anderer Art?