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Auszüge zum Download - Medien Tenor

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2.1. „Interkultur“ statt Integration! 255<br />

inwiefern halten Sie das Eintreten für mehr Vielfalt oder Diversity<br />

für falsch oder <strong>zum</strong>indest für unzureichend?<br />

Ich halte das nicht für falsch – ich freue mich ja auch darüber,<br />

dass auch andere Argumentationsstränge an Einfluss gewinnen.<br />

Ich würde nur vor zweierlei warnen – das eine ist eine<br />

Überbetonung der ethnischen Dimension und das andere ist<br />

Romantik. Das gab es beides schon in der Rede vom Multikulturalismus.<br />

Es macht doch keinen Sinn, jeden als Repräsentanten<br />

seiner Herkunftskultur zu betrachten und die Gesellschaft<br />

als Ansammlung von Communities. Mir ist das zu statisch – ich<br />

frage mich, wo da Platz ist für Veränderung. Multikulturalismus<br />

war besessen von Identität. Ich finde aber das Wort Identität<br />

schon falsch. Menschen identifizieren sich, kein Zweifel,<br />

und Identifikation ist ein primärer psychologischer Vorgang.<br />

Aber sie gehen in diesen Identifikationen nicht auf. Wenn ich<br />

mich identifiziere, sagt das schon, dass ich und etwas anderes<br />

auseinander treten, dass ich mehreres, dass ich Vielheit bin -<br />

und deswegen logisch keine Identität haben kann: das würde<br />

ja absolute Übereinstimmung mit mir Selbst bedeuten. Daher<br />

gehen wir auch nicht in unserer Ethnizität auf. Herkunft ist<br />

Bestandteil eines individuellen Referenzrahmens – sie spielt<br />

eine Rolle, aber der Umgang mit Herkunft kann sehr verschieden<br />

sein. Mein Umgang mit meiner griechischen Herkunft ist<br />

doch eine ganz anderer als bei jemand, der sich etwa in der<br />

„Griechischen Gemeinde” engagiert. Das muss berücksichtigt<br />

werden. Zudem hat die Rede von „Vielfalt” wie im Multikulturalismus<br />

so ein romantisches Element: da ist dann immer von<br />

Bereicherung die Rede. Und wenn es dann mal ungemütlich<br />

wird, dann kann die Abschiebung plötzlich nicht schnell genug<br />

gehen. Die Einwanderungsgesellschaft ist keine gemütliche Sache.<br />

Sie bedeutet Konflikt, und sie benötigt Gestaltung – wie<br />

im Programm Interkultur beschrieben. Kurzfristig sind die Effekte<br />

von Vielheit oftmals negativ – Verlust von Solidarbeziehungen,<br />

Verlust von Vertrauen etc. Erst wenn ich Vielheit gestalte,<br />

kann ich die Potentiale auch ausschöpfen.<br />

4. Herr Dr. Terkessidis, Sie sind selbst sowohl Wissenschaftler<br />

als auch Journalist und dürften deshalb das übliche „Schwarze-Peter-Spiel”<br />

zur Genüge kennen: Journalisten klagen über<br />

die Praxisferne sowie über die komplizierte Terminologie und<br />

schwergängige Sprache von Wissenschaftlern; letztere wiederum<br />

beklagen oftmals Unkenntnis, Desinteresse und Ober-

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