Auszüge zum Download - Medien Tenor
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2.1. „Interkultur“ statt Integration! 253<br />
Kinder mit Migrationshintergrund in der Mehrheit. In der<br />
Schweizer Metropole Zürich im übrigen leben aktuell 60 %<br />
Einwohner mit Migrationshintergrund. Das Modell von Norm<br />
und Defizit macht doch überhaupt keinen Sinn mehr.<br />
Insofern müssen sich die Institutionen, Organisationen und Einrichtungen<br />
der Gesellschaft verändern. Die alte Integrationslogik<br />
blockiert aber diese Veränderung, weil sie so tut, als<br />
müsste man nicht den Regelbetrieb reformieren, sondern die<br />
„Problemgruppen”. Wenn Vielheit der Ausgangspunkt ist, dann<br />
stellt sich eben die Frage, ob die Institutionen unserer Gesellschaft<br />
„fit” für diese Vielheit sind. Entsprechen sie von ihrem<br />
Personalbestand, ihrer Organisationskultur und ihren materiellen<br />
Gegebenheiten der aktuellen Situation? Das ist ein sehr<br />
pragmatischer Ansatz, der sich auch gar nicht auf ethnische<br />
Gruppen richtet, sondern auf Individualität. Im besten Fall gelingt<br />
es, durch ein „Programm Interkultur” zu gewährleisten,<br />
dass Individuen mit unterschiedlichen Voraussetzungen, Hintergründen<br />
und Referenzrahmen quasi „barrierefrei” ihr Potential<br />
ausschöpfen können. Klingt einfach, dauert aber sehr<br />
lange. Und es gibt erhebliche Widerstände, wie der Populismus<br />
in Europa zeigt. Aber nur so bekomme ich Innovation.<br />
Vielheit ist doch ganz klar die große Herausforderung des 21.<br />
Jahrhunderts.<br />
2. Im Februar 2006 haben Sie Aufmerksamkeit in der seinerzeit<br />
bereits aufgeheizten Integrationsdebatte erregt: Gemeinsam<br />
mit rund sechzig anderen Forschern haben Sie in<br />
Form eines offenen Briefes in der Wochenzeitung DIE ZEIT eine<br />
„Ignoranz gegenüber der Wissenschaft” beklagt, die in der<br />
öffentlichen Diskussion „nicht nur zu ungenauen und vorurteilsbeladenen<br />
Vorstellungen über den Islam und den Migranten,<br />
sondern auch zu einer Verengung des Themenspektrums”<br />
führe. Worum genau ging es Ihnen grundsätzlich, und gab es<br />
damals einen besonderen aktuellen Anlass für Ihre Kritik?<br />
Kurz vor Erscheinen dieses Briefes hatte der damals amtierende<br />
Innenminister Otto Schily im „Spiegel” das Buch „Die fremde<br />
Braut” von Necla Kelek besprochen. Damit war <strong>zum</strong> einen<br />
klar, dass die Politik ihre Informationen aus Büchern wie diesem<br />
bezog, und <strong>zum</strong> anderen wurde diese Art „Wissenschaft”<br />
von höchster Stelle geadelt. Nun handelte es sich bei dem<br />
Buch aber um eine Art Erlebnisbericht, der gleichzeitig extrem