Auszüge zum Download - Medien Tenor
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254 Integrations-Index 2012<br />
unseriös Material aus Keleks Dissertation aufgriff und diese diametral<br />
entgegengesetzt interpretierte. Zuvor hatte sie vor allem<br />
die subjektive Auslegung des Islam betont, nun war der Islam<br />
ein unhinterfragtes Ordnungssystem, das quasi automatisch<br />
zu Sexismus und Zwangsheirat führte. Und das wollten<br />
wir sagen: Hier soll letztlich Meinungsmache und politisches<br />
Interesse mit dem Titel „Wissenschaft” bemäntelt werden. Im<br />
Oktober 2004 hatte die CDU im nordrhein-westfälischen Landtag<br />
einen Antrag <strong>zum</strong> Thema Zwangsheirat eingebracht. Gesicherte<br />
Daten, so gestanden die Antragsteller gleich ein, habe<br />
man nicht vorliegen - nach Schätzungen aber könne man von<br />
jährlich 30.000 solcher Ehen in Deutschland ausgehen. Bei einem<br />
Sachverständigengespräch im Landtag ein Jahr später<br />
stellte Gaby Straßburger dann fest: 30.000 lautet die Gesamtzahl<br />
aller von türkischen Migranten hierzulande jährlich geschlossen<br />
Ehen. Diese Verzerrungen bekamen junge Frauen<br />
türkischer Herkunft auch zu spüren: Sie waren plötzliche alle<br />
Produkte von Zwangsheirat oder akut von einer bedroht. Es<br />
ging nicht darum, Probleme kleinzureden, aber diese Art von<br />
Polarisierung war falsch: Am Ende sollte ja auch alles gut werden,<br />
würden „sie” nur ein überwechseln zu „unserer” Lebensweise,<br />
weil bei „uns” Frauen ja angeblich schon gleichgestellt<br />
seien – ausgerechnet in Deutschland...<br />
Nach dem Brief wurde in den <strong>Medien</strong> etwas genauer hingeschaut<br />
– was etwa Methoden betraf. Allerdings ist nicht festzustellen,<br />
dass die <strong>zum</strong>eist qualitativ orientierte Forschung rund<br />
um Migration nun mehr zur Kenntnis genommen wird. Das hat<br />
aber auch mit der Form oder vielmehr dem Format des Expertenwissens<br />
zu tun, dass in den <strong>Medien</strong> vorkommt: Am besten<br />
kann man Wissen verarbeiteten, wenn es in der Form „immer<br />
mehr” oder „immer weniger” vorkommt. „Immer mehr<br />
Zwangsheiraten” ist ja an sich schon eine schöne Schlagzeile.<br />
Erklären Sie dagegen mal die unterschiedlichen Auslegungen<br />
des Islam, die Probleme von Individualisierung und Vielheit<br />
oder wie Rassismus funktioniert...<br />
3. Mit Ihrer Kritik am Integrationsbegriff stehen Sie nicht allein,<br />
jedoch nicht mit allen fühlen Sie sich Seit´ an Seit´; insbesondere<br />
nicht mit jenen, die statt für „mehr Integration”<br />
für „mehr Vielfalt” plädieren, oftmals auch als „Diversity”<br />
auf den Begriff gebracht. Was stört Sie daran – warum und