Nr. 39, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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FÖRDERUNG<br />
Moment ... Ich muss nachdenken!<br />
Wir möchten im folgenden Artikel das FIE etwas ausführlicher<br />
vorstellen. In ähnlicher Form erschien dieser<br />
Bericht schon einmal in Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
(Ausgaben <strong>Nr</strong>. 9, 10 und 11, 1992).<br />
Instrumental Enrichment besteht aus<br />
nahezu 500 Seiten von „Papier und<br />
Bleistift“-Übungen, die in 14 „Instrumente“<br />
unterteilt sind. Das Programm<br />
wird üblicherweise in drei bis fünf Wochenstunden,<br />
mit Abständen, während<br />
mehrerer Jahre dargeboten. Zwei oder<br />
auch drei Instrumente werden abwechselnd<br />
im gleichen Zeitabschnitt gelehrt,<br />
damit ein Gleichgewicht hergestellt werden<br />
kann zwischen den angesprochenen<br />
Funktionsarten, der Art und Weise<br />
ihrer Darbietung und den Bedürfnissen<br />
der Schüler.<br />
Obwohl Instrumental Enrichment<br />
zur Förderung von Gruppen entworfen<br />
wurde, kann sie aber auch für einzelne<br />
Schüler verwendet werden. Beim Einzelunterricht<br />
werden die Lehrer bzw.<br />
die Eltern ermutigt, die Instrumente und<br />
die Folge ihrer Anwendung selbst zu bestimmen,<br />
sodass sie am besten die Mängel<br />
der Schüler korrigieren können. So<br />
können z.B. die Instrumente, die<br />
fließendes Lesen und Schreiben voraussetzen,<br />
für eine spätere Stufe des Programms<br />
zurückgestellt werden.<br />
Eine typische Lektion umfasst eine<br />
Einführung, selbstständige Arbeit, eine<br />
Besprechung und eine Zusammenfassung.<br />
In der Einführung definieren Lehrer<br />
und Schüler die Natur der Probleme,<br />
mit denen sie es zu tun haben. Wenn die<br />
Lernziele geklärt sind, bereitet der Lehrer<br />
den Schüler vor, indem er ihm mit<br />
den erforderlichen Begriffen, dem Wortschatz<br />
und den Operationen hilft.<br />
Grundlegende Regeln und Beziehungen<br />
werden gesucht und geeignete Strategien<br />
festgestellt. Während der Schüler<br />
selbstständig arbeitet, untersucht der<br />
Lehrer kognitive Prozesse, gibt erklärendes<br />
Feedback, verhindert Frustration<br />
und gibt ein Beispiel für kognitives<br />
Verhalten ab.<br />
Er vermittelt das Gefühl der Kompetenz,<br />
die Regulierung des Verhaltens<br />
und das Bewusstsein für die eigene Veränderung.<br />
In der auf die Einzelarbeit<br />
folgenden Diskussion werden verschie-<br />
24 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>39</strong>, Jan. 2002<br />
dene Strategien im Hinblick auf ihre<br />
Wirksamkeit verglichen. Beim Transfer<br />
wenden sich Lehrer und Schüler von<br />
den Aufgaben zu anderen Bereichen. In<br />
den wenigen Minuten, die der Zusammenfassung<br />
gewidmet sind, bewertet<br />
der Schüler das in der Lektion Erreichte.<br />
Lehrer und Eltern müssen speziell<br />
in Theorie und Praxis und in der Methodologie<br />
des Instrumental Enrichment<br />
ausgebildet werden. Die Ausbildung<br />
bewirkt eine Veränderung in der<br />
Haltung des Lehrers bzw. des Elternteils,<br />
die von der passiven Akzeptierung<br />
des Schülers bzw. Kindes zu einer aktiven<br />
Veränderungs-Einstellung führt.<br />
Außerdem werden die Grundlagen der<br />
Theorie und die Meisterung des Instrumentariums<br />
vermittelt. Instrumental<br />
Enrichment ist kein programmiertes<br />
Lernen. Die Einsicht, die Verwendung<br />
von Irrtümern als Quelle weiteren Lernens,<br />
die geplante Erweiterung von der<br />
Aufgaben-Seite zu anderen Gebieten<br />
und wieder zu den Aufgaben zurück und<br />
das verordnete und diagnostische Lehren<br />
erfordern einen flexiblen und<br />
führenden Lehrer.<br />
Es gibt Leitfäden für die Instrumente,<br />
die das Prinzip der Seite oder der<br />
Einheit in allgemeinen Begriffen aufzeigen,<br />
sowie die erforderlichen Operatio-<br />
nen, die angesprochenen mangelhaften<br />
Funktionen, die Schwierigkeiten, vor<br />
denen der Schüler steht, und Anregungen<br />
und Methoden zur Meisterung, Umgehung<br />
oder Beseitigung der vorhergesehenen<br />
Schwierigkeiten. Es werden<br />
auch Vorschläge gemacht für die Übertragung<br />
der Prinzipien auf das berufliche<br />
sowie das zwischenmenschliche Gebiet<br />
und auf tägliche Lebenserfahrungen.<br />
Es gibt jedoch keine vorgeschriebenen<br />
„Drehbücher“. Zur Entwicklung<br />
von Einsicht und Verallgemeinerung<br />
müssen umfassende Beispiele gewählt<br />
werden, die jeweils dem speziellen<br />
Schüler angemessen sind.<br />
Jedes Instrument ist mit innerer<br />
Kohärenz (= Zusammenhang) aufgebaut,<br />
sodass folgende und komplexere<br />
Aufgaben sich auf das in der Meisterung<br />
früherer Aufgaben und Instrumente erworbene<br />
Wissen stützen. In allen Instrumenten<br />
lernen die Schüler zu verschlüsseln<br />
und zu entschlüsseln, die Daten<br />
klar in Form von Graphiken, Tabellen<br />
und Diagrammen zu präsentieren,<br />
bei der Sammlung von Daten die relevanten<br />
auszuwählen und die Antwort<br />
hinauszuschieben, bis man nachgedacht<br />
hat. Die Betonung liegt dabei eher<br />
auf dem abstrakt Theoretischen als auf<br />
dem Konkreten, eher auf Repräsentation<br />
als auf Manipulation und auf der Bewusstwerdung<br />
des Prozesses, mit dessen<br />
Hilfe eine Lösung erreicht wurde,<br />
und der Nützlichkeit dieses Prozesses in<br />
anderen Bereichen des Lebensraumes.<br />
In fast jedem Instrument gibt es Seiten,<br />
auf denen der Schüler lernt, Fehlerquellen<br />
zu erkennen und zu definieren. Infolge<br />
der Objektivierung der Fehler werden<br />
sie unbedrohlich und zur Quelle<br />
weiteren Lernens und Wachstums.<br />
Figur 1. Organisation der Punkte