Nr. 39, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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INTEGRATION<br />
Ergebnisse<br />
weiterer Studien<br />
Schlechtes Zeugnis für die<br />
Sonderschule<br />
In einer anderen neuen Studie aus<br />
Großbritannien (Beadman, 1997 und<br />
Dew-Hughes, 1999) werden ebenfalls<br />
verschiedene Aspekte der Integration<br />
untersucht und diese mit Daten aus<br />
Sonderschulen verglichen. Aus den Ergebnissen<br />
lassen sich Erklärungen für<br />
den mangelnden schulischen Erfolg in<br />
Sonderschulen ableiten.<br />
In der ersten Studie, Beadman<br />
(1997), wird über 24 Kinder mit <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> berichtet, die Grundschulen in<br />
Devon (Süd-England) besuchten. 13 Kinder<br />
waren integriert und elf besuchten<br />
eine Sonderschule. Die Kinder in den<br />
Regelschulen wurden durch einen LSA<br />
(Learning Support Assistent) – am Anfang<br />
ihrer Schulkarierre meistens fulltime<br />
– unterstützt.<br />
Beadman berichtete, dass in den<br />
Sonderschulen dem Lesenlernen wenig<br />
Aufmerksamkeit und Zeit gewidmet<br />
wurden und dass es in diesen Schulen<br />
auch kaum geeignetes Material zum Lesenlernen<br />
gab. Die Methoden, wenn<br />
schon geübt wurde, waren ungeeignet.<br />
Die meisten Kinder lernten nicht lesen.<br />
Das Personal war neuen Forschungsergebnissen<br />
gegenüber nicht<br />
aufgeschlossen und vertrat die Meinung,<br />
dass die Sonderschule, so wie sie<br />
arbeitete, den Bedürfnissen aller behinderten<br />
Kinder gleichmäßig gerecht wurde.<br />
Viele Pädagogen wehrten sich, auf<br />
die unterschiedlichen Diagnosen der<br />
Kinder einzugehen und ihren Unterricht<br />
den unterschiedlichen Lernprofilen der<br />
Kinder anzupassen. So widerstrebte es,<br />
laut dieser Studie, den Sonderpädagogen,<br />
auf spezielle Bedürfnisse der Kinder<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> einzugehen. Sie<br />
wären Teil der Schülergruppe und die<br />
Arbeitsweise mit ihnen sollte sich nicht<br />
von der der anderen unterscheiden. Ihr<br />
spezielles Lernprofil, durch viele Forschungsergebnisse<br />
belegt, wurde nicht<br />
berücksichtigt.<br />
Beadman machte weiterhin die gleiche<br />
Erfahrung wie das Forschungsteam<br />
aus Portsmouth. Die Sonderschullehrer<br />
waren kaum bereit, an Fortbildungen<br />
teilzunehmen, die speziell zu Themen<br />
wie kognitive oder Sprachentwicklung<br />
32 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>39</strong>, Jan. 2002<br />
oder Lesenlernen bei Kindern mit <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> angeboten wurden. Dagegen<br />
besuchten Lehrer in Regelschulen regelmäßig<br />
solche Fortbildungen und gestalteten<br />
den Unterricht für ihre Integrationskinder<br />
den neuesten Erkenntnissen<br />
entsprechend.<br />
Studie zur sozialen Entwicklung<br />
Die zweite Studie von Dew-Hughes 1999<br />
verglich die soziale Entwicklung zwischen<br />
Kindern mit einer schweren Lernbeeinträchtigung,<br />
die integriert waren,<br />
und denen, die Sonderschulen für geistig<br />
Behinderte besuchten.<br />
Sie berichtet, dass diese Kinder mit<br />
einer schweren Lernbeeinträchtigung in<br />
der Integration in der Lage waren,<br />
selbstständig und in Gruppen zu arbeiten,<br />
und zwar mehr als 300 % länger<br />
als ihre Altersgenossen in der Sonderschule,<br />
spontan Gruppen und Paare formten,<br />
wobei sie auch sehr genau wussten,<br />
welcher Mitschüler ein besserer Arbeitspartner<br />
und welcher der bessere Spielpartner<br />
war,<br />
nachdem sie eine Aufgabe abgeschlossen<br />
hatten, selbstständig zu einer anderen<br />
sinnvollen Beschäftigung zu wechseln.<br />
Sie hatten in der Regel zwei Stunden<br />
mehr Unterricht am Tag als die Sonderschüler,<br />
deren Tagesablauf häufig durch<br />
notwendige Pflege und Mobilitätsschwierigkeiten<br />
geprägt wurde.<br />
Die Vergleichsgruppe in der Sonderschule<br />
war weniger kompetent und<br />
mehr auf Hilfe Erwachsener angewiesen,<br />
musste kaum Verantwortung übernehmen<br />
für ihre eigenen Schulsachen<br />
und bekam kaum die Möglichkeit, zu<br />
wählen oder ihre Aktivitäten selbst zu<br />
bestimmen. Ihr Alltag war stark gegliedert<br />
mit sehr vielen kurzen Aktivitäten,<br />
die häufig an die Fähigkeiten der<br />
schwächsten Kinder der Gruppe angepasst<br />
wurden.<br />
Studie in Integrationsschulen –<br />
wie beliebt sind Schüler mit <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>?<br />
Es wurden in Hampshire noch verschiedene<br />
andere Studien durchgeführt<br />
zum Thema soziale Integration, soziale<br />
Akzeptanz und soziale Interaktion. Diese<br />
Studien liefern keinen Vergleich zu<br />
der Situation in Sonderschulen, weil sie<br />
nur in integrativ arbeitenden Schulen<br />
durchgeführt wurden. Es wurden also<br />
hier die Schüler mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
verglichen mit den sich normal entwickelnden<br />
Schülern.<br />
Laws et al. (1996) untersuchte, wie<br />
beliebt die acht- bis elfjährigen Schüler<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> waren, die in einer<br />
Regelschule integriert waren. 16 Kinder<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>, alle in unterschiedlichen<br />
Schulen, wurden verglichen mit<br />
122 Klassenkameraden. Es wird berichtet,<br />
dass die Mehrzahl der Kinder<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> mittelmäßig beliebt<br />
war und genauso oft als Freund ausgewählt<br />
wurde wie die anderen Kinder.<br />
Allerdings wurden sie weniger genannt<br />
als „bester Freund“ oder als jemand,<br />
den man nach Hause einlädt. Dies kann<br />
man schon als Hinweis betrachten auf<br />
die Situation, die dann im Teenageralter<br />
entsteht – die Probleme, ebenbürtige<br />
Freundschaften schließen zu können.<br />
Interessanterweise hat das Verhalten<br />
der Kinder mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> keinen<br />
Einfluss auf ihre Popularität, wie<br />
das aber schon bei ihren nicht behinderten<br />
Altersgenossen der Fall war. Diese<br />
waren meistens nicht sehr beliebt,<br />
wenn sie störende Verhaltensweisen<br />
zeigten. Daraus kann man schließen,<br />
dass die Kinder mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
vielleicht einen gewissen Bonus haben.<br />
(Dies kann man als positiv ansehen,<br />
man sollte aber auch bedenken, dass<br />
wenn andere Kinder unpassendes Verhalten<br />
von einem Kind mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
akzeptieren, dies nicht dazu<br />
beiträgt, dass dieses Kind sein Verhalten<br />
ändert.)<br />
Die Beliebtheit der Kinder mit <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> wurde weder beeinflusst von<br />
ihrer expressiven noch rezeptiven<br />
Sprachfähigkeit, was wiederum die Akzeptanz<br />
bei den anderen Kindern schildert.<br />
Wie viele Interaktionen haben<br />
Teenager mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>?<br />
Quail (2000) führte eine kleine Studie<br />
durch, in der die sozialen Interaktionen<br />
von sieben Teenagern mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>,<br />
die in der Sekundarstufe verschiedener<br />
Regelschulen integriert waren,<br />
untersucht wurden.<br />
Sie berichtet, dass es keinen Unterschied<br />
gab in der Anzahl noch in der<br />
Länge der einzelnen Interaktionen.<br />
Wenn man aber die Interaktionen dieser<br />
Teenager genauer anschaut, stellt<br />
man fest, dass sie häufiger von einer anderen<br />
Person initiiert wurden, als das