Nr. 39, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
Nr. 39, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
Nr. 39, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ERFAHRUNGSBERICHT<br />
führen, sodass auch die anderen Kinder<br />
der Gruppe schnell mit den Gebärden<br />
vertraut wurden. Und schon hier hatte<br />
Manuel dann die ersten positiven Erlebnisse<br />
mit der GuK: Er konnte am Tisch<br />
„sagen“, was er haben wollte, und wurde<br />
verstanden.<br />
Er selbst freute sich am meisten über<br />
die erzielten Erfolge und forderte immer<br />
neue Gebärdenkarten.<br />
Doch auch für die anderen Kinder<br />
der Gruppe sind die Gebärden eine Bereicherung:<br />
Sie haben „Manuels Sprache“<br />
kennen gelernt und benutzen sie in<br />
ihrer Kommunikation mit ihm.<br />
Nach nun gut zehn Monaten – Manuel<br />
ist gerade sechs Jahre alt geworden<br />
– beherrscht er an die 35 Gebärden, die<br />
er auch konstant gebraucht, um sich zu<br />
verständigen.<br />
Erst die Gebärde, danach die<br />
Lautsprache<br />
Als besonders positiv ist es zu betrachten,<br />
dass Manuel die großen Bedenken<br />
seiner Eltern widerlegen konnte, er<br />
würde durch die Gebärden die Motivation<br />
zum aktiven, verbalen Sprachgebrauch<br />
verlieren. Eher das Gegenteil ist<br />
der Fall: Durch die Gebärden wurde ihm<br />
der Druck der lautsprachlichen Kommunikation<br />
genommen.<br />
Er artikuliert mehr denn je, ist immer<br />
mehr bemüht, sich lautsprachlich<br />
zu verständigen, und lässt die Gebärde<br />
sofort ganz weg, wenn er in der Lage ist,<br />
den gemeinten Begriff zu artikulieren.<br />
Auch im Namen von Manuel möchte<br />
ich mich als seine Sprachtherapeutin<br />
herzlich bedanken für die tolle Zusammenarbeit<br />
mit der Kindergartengruppe<br />
und vor allem mit den Eltern von Manuel.<br />
Denn jeder Einzelne war sehr<br />
bemüht, die Gebärden zu erlernen,<br />
sprachbegleitend zu gebrauchen und in<br />
den jeweiligen Alltag zu integrieren.<br />
Meike Wellmann<br />
52 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>39</strong>, Jan. 2002<br />
Erfolgreiche<br />
Mutter-Kind-Kur<br />
Keine Kur – mit Schicksal abfinden!<br />
Unser Sohn Fabian wurde im <strong>Januar</strong><br />
2000 mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> und komplettem<br />
AV-Kanal geboren. Im August 2000<br />
wurde er zweimal operiert und kam<br />
munter mit geschlossenen Löchern und<br />
einem Herzschrittmacher nach Hause.<br />
Ich empfand unser aller Erholungsbedürfnis<br />
als sehr groß, zumal unsere inzwischen<br />
vierjährige Tochter Annika in<br />
dieser Zeit auch sehr viel mitmachen<br />
musste. Wir hatten zuerst die Reha in<br />
Tannheim beim Rentenversicherungsträger<br />
beantragt – abgelehnt, danach<br />
bei der Krankenkasse – auch abgelehnt.<br />
Jedes Mal war die Begründung, dass<br />
Fabian sich dort nicht sichtlich besser<br />
erholen würde, als er es bei uns zu Hause<br />
tat. Was nun?<br />
Ich sprach beim Sachbearbeiter der<br />
DAK vor, wo ich denn nun neue Kraft<br />
herkriegen solle, und er riet mir zu einem<br />
Antrag auf Mutter-Kind-Kur. Die<br />
Kur wurde vom Medizinischen Dienst<br />
abgelehnt mit der Begründung, ich sei<br />
nicht allein erziehend, nicht berufstätig,<br />
hätte mich nun mal mit einem Schicksalsschlag<br />
abzufinden (stand so in der<br />
Ablehnung) und hätte eh keine Erholung<br />
mit zwei so kleinen Kindern. Meine<br />
Frustration über diese Argumente<br />
ging in Wut über, ich formulierte einen<br />
langen und heftigen Widerspruch (übrigens<br />
mit Hilfe der DAK-Angestellten)<br />
und wurde von einer neuen Ärztin begutachtet,<br />
die <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> als solches<br />
schon als Kurgrund anerkannte.<br />
Bumm! Nur nie aufgeben.<br />
Vor Kurantritt rief ich im Kurhaus<br />
an, um Fabian sozusagen anzukündigen.<br />
Die Antwort war, dass das <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> doch kein Problem sei, sie<br />
schon oft Kinder mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
dabei hatten und ja auch jedes Kind unterschiedlich<br />
sei. Das klang ja schon mal<br />
gut.<br />
Gute Organisation,<br />
freundliche Atmosphäre<br />
Ich fuhr mit meinen Kindern im Juli<br />
2000 in das Haus Tannenhof in Todtnauberg<br />
(Schwarzwald) und machte tolle<br />
Erfahrungen, die ich gerne weitergeben<br />
möchte.<br />
Wir hatten ein Zwei-Zimmer-Appar-<br />
tement mit Küche und Bad, Büfett bei<br />
Frühstück und Abendessen und lange<br />
Kinderbetreuungszeiten von 8.30 bis<br />
16.30 Uhr, eine Stunde Mittagspause.<br />
Ich konnte die Kinder in die Gruppen geben,<br />
ich musste aber nicht. Ich war also<br />
völlig frei, mir Zeit für mich zu nehmen<br />
oder mich auch auf ein Kind alleine zu<br />
konzentrieren. Das war sehr schön.<br />
Das Zimmer war mit einer Babyphonanlage<br />
ausgestattet, sodass ich<br />
abends verschiedene Angebote (Themenabende,<br />
Sport, Basteln) nutzen<br />
konnte, während meine beiden Racker<br />
schliefen.<br />
Fabian bekommt seine eigene<br />
Integrationshelferin<br />
Annika ging sehr schnell gerne in ihre<br />
Kindergruppe, da sie durch den Kindergarten<br />
den Ablauf gewöhnt ist. Fabian<br />
dagegen fiel es sehr schwer, sich einzugewöhnen,<br />
er ist ja auch erst eineinhalb<br />
gewesen. So gab ich ihn erst einmal nur<br />
in die Gruppe, wenn ich Termine hatte,<br />
und lag dann doch ziemlich unentspannt<br />
auf meiner Fangopackung mit<br />
dem Wissen, dass Fabian fast nur brüllte.<br />
Nach einem Gespräch mit der<br />
Kurärztin und der für mich zuständigen<br />
Sozialpädagogin wurde eine Einzelbetreuung<br />
für Fabian vorgeschlagen und<br />
bei der DAK beantragt. Das Kurhaus besorgte<br />
schon die zusätzliche Kraft,<br />
wenngleich noch keine Kostenzusage<br />
der Krankenkasse vorlag, sodass seine<br />
Betreuerin gleich am nächsten Tag loslegte,<br />
sich mit Fabian vertraut zu machen.<br />
Sie wurde seine Bezugsperson, fuhr<br />
ihn zum Schlafen durch den Wald, ging<br />
quasi als Integrationshelferin mit in seine<br />
Kindergruppe und holte ihn auch<br />
nach dem Mittagsschlaf aus seinem<br />
Bett, wenn ich unterwegs war. Ab der<br />
zweiten Woche ging es in der Gruppe<br />
merklich besser und fortan spielte er<br />
dort viel, gierte nach Keksen (so wurde<br />
mir berichtet) und heulte nur noch den<br />
kurzen Trennungsschmerz, wenn ich<br />
ihn in die Gruppe brachte.<br />
Seine Betreuerin war immer mit in<br />
der Gruppe und sie kümmerte sich wirklich<br />
toll um ihn, wie übrigens auch die<br />
anderen Gruppenbetreuerinnen. Diese<br />
Vorgehensweise hat sich sehr positiv<br />
auf meine Erholung ausgewirkt. Natürlich<br />
ist es mit zwei kleinen Kindern nie<br />
so erholsam wie ohne oder mit älteren<br />
Kindern. Wenngleich es unruhige Näch-