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D E R S T O C K S A M M L E R - Injuka Kunst

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Noch immer entstehen in Lindewerra 200<br />

verschiedene Stockarten, erzählt Geyer. Er weiß es<br />

genau, denn erst im August vertrat er die kleine<br />

Innung wieder in New York und Tokio auf Messen - in<br />

Wer einmai mit Stock gewandert ist, tut's immer wieder.<br />

Seniormeister Hugo Geyer, 78, mit Wanderstöcken aus<br />

Lindewerra.<br />

Ländern, die nach wie vor zu den wichtigsten<br />

Märkten gehören. Und ins konservativere England<br />

liefern sie bis heute Herrenstöcke.<br />

Die noblen Gehhilfen aus Ebenholz verziert<br />

Geyer zuvor mit silbernen Griffen, in die Pferde- oder<br />

Löwenköpfe eingearbeitet sind. "800 Mark muss<br />

einer dafür schon ausgeben", meint er. Doch die<br />

Kunden seien da. Auch in Deutschland, wo drei<br />

Fünftel der 250 000 Stöcke bleiben, die jetzt jährlich<br />

in Lindewerra entstehen, sind Spazierstöcke teurer<br />

als Wanderstöcke. "Sie bestehen aus besserem<br />

Holz: geschliffene Kastanie, Manilarohr, Pfefferrohr.<br />

Zudem müssen sie gehobelt und Äste verschliffen<br />

werden, da sie eleganter sein sollen als<br />

Wanderstöcke." Dafür haben sie nicht die metallene<br />

Spitze des Wanderstocks.<br />

Spazierstöcke bilden heute noch<br />

20 Prozent der Produktion. Das Gros<br />

entfällt auf Wander- und Krankenstöcke.<br />

Ein Grund, weshalb die, ob als<br />

Blindenhilfe oder orthopädische Stütze,<br />

ihre Benutzer schnell als alt und<br />

gebrechlich hinstellen. "Die Gesellschaft<br />

verlangt nur noch junge, dynamische<br />

Typen", meint Geyer spitz. Er bedauert<br />

diese Sicht. Jeder Orthopäde bestätige,<br />

dass ein Stock das Körpergewicht<br />

spürbar erleichtere.<br />

Deshalb ist Geyer überzeugt: "Der<br />

Stock kommt mal wieder!" Die<br />

Gesellschaft werde immer älter und<br />

zugleich gesundheitsbewusster. "Und<br />

wer erst mal mit Stock gewandert ist,<br />

macht es immer wieder." Als Autoritätsbeweis<br />

nennt er den fußmunteren<br />

Landesvater Bernhard Vogel, der selbstredend<br />

auch mit einem Stock aus<br />

Lindewerra seine ausgedehnten Touren<br />

unternimmt.<br />

Insgeheirn hoffen die Stockmacher<br />

auch auf die sich stets wiederholende<br />

Mode. So kreierten sie nun gar<br />

Exemplare für jüngere Leute, die nicht<br />

so "opahaft" wirken sollen. Anstelle<br />

des gebogenen Griffs treten rustikale<br />

knaufartige Wurzelverdickungen oder<br />

Handschlaufen wie bei Skistöcken.<br />

Und von einer Mode lebt die Gilde<br />

schon ganz gut - den feucht-fröhlichen<br />

Himmelfahrtsausflügen, bei denen ein<br />

Stock mit Klingel und Flasche zur Grundausstattung<br />

gehört. "Manches Jahr<br />

haben wir 100 000 Stück dafür<br />

geliefert”, frohlockt Geyer.<br />

Sammler mit Stocknägeln sieht er<br />

dagegen auch mit einem weinenden<br />

Auge: Zwar werben sie für ihre<br />

Produkte, doch zugleich trennen sie sich von solch<br />

langjährigem Wegbegleiter nie mehr. Also sei mit<br />

ihnen kein Geschäft zu machen.<br />

Seit 1980 hat Lindewerra auch das einzige<br />

deutsche Stockmachermuseum in einer erhalten<br />

gebliebenen Werkstatt. 1999 wurden 17 000 Besucher<br />

gezählt. Geöffnet ist Sonntagnachmittag. Wer aber<br />

gegenüber bei Meister Rossi anklopft, wird auch<br />

außer der Reihe gern eingelassen.<br />

Harald Lachmann<br />

Journal, Beilage der Leipziger Volkszeitung<br />

Freitag, 28. Januar 2000<br />

Fotos: Author<br />

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