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D E R S T O C K S A M M L E R - Injuka Kunst

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Die Pilgerstäbe waren wesentlich einfacher<br />

ausgestattet, vielfach nur Wallfahrtsstäbe,<br />

bemalt mit dem Bild des Heiligen, dem die<br />

Wanderung galt. Es sind hier und da aber auch einige<br />

kostbare Stücke erhalten, die wohl hohen<br />

Herrschaften zum Spiel oder Vergnügen gedient<br />

haben. In der Sammlung Ole Olsen in Kopenhagen<br />

befindet sich ein kostbarer Pilgerstab, der 87 cm lang<br />

ist und ganz aus Elfenbein<br />

besteht. Er ist über<br />

und über mit Darstellungen<br />

von Eremiten und<br />

Eremitinnen graviert und<br />

dürfte aus Spanien<br />

stammen. Die ehemalige<br />

durch Auktion zerstreute<br />

Sammlung Bourgeois in<br />

Köln bewahrte einen<br />

Pilgerstab aus Ebenholz<br />

mit einem Knopf von<br />

Olivenholz. An der Vorderseite<br />

war ein Reliquienbehälter,<br />

durch eine<br />

halbrund geschnittene<br />

Madonna mit dem Kind<br />

geschlossen. Eingelegt<br />

war ein Kreuz aus<br />

Perlmutter. Im ehemaligen<br />

K. K. Hofmuseum in<br />

Wien sieht man einen<br />

Pilgerstab aus Rohr, in<br />

den zahlreiche religiöse<br />

Darstellungen nach<br />

Kupferstichen eingeritzt<br />

sind. Der Knopf, der Fuß<br />

und die Reifen sind von<br />

Silberfiligran, mit Amethysten<br />

und Almandinen eingelegt.<br />

Dieses Stück,<br />

das aus dem 18. Jahrhundert<br />

herrührt, hat vielleicht<br />

nur zu den damals so beliebten Maskeraden<br />

gedient, bei denen Pilger und Pilgerinnen paarweis<br />

auftraten. Die Kaiserliche Schatzkammer in Wien<br />

besaß schon 1750 einen Pilgerstab von braunem<br />

Holz, mit einem runden Knopf von Gold, von dem aus<br />

sich um den Schaft ein goldenes Band zog, auf welchem<br />

die Genealogie des landgräflich hessischen Hauses<br />

seit der hl. Elisabeth dargestellt war. Es war ein Ex voto,<br />

das Landgraf Georg III. von Hessen-Darmstadt<br />

(1632-76) seiner Ahnfrau, der hl. Elisabeth, gewidmet<br />

hatte.<br />

Im Mittelalter führte der Richter, wenn er<br />

seines Amtes waltete, einen Stab; auf seinem<br />

Totentanz hat ihn Hans Holbein z. B. so dargestellt.<br />

Als 1495 das Reichskammergericht eingesetzt wurde<br />

und Kaiser Max den Grafen Eitelfriedrich von<br />

Hohenzollern mit der Präsidentenwürde bekleidete,<br />

da vollzog er diese Handlung symbolisch, indem er<br />

ihm einen Stab überreichte. Dieser Reichskammer-<br />

gerichtsstab ist von Rosenholz mit einfachen<br />

Abschlußringen von weißem Bein. Er war ehedem in<br />

Wetzlar aufbewahrt, befindet sich aber seit 1837 in<br />

der K. Schatzkammer in Wien. Die untergeordneten,<br />

ausführenden Organe der Justiz, die Steckenknechte,<br />

Profosse oder wie sie sonst heißen mochten, führten<br />

ebenfalls einen Stab, aber als Stockwaffe. Man hieß<br />

diese euphemistisch den "Vergleicher", denn, wenn<br />

gute Worte und Vernunftgründe<br />

versagten, so<br />

schlug der Beamte ihn<br />

dem Widerspenstigen solange<br />

um die Ohren, bis<br />

er überzeugt war. Die<br />

städtische Polizei der<br />

Türhüter, Scharwächter,<br />

Amtsdiener aller Art besaß<br />

bis in das 19. Jahrhundert<br />

hinein den Stab als<br />

Abzeichen des Amtes.<br />

Der Nachtwächter in<br />

Frankfurt a. M. war charakterisiert<br />

durch eine mächtige<br />

Stabkeule aus Eichenholz,<br />

den "Morgenstern".<br />

Er trug früher als Knauf<br />

eine Laterne in sechseckiger<br />

Sternform mit<br />

einem brennenden Licht<br />

darin. Später ersetzte sie<br />

ein dicker hölzerner<br />

Knauf, der auf seinen vier<br />

Flächen das Frankfurter<br />

Wappen zeigte. Dieses<br />

Instrument, das einer<br />

gefährlichen Waffe glich,<br />

diente einem sehr friedlichen<br />

Zweck. Es ersetzte<br />

die Kontrolluhren, denn<br />

es wanderte in der Nacht<br />

von Hand zu Hand aller<br />

Nachtwächter, bis es die Runde durch alle Quartiere<br />

gemacht hatte.<br />

Die hohen Hofämter des Marschalls,<br />

Truchseß, Seneschalls, waren ausgezeichnet durch<br />

den Stock. Er war wohl ein Symbol, aber er trat auch<br />

noch praktisch in Tätigkeit. Wenn die Edelknaben<br />

sich zu übermütig oder unmanierlich aufführten, so<br />

strafte sie der Truchseß durch Schläge mit dem<br />

Amtsstabe. Die Zeremonienstäbe einer späteren Zeit<br />

hätte man allerdings nicht mehr zu energischen<br />

Hieben verwenden können, dazu waren sie zu kostbar<br />

ausgestattet.<br />

Der polnische Hofmarschallstab im<br />

Grünen Gewölbe in Dresden ist mit kostbaren<br />

Steinen besetzt, das Attribut des erzherzoglich österreichischen<br />

Oberst-Erbland-Stallmeisters war ein<br />

Stock aus spanischem Rohr mit silbernem Knauf und<br />

weiß-roter Stockschnur mit Quasten. Bei der Krönung<br />

Kaiser Ferdinands I. in Mailand 1838 fungierte der<br />

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