D E R S T O C K S A M M L E R - Injuka Kunst
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aten<br />
Sie<br />
Mal<br />
Süddeutsche<br />
Zeitung<br />
Magazine<br />
Nr. 8,<br />
von<br />
25. 2. 2000<br />
Rückblende<br />
Das Foto<br />
zeigt eine<br />
Szene aus<br />
dem Film Das<br />
Cabinet des<br />
Dr. Caligari<br />
(Regie: Robert<br />
Wiene,<br />
Drehbuch Carl<br />
Mayer, Hans<br />
Janowitz; mit<br />
Werner Krauß,<br />
Conrad Veidt,<br />
Lil Dagover),<br />
der am<br />
27. Februar<br />
1920<br />
in Berlin<br />
uraugeführt<br />
wurde.<br />
Über dieses Werk gerieten sich die Kritiker in die Haare. Für die einen war er<br />
das Letzte, ein »Fressen« für die Insassen von Irrenhäusern, wie ein amerikanischer<br />
Rezensent schrieb. Ein französischer Kollege sah in dem Film das krasse Beispiel<br />
der »dekadentesten, krankhaftesten und ungesündesten <strong>Kunst</strong>«. Auch der<br />
berühmte Regisseur Sergeji Eisenstein konnte dem Opus nichts abgewinnen. Er<br />
bezeichnete es als »Massengrab aller gesunden Prinzipien des Films« und<br />
»Tummelplatz abenteuerlicher Hirngespinste«. Diesen Verrissen stand begeistertes<br />
Lob gegenüber. Der Film habe eine neue Ära des Kinos eingeleitet, neue<br />
Maßstäbe gesetzt, mit ihm habe man Neuland betreten, hieß es in einer großen<br />
Tageszeitung. Ein Kinomagazin feierte ihn als den modernsten, aktuellsten,<br />
gewagtesten Streifen, den die Welt je gesehen habe. Kurt Tucholsky wünschte sich<br />
schlicht »mehr solche guten Filme«. Das Drehbuch stammte von zwei Autoren. Sie<br />
verarbeiteten darin den Mord an einer jungen Frau in Hamburg, Erlebnisse mit<br />
Militärpsychiatern und ihre Eindrücke von Rummelplätzen. Heraus kam die<br />
gruselige Geschichte eines Arztes, der sich mittels Hypnose einen Schlafwandler<br />
gefügig macht und ihn Verbrechen begehen lässt. Durch einige Veränderungen am<br />
Skript gelang es dem Regisseur, die düstere Atmosphäre der Vorlage noch zu<br />
steigern. Bis zum Schluss bleibt der Zuschauer im Ungewissen, ob das, was er<br />
sieht, Realität oder das Hirngespinst eines Wahnsinnigen ist. Verstärkt wird diese<br />
Unsicherheit durch die gemalten Kulissen, die voller perspektivischer Verzerrungen<br />
sind. All dies und eine geschickte, für die damalige Zeit ungewöhnliche<br />
Reklamekampagne mit rätselhaften Plakaten auf Litfasssäulen, Werbeflächen und<br />
in öffentlichen Verkehrsmitteln machten den Stummfilm zu einem Renner. Allein im<br />
Berliner Premierenkino, dem Marmorhaus, fanden innerhalb nur eines Monats 150<br />
Vorstellungen statt, die alle ausverkauft waren. Es ist nicht geklärt, ob der Stock<br />
des Dr. Caligari ein Zauberstock war, der zu dem Erfolg des Filmes beigetragen hat.<br />
0.M.<br />
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