D E R S T O C K S A M M L E R - Injuka Kunst
D E R S T O C K S A M M L E R - Injuka Kunst
D E R S T O C K S A M M L E R - Injuka Kunst
- TAGS
- injuka
- kunst
- www.kadri.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
gen, die ihr unheilvoller Stern in die Armeen geführt<br />
hatte. Nicht nur in Preußen. “ Überall steht in Österreich<br />
der allmächtige Stock zur Antwort bereit",<br />
bemerkt Riesbeck in den Briefen, die er über seine<br />
Reisen in Österreich gegen das Jahr 1780 veröffentlichte.<br />
Aus dieser Zeit, in der Militär und Beamte mit<br />
dem Stocke regierten, schreibt sich das russische<br />
Sprichwort her.<br />
Daher verbrannten die Studenten im<br />
Oktober 1817 bei der so berühmt gewordenen Feier<br />
auf der Wartburg außer einem preußischen<br />
Militärschnürleib und einem kurhessischen Soldatenzopf<br />
auch einen österreichischen Korporalstab, alle<br />
drei als Symbole einer Zeit, die abgetan sein sollte.<br />
Man fürchtete im 16. Jahrhundert nicht<br />
nur Gift, sondern auch Hinterlist aller Art. So sind es<br />
wohl die Fürsten gewesen, die am stärksten bedroht,<br />
auch am ersten an Schutz dachten. Sie ließen sich<br />
Degenstöcke anfertigen, welche die Klinge in einem<br />
harmlosen Spazierstock verbargen. So besaß<br />
Kurfürst August von Sachsen einen langen<br />
Stockdegen mit geätzter Panzerstecherklinge und<br />
verbeintem Stab, den ihm ein Büchsenschäfter in<br />
Dresden, entweder Hans Fleischer oder Hans Frost,<br />
gemacht hatte. Erzherzog Ferdinand von Tirol hinterließ<br />
1596 einen Stab, "darinnen eine spanische<br />
KIingen, der Knopf vergült, aus welchem ein Dolch<br />
kann gezogen werden". Diese Erfindung ist, wie<br />
jedermann weiß, nicht verlorengegangen. Degenstöcke<br />
sind noch immer beliebt und werden wohl<br />
noch mehr in Aufnahme kommen, wenn das<br />
Rowdytum der behördlich geschützten und geförderten<br />
roten Rüpel noch weiter um sich greift. Im Berliner<br />
Polizeimuseum hebt man einen kleinen, äußerst<br />
harmlos aussehenden Spazierstock auf, der sich aber<br />
bei näherer Untersuchung als ein raffiniert konstruiertes<br />
Gewehr entpuppt, das in einem Augenblick durch<br />
Abschrauben des Griffes schußbereit gemacht werden<br />
kann. Es wurde einem Verbrecher abgenommen, der<br />
einen Beamten damit getötet hatte. So kann der<br />
Stock nicht nur als Waffe dienen, sondern selbst zur<br />
Waffe adaptiert werden.<br />
Daß man Stäbe aushöhlte und die<br />
gewonnenen Hohlräume zum schmuggeln oder<br />
anderen Maßnahmen benützte, die aus irgendeinem<br />
Grunde das Licht zu scheuen haben,ist ja nichts<br />
Neues. Die ersten Kokons des Seidenwurms, deren<br />
Ausfuhr aus China mit dem Tode bedroht war, sind ja<br />
durch Pilger mit Lebensgefahr in ihren ausgehöhlten<br />
Stöcken über die Grenze und nach Byzanz gebracht<br />
worden. Der kunstsinnige Titularkönig René von<br />
Sizilien, der 1480 starb, besaß in seinem Schlosse<br />
Angers einen Stock, in dessen Hohlraum sich ein auf<br />
eine Pergamentrolle gemaltes Bildnis seiner zweiten<br />
Frau Jeanne de Laval befand.<br />
Den eigentlichen Spazierstock hat das<br />
frühe Mittelalter ja nicht gekannt. Der Stock diente<br />
Greisen als Stütze, in diesem Sinne wird im"Erec" der<br />
Krückstock erwähnt, Wanderer begleitete er auf ihren<br />
Fußtouren, als Spielzeug der Mode taucht er erst im<br />
15. Jahrhundert auf. Karl der Große hat seinen Stab,<br />
den der Mönch von St. Gallen beschrieben hat,<br />
gewiß als ein Abzeichen seiner Würde gehandhabt<br />
und nicht als elegante Überflüssigkeit, auf die er<br />
ebensogut hätte verzichten können.<br />
Gegen Ende des 14. Jahrhunderts hört<br />
man zuerst vom Spazierstock. Im Inventar König<br />
Karls V. von Frankreich aus dem Jahr 1379 werden<br />
Stöcke von Zedernholz aufgeführt mit goldenen<br />
Knöpfen, der eine trug das Wappen von Frankreich,<br />
der andere das des Dauphin. Ein Jahrhundert später<br />
besaß König René schon mehrere Stöcke, außer<br />
dem oben erwähnten mit dem Bild seiner Frau, einen<br />
schwarzen, ganz und gar geschnitzten, der mit einem<br />
wohlriechenden Lack überzogen war, einen weißen,<br />
an dessen Griff ein Rosenkranz von Ambra befestigt<br />
war, einen, der mit Pfaufedern belegt war usw. Alle<br />
waren an ihrem unteren Ende mit scharfen eisernen<br />
Spitzen versehen wie ein Alpenstock. lwan der<br />
Schreckliche machte sich das Vergnügen, wenn er<br />
mit einem seiner Untertanen eine freundschaftliche<br />
Unterhaltung pflog, ihm das scharfe Eisen seines<br />
Stockes durch den Fuß zu bohren, so daß er ihn<br />
förmlich an den Boden nagelte. Wehe dem<br />
Unglücklichen, der sich gegen dieses Vorgehen des<br />
Zaren hätte empfindlich zeigen wollen.<br />
Seit der Stock an die Mode übergegangen<br />
war, bemächtigte sich auch die Dame seiner. Zwar<br />
hört man auch schon früher davon, daß gewisse<br />
hochstehende Frauen Stöcke zur Hand hatten, aber<br />
es scheint sich um Ausnahmefälle gehandelt zu<br />
haben. Auf der Synode zu Orleans ereignete es sich,<br />
daß die Königin, Gattin des Kapetingers Robert II.,<br />
ihrem Beichtvater ein Auge ausschlug, weil sie ihn für<br />
einen Ketzer hielt. Im 15. Jahrhundert waren die<br />
Damen weniger schlagfertig, sie ahmten, wie Martial<br />
d'Auvergne berichtet, die Herren nur nach, indem sie<br />
auch mit Spazierstöckchen promenierten.<br />
Von diesem Zeitpunkt an ist der Stock<br />
als Begleiter des Herrn nicht mehr verschwunden,<br />
wenn er, wie es scheint, sich zuerst auch nur bei den<br />
oberen Klassen einbürgerte. In England muß König<br />
Heinrich VIII.,der gekrönte Blaubart, der erste gewesen<br />
sein, der sich seiner bediente. Zu seiner<br />
Garderobe gehörten im Schlosse zu Greenwich mehrere<br />
Spazierstöcke, darunter 6 mit Seidenstoffen<br />
überzogene und mit Gold beschlagene Stücke.<br />
Ferner ein mit vergoldetem Silber verzierter Stock,<br />
am oberen Ende mit einer astronomischen Uhr und<br />
schließlich noch einer, der im Griff einen ganzen<br />
Werkzeugkasten enthalten haben muß. Er war mit<br />
Gold beschlagen und trug oben ein Parfümbüchschen,<br />
darunter eine Sonnenuhr und dabei eine<br />
Zange, einen Kompaß, einen Maßstab, ein Messer,<br />
eine Feile, alles von Gold und außerdem noch einen<br />
Probierstein in Gold gefaßt.<br />
Im Historischen Museum in Dresden ist<br />
aus der kurfürstlichen Zeit ein italienischer Spazierstock<br />
vorhanden mit äußerst fein gearbeitetem silbernem<br />
Knopf, an dem man die Jahreszahl 1540 liest. Herzog<br />
44