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kurzgeschichte - SpecFlash

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Nun aber musste ich mich beeilen. Die Kasulls<br />

hier drüben würden nicht viel Federlesens mit<br />

mir machen. Bullen sind überall auf der Welt<br />

gleich, cis wie trans. Ich klappte meinen Spiegel<br />

auseinander und stellte ihn auf den Boden.<br />

»Bigl«, erkannte Klein-Priss ganz richtig.<br />

»Ja, Kleines, Spiegel. Und jetzt komm! Die Ratte<br />

lässt du schön hier!«<br />

»Ratta eia«, protestierte das Kind.<br />

Ich packte die Ratte und warf sie weit durch den<br />

Raum. Priss brüllte sofort los. Ihre<br />

Toleranzschwelle schien mir außerordentlich tief<br />

angesetzt. Verwöhntes Gör!<br />

»In deinem Alter hab ich mit Teddys gespielt!<br />

Los jetzt – gleich kommt das Christkind!«<br />

Ich schnappte das kreischende Kind und kroch<br />

in den Spiegel. Von der anderen Seite aus<br />

versuchte ich, ihn mit einer Hand<br />

zusammenzufalten. Mit der anderen hielt ich das<br />

Beinchen von Priss fest, die dauernd<br />

davonkrabbeln wollte. Ich hatte gar nicht<br />

gewusst, wie glatt Babyhaut ist.<br />

»Wir sind ja gleich bei Mama«, versuchte ich sie<br />

zu beruhigen.<br />

»Mama?«<br />

»Genau! Mama! Und jetzt sei brav ...«<br />

Endlich hatte ich den Spiegel zusammengeklappt<br />

und konnte ihn wie einen Knirps in die Tasche<br />

stecken. Im nächsten Augenblick krachten wir<br />

auf der anderen Seite in Yellow Plischkes<br />

Weihnachtszimmer durch das Gegenstück des<br />

Spiegels voll in den Christbaum und von da auf<br />

die Fliesen. Das Weihnachtsgewächs geriet<br />

gefährlich in Schieflage. Irgendein Idiot hatte<br />

den Spiegel zwei Meter höher gehängt. Ich<br />

musste mich voll auf den Rücken krachen lassen,<br />

damit meine Beinprothese nicht abbrach. Und<br />

weil ich die kleine Priss hochhalten musste, die<br />

während der Schussfahrt aus der Metaphysik die<br />

<strong>kurzgeschichte</strong> 31<br />

Klaus-Peter Walter - ¡HARLOWE<br />

Windel vollgemacht hatte. Würg! Auf der<br />

überfetten Stereoanlage lief Bing Crosbys<br />

„White Christmas“. Würg, würg! Autsch!<br />

»Wie kannst du so roh mit meiner Prissi-Maus<br />

umgehen, ¡Harlowe?«<br />

»Vielen Dank, dass du mir meine Tochter<br />

wiederbringst! Bitte sehr! Gern geschehen! Hat<br />

auch fast keine Mühe gemacht!«<br />

Sie herzte und busselte das Kind.<br />

»Da bist du ja wieder, mein Engel! Du hast<br />

deiner Muttimami so gefehlt! Aber jetzt ist ja<br />

alles gut! Guck mal, das Christkind hat schon so<br />

viele Geschenke für die kleine Missi-Prissi<br />

gebracht. Aber jetzt gehen wir erst baden. Dann<br />

singen wir schöne Weihnachtslieder, und dann<br />

darfst du alles auspacken!«<br />

»Jetzt auspacken!«<br />

»Nein, Missi-Prissilein, erst müssen wir baden.<br />

Geh mit, sonst nimmt das Christkind alles wieder<br />

mit!«<br />

»Prisskind!«<br />

»Und ich?«, wollte ich wissen.<br />

»Trink was und warte, bis wir fertig sind,<br />

¡Harlowe. Dann kommst du dran!« Sie knuffte<br />

mich grob in den Solarplexus. Dann rauschte sie<br />

mit der Kleinen aus dem Raum. Irgendwo in der<br />

Wohnung hörte ich Badewasser laufen.<br />

Ich fragte mich wirklich, was ich hier noch sollte.<br />

Auf Weihnachtssex mit dieser XXL-Tuttelmutti<br />

warten? Null Bock!<br />

Leise machte ich mich auf die Socken. Vor dem<br />

U-Bahnhof riss eine verspätete Santaclaudette<br />

routiniert den roten Mantel auf und zeigte vor,<br />

was sie zu bieten hatte. Blass und nicht viel, aber<br />

durch und durch echt. Mit Gänsehaut.<br />

»Für arme Berliner Kinder«, bat sie.<br />

Ich steckte einen Hundert-Drobnik-Schein in die<br />

Dose vor ihrem Bauch.<br />

»Frohes Fest, Santa.«<br />

»Wohin gehst’n jetzt, Strejnscher in se neit?«

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