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kurzgeschichte - SpecFlash

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mit einer lächerlichen Mütze auf dem Kopf und<br />

einem albernen Bademantel um den schlotternden<br />

Körper. Ein lästiges Geschwür ihrer<br />

Gesellschaft.<br />

In wenigen Stunden würde die Stadt die weiße<br />

Pracht wieder in einen grauen Schneematsch<br />

verwandelt haben. Erst gestern war der Weihnachtsmann<br />

auf dem schmierigen Untergrund<br />

ausgerutscht und mit einem überraschten Aufschrei<br />

auf den Gehweg gefallen. Ein junger<br />

Mann, der ihm entgegenkam, hatte sein Handy<br />

gezückt und seinen Sturz mit der integrierten<br />

Kamera gefilmt. Dann war er lachend verschwunden.<br />

Geholfen hatte er ihm nicht. Wahrscheinlich<br />

war er gerade unter der Überschrift<br />

Weihnachtsmann fällt auf die Fresse der Brüller<br />

auf YouTube.<br />

Der Gestürzte kramte in seinem Mantel nach<br />

dem zerbeulten Flachmann und kippte sich<br />

einen Schuss des billigen Fusels in die Zuckerplörre,<br />

die hier als Glühwein verkauft wurde.<br />

Dann genehmigte er sich einen ordentlichen<br />

Schluck direkt aus der Flasche. Der Alkohol<br />

brannte in seiner Kehle. Kurz darauf strömte<br />

flüssiges Feuer durch seine Adern und vertrieb<br />

die Kälte aus seinen Knochen. Der Weihnachtsmann<br />

wusste, dass die Wärme nur eine Illusion<br />

war und sich die beißende Kälte bald wieder in<br />

seinen Körper fressen würde.<br />

Die Kellnerin mit der Kette aus rötlich blinkenden<br />

Weihnachtssternen bedachte ihn mit einem<br />

missbilligenden Blick. Er prostete ihr zu und<br />

schenkte ihr sein schönstes Lächeln. Früher<br />

hatte er die Menschen damit verzaubert. Aber<br />

jetzt entblößte er nur sieben beinahe schwarze<br />

Stumpen in einem nach Fäulnis stinkenden<br />

Rachen. Die anderen Zähne waren ihm in den<br />

<strong>kurzgeschichte</strong><br />

Florian Gerlach - Der Tag, an dem der Weihnachtsmann verschwand<br />

55<br />

letzten Monaten bereits ausgefallen. Die junge<br />

Frau drehte sich angewidert um und bediente<br />

die beiden jungen Männer, die sich bis zur Theke<br />

durchgekämpft hatten. Der Weihnachtsmann<br />

verstaute den leeren Flachmann wieder in seiner<br />

Tasche. Dann nahm er den Glimmstängel aus<br />

dem Mund, nippte an dem heißen Glühwein und<br />

sah sich um.<br />

In den Gängen der bunt geschmückten Buden<br />

drängten sich die Menschen wie Ratten in einem<br />

Labyrinth. Aus versteckten Lautsprechern trällerte<br />

ein talentfreier Schlaggerfuzzi etwas von<br />

Glocken, die süßer nie klingen. Dabei war der<br />

Kerl bestimmt zu dämlich den Klang einer Glocke<br />

von einer Autohupe zu unterscheiden. Die Töne<br />

verklebten die wenigen Worte, die die Menschen<br />

noch füreinander hatten, zu einem<br />

Matsch aus Buchstaben, die keinen Sinn mehr<br />

ergaben. Aber daran schien sich niemand zu<br />

stören. Die meisten Gäste tippten ohnehin mit<br />

ihren Fingern auf blinkende Displays. Wahrscheinlich<br />

schrieben sie ihm gerade eine sms mit<br />

ihren Weihnachtswünschen, an deren Erfüllung<br />

sie ohnehin nicht glaubten. Und genau das war<br />

sein Problem. Die Menschen glaubten an nichts<br />

mehr. Noch nicht einmal an ihn.<br />

Natürlich gab es keinen Weihnachtsmann. Rational<br />

betrachtet zumindest. Es gab auch keinen<br />

mit Geschenken überladenen Schlitten, der von<br />

fliegenden Rentieren durch die Lüfte gezogen<br />

wurde. Fliegende Rentiere, was für ein Unsinn!<br />

Es gab nichts von alledem. Er war nur hier, weil<br />

ihn noch nicht alle Menschen vergessen hatten.<br />

Einige hatten ihm wie früher mit zusammengekniffenen<br />

Augen einen innigen Wunsch<br />

geschickt oder einen voll gekritzelten Zettel<br />

unter ihr Kopfkissen gelegt. Aber es waren zu

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