Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM
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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />
Immer deutlicher trat der Glaube vor ihre Seele, dass, wenn ein<br />
Priester des Herren mit dem Allerheiligsten, dem heiligen Leibe des<br />
Erlösers, bei der Geburt zugegen wäre und bewaffnet mit kräftigen<br />
Bannsprüchen, so dürfte kein böser Geist sich nahen, und alsobald<br />
könnte der Priester das neugeborne Kind mit dem Sakramente der<br />
Taufe versehen, was die damalige Sitte erlaubte; dann wäre das<br />
arme Kind der Gefahr für immer entrissen, welche die Vermessen-<br />
heit der Väter über ihns gebracht. Dieser Glaube stieg auch bei den<br />
andern auf, und der Jammer des jungen Weibes ging ihnen zu Her-<br />
zen, aber sie scheuten sich, dem Priester ihre Pacht mit dem Satan<br />
zu bekennen, und niemand war seither zur Beichte gegangen, und<br />
niemand hatte ihm Rede gestanden. Er war ein gar frommer Mann,<br />
selbst die Ritter des Schlosses trieben keinen Kurzweil mit ihm, er<br />
aber sagte ihnen die Wahrheit. Wenn einmal die Sache getan sei, so<br />
könne er sie nicht mehr hindern, hatten die Bauren gedacht; aber<br />
jetzt war doch niemand gerne der erste, der es ihm sagte, das Ge-<br />
wissen sagte ihnen wohl, warum.<br />
Endlich drang einem Weibe der Jammer zu Herzen; es lief hin und<br />
offenbarte dem Priester den Handel und des armen Weibes Wunsch.<br />
Gewaltig entsetzte sich der fromme Mann, aber mit leeren Worten<br />
verlor er die Zeit nicht; kühn trat er für eine arme Seele in den<br />
Kampf mit dem gewaltigen Widersacher. Er war einer von denen, die<br />
den härtesten Kampf nicht scheuen, weil sie gekrönt werden wollen<br />
mit der Krone des ewigen Lebens und weil sie wohl wissen, es werde<br />
keiner gekrönet, er kämpfe dann recht.<br />
Ums Haus, in welchem das Weib ihrer Stunde harrte, zog er den<br />
heiligen Bann mit geweihtem Wasser, den böse Geister nicht über-<br />
schreiten dürfen, segnete die Schwelle ein, die ganze Stube, und ru-<br />
hig gebar das Weib, und ungestört taufte der Priester das Kind. Ru-<br />
hig blieb es auch draussen, am klaren Himmel flimmerten die hellen<br />
Sterne, leise Lüfte spielten in den Bäumen. Ein wiehernd Gelächter<br />
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