Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM
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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />
das Vieh, höhnten jeden Gottesdienst, leugneten alle höhere Gewalt<br />
und plagten auf alle Weise den Priester, der strafend zu ihnen gere-<br />
det hatte; kurz, sie hatten keine Furcht mehr vor Gott und Men-<br />
schen und taten alle Tage wüster. Das wüsteste Leben führten<br />
Knechte und Mägde, und doch plagten sie einander wie nur möglich,<br />
und als die Knechte nicht mehr wussten, wie sie auf neue Art die<br />
Mägde quälen konnten, da fiel es einem ein, mit der <strong>Spinne</strong> im Lo-<br />
che die Mägde zu schrecken oder zahm zu machen. Er schmiss Löf-<br />
fel voll Habermus oder Milch an den Zapfen und schrie, die drinnen<br />
werde wohl hungrig sein, weil sie soviel hundert Jahre nichts ge-<br />
habt. Da schrien die Mägde grässlich auf und versprachen alles, was<br />
sie konnten, und selbst den andern Knechten graute es.<br />
Da das Spiel sich ungestraft wiederholte, so wirkte es nicht mehr,<br />
die Mägde schrien nicht mehr, versprachen nichts mehr, und die an-<br />
dern Knechte begannen es auch zu treiben. Nun fing der an, mit<br />
dem Messer gegen das Loch zu fahren, mit den grässlichsten Flü-<br />
chen sich zu vermessen, er mache den Zapfen los und wolle sehn,<br />
was drinnen sei, und sie müssten einmal auch was Neues sehn. Das<br />
weckte neues Entsetzen, und der Bursche, der das tat, ward allen<br />
Meister und konnte zwingen, was er wollte, besonders bei den Mäg-<br />
den.<br />
Das soll aber auch ein seltsamer Mensch gewesen sein, man wusste<br />
nicht, woher er kam. Er konnte sanft tun wie ein Lamm und reissend<br />
wie ein Wolf; war er alleine bei einem Weibsbilde, so war er ein<br />
sanftes Lamm, vor der Gesellschaft aber war er wie ein reissender<br />
Wolf und tat, als ob er alle hasste, als ob er über alles auswolle mit<br />
wüsten Taten und Worten; solche sollen den Weibsbildern aber ge-<br />
rade die liebsten sein. Darum entsetzten sich die Mägde öffentlich<br />
vor ihm, sollen ihn aber doch, wenn sie alleine waren, am liebsten<br />
von allen gehabt haben. Er hatte ungleiche Augen, aber man wusste<br />
nicht, von welcher Farbe, und beide hassten einander, sahen nie den<br />
gleichen Weg, aber unter langem Augenhaar und demütigem Nie-<br />
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